Frage an Beate Merk von Wahid Ben A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Familienfall W. Ben Alaya
Art. 25 GG besagt, dass „die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ Auch nach Art. 14 tritt das Diskriminierungsverbot in Ansehung des Einflusses der EMRK im Zivilprozess als Gebot der Waffengleichheit entgegen, das wiederum einen Aspekt des weiteren Begriffs des fairen Verfahrens darstellt.
Seit 6 Jahren lehnen mehrere RichterInnen (Helber, Grolig, Schröder, Köblitz, Wönne, Selg, Bißmaier, Rocher-Grätz, Kahl, Macco etc.) am AG Tübingen, AG Böblingen und OLG Stuttgart die Anerkennung des rechtswirksamen deutsch-tunesischen Rechtshilfeabkommens „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit“ ab.
Was versteht man juristisch unter folgenden Link?
Anwendbares Recht – Die Gerichte wenden nicht immer das Recht des eigenen Landes an:
( http://ec.europa.eu/civiljustice/applicable_law/applicable_law_gen_de.htm ).
Der Ausgangspunkt ist nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Lehre, dass das anzuwendende Sachrecht hier nicht einmal nach der Kollisionsnorm des Art. 17 Abs. 1 EGBGB zu bestimmen ist, sondern nach dem zitierten deutsch-tunesischen Rechtshilfeabkommen, da dieser Vertrag innerhalb seines Anwendungsbereichs dem autonomen deutschen Kollisionsrecht nach Art. 3 Abs. 2 EGBGB vorgeht (vgl. Coester-Waltjen in: Iranian Family and Succession Laws and their Application in German Courts aaO S. 3). Vgl. hierzu auch BGH-Urteil vom 06.10.2004 - XII ZR 225/01
Liegt hier eine Verletzung des Art. 20 III GG iVm Art. 25 GG vor, da aus meiner Sicht eine Bindung zu Recht und Gesetz nicht beachtet wird? Geht es um einen mutwilligen Eingriff in die tunesische Zuständigkeitsordnung und in fremde Hoheitsrechte?
Danke
Sehr geehrter Herr Ben Alaya,
soweit ersichtlich wenden Sie sich dagegen, dass die Amtsgerichte Tübingen und Böblingen sowie das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Familienrechtsstreit deutsches Recht angewandt haben. Sie sind der Auffassung, aufgrund des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit hätte in der angesprochen Familiensache tunesisches Recht angewendet werden müssen. Als Bayerische Staatsministerin der Justiz und für Verbraucherschutz habe ich keine Möglichkeit, zu Entscheidungen von Gerichten des Landes Baden-Württemberg Stellung zu nehmen. Unabhängig davon ist es den Stellen der Justizverwaltung aufgrund der verfassungsrechtlich gewährleisteten Unabhängigkeit der Gericht verwehrt, gerichtliche Entscheidungen aufzuheben, abzuändern oder zu bewerten. Allgemein kann ich Ihnen mitteilen, dass der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit keine Regelungen zu dem in Familiensachen anzuwendenden Recht enthält.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beate Merk, MdL