Frage an Beate Merk von Winfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo, Frau Dr. Beate Merk,
ich habe zwei kurze Fragen, betreffend Ihre Äußerungen in der 114. Plenarsitzung des Bayerischen Landtags am 04.12. 2012 zum Fall Mollath:
1. Sie behaupteten, es sei falsch, dass die Gerichte das Gutachten von Dr. Simmerl, der dem Gustl Mollath psychische Gesundheit und Ungefährlichkeit attestiert hatte, nicht berücksichtigt hätten. "Selbstverständlich", so Ihre Worte, hätten die Gerichte das Gutachten berücksichtigt.
Der Verfassungsbeschwerde des RA Dr. Michael Kleine-Cosack vom 11.01. 2012, als PDF-Datei im Internet einzusehen, ist auf S. 27 allerdings die Darstellung zu entnehmen, die Gerichte seien auf die Ausführungen des Gutachters Dr. Simmerl nicht eingegangen, sondern hätten einfach das Gutachten als solches komplett abgelehnt, mit der Begründung, dass Dr. Simmerl vom Unterstützerkreis des Gustl Mollath beauftragt worden sei.
Frage: Ist das von RA Dr. Kleine-Cosack in seiner Verfassungsbeschwerde behauptete Verhalten der Gerichte bzgl. des Gutachtens von Dr. Simmerl das, was Sie unter "Berücksichtigung" jenes Gutachtens durch die Gerichte verstehen?
2. Sie behaupteten, diverse Gutachter hätten "festgestellt", dass Mollath eine Straftat begangen habe. Den verfügbaren Informationen nach gingen jene Gutachter allerdings einfach davon aus, dass Mollath ihm unbewiesene und von ihm bestrittene Straftaten begangen habe, und mir sicherlich nicht nur mir ist unklar, wie jene Gutachter zu einer sicheren Feststellung der Täterschaft Mollaths in jenen Fällen gekommen sein wollen. Zudem ist sicherlich anzunmehmen, dass eine definitive Feststellung der Täterschaft Mollaths, von wem und in welcher Weise auch immer, Eingang in das Strafurteil des LG Nürnberg vom 08.08. 2006 gefunden hätte - doch das schriftliche Urteil, als PDF im Internet einzusehen, enthält keinerlei Hinweis darauf.
Frage: Wie kommen Sie darauf, dass Gutachter "festgestellt" hätten, dass Mollath eine Straftat begangen habe, und welche Straftat meinen Sie damit?
Sehr geehrter Herr Sobottka,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Fall des Gustl Mollath.
Das Gutachten des Sachverständigen Dr. Simmerl lag den Gerichten bei den Fortdauerentscheidungen vor und wurde durch diese auch gewürdigt. Ich bitte Sie jedoch um Verständnis, dass ich aufgrund der verfassungsrechtlich gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit eine nähere Erläuterung sowie Bewertung dieser richterlichen Entscheidungen nicht vornehmen kann.
Im Hinblick auf Ihre zweite Frage weise ich darauf hin, dass ich nicht gesagt habe, dass diverse Gutachter Straftaten festgestellt hätten. Die Feststellung, ob ein Angeklagte eine bestimmte Straftat begangen hat, obliegt allein dem Gericht und nicht den psychiatrischen Sachverständigen. Abhängig vom Gutachtensauftrag haben psychiatrische Sachverständige mit Hypothesen zu arbeiten, d. h. sie dürfen für die an sie gerichtete Frage unterstellen, dass ein Beschuldigter/Angeklagter bestimmten Taten begangen bzw. nicht begangen hat. Die endgültige Bewertung, ob eine Straftat vorliegt, obliegt jedoch stets und ausschließlich dem Gericht.
Im Übrigen haben psychiatrische Sachverständige oft die Frage zu beantworten, ob von einem Angeklagten bzw. Verurteilten die Gefahr weiterer Straftaten ausgeht. Dabei handele sich um Prognosegutachten hinsichtlich des von der zu begutachtenden Person in der Zukunft zu erwartenden Verhaltens.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beate Merk, MdL
Staatsministerin