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Frage von Gerhard H. •

Frage an Beate Merk von Gerhard H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Merk,

Sie geben als Begründung dafür an, dass die Staatsanwaltschaft bezüglich der von Herrn Mollath angezeigten Schwarzgeldverschiebungen bei der Hypovereinsbank nicht ermittelt hat, dass ohne einen "Anfangsverdacht" die Staatsanwaltschaft nicht ermitteln dürfe und dass es sich hier nicht um eine Ermessensentscheidung handele. ( siehe http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/kontrovers/121114-kontrovers-mollath-100.html , ab 1:58 )

Meine Fragen:

Bitte erklären sie mir, warum das Feststellen eines "Anfangverdachts" keine Ermessensentscheidung ist. Welche objektiven Kriterien zur Feststellung eines Anfangverdachts gibt es denn, die eine Ermessensentscheidung ausschliessen?

Wenn es solch objektive Kriterien gibt, warum kann es dann sein, dass ausgewiesene Fachleute durchaus einen Anfangsverdacht, sogar einen sehr klaren, aus der Anzeige ableiten? (siehe z.B. http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-gustl-mollath-strafrechtler-wirft-justiz-gravierende-fehler-vor-1.1526369 ) Hat die Staatsanwaltschaft damals also einen Fehler gemacht? Werden sie das überprüfen lassen?

Vielen Dank für eine Antwort

Mit besten Grüßen

Gerhard Hindemith

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Hindemith,

vielen Dank für Ihre Nachricht betreffend die Strafanzeige des Herrn Mollath wegen "Schwarzgeldverschiebungen". Sie werfen in diesem Zusammenhang verschiedene Fragen zum Vorliegen eines "Anfangsverdachts" auf.

Nach § 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung ist das Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Straftat Voraussetzung für die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Es müssen konkrete Tatsachen vorliegen, die es nach kriminalistischen Erfahrungen als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt. Bloße Vermutungen genügen nicht, um jemandem eine Tat zur Last zu legen (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 55. Auflage, § 152 Rdnr. 4).

Zum Fall Mollath hat der zuständige Generalstaatsanwalt in Nürnberg in seiner Presseerklärung vom 26. November 2012 Folgendes ausgeführt:

"Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfordert nach dem Gesetz das Vorliegen von „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten“ für eine Straftat. Das verlangt vom Staatsanwalt eine wertende Beurteilung. Es wird daran festgehalten, dass die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth aufgrund der Anzeige des Herrn Mollath vom Dezember 2003 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu Recht abgesehen hat.

Herr Mollath hat in seiner Anzeige von „Schwarzgeldverschiebungen“ gesprochen, dabei Namen von Mitarbeitern von Banken genannt und schließlich auf eine „Zeugen- und Täterliste“ (mit Namen und Anschriften) verwiesen. Das war deshalb nicht „zureichend“, weil Geldtransfers von Deutschland in die Schweiz nicht automatisch strafbar sind und Tatsachen dafür, dass es sich um „Schwarzgeld“ (Geld, dessen Erträge den deutschen Steuerbehörden nicht offenbart wurde) handelt, nicht dargelegt wurden. Die bloße Behauptung illegaler Geldgeschäfte genügt nicht. Daran ändert sich auch nichts, wenn zusätzlich Namen von Bankmitarbeitern, „Zeugen“ und „Tätern“ genannt werden. Gleiches gilt für Behauptungen wie etwa, es hätte Reisen („Kurierfahrten“) von Bankmitarbeitern in die Schweiz gegeben, sowie seine (damalige) Frau habe ein „Schwarzgeldvermögen“ von einem namentlich genannten Kunden (Konto „Monster“) geerbt. Auch insofern bleibt offen, warum es sich um Schwarzgeld gehandelt haben soll. Geld deutscher Staatsbürger auf Schweizer Bankkonten steht schließlich nicht unter einem Generalverdacht in dem Sinne, dass dieser Umstand ausreicht, strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten.

Bei der Bewertung des sogenannten Anfangsverdachts durfte im Übrigen die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die gesamte Art und Weise der Darstellung des Anzeigeerstatters sowie eines zuvor dem Strafgericht übergebenen Schreibens vom 24.09.2003 „mit vielen weiteren Beweisen“ nicht außer Acht lassen. So beginnt das genannte Schreiben, das als Verteidigungsschrift dienen sollte, mit einem vierseitigen Kapitel „Was mich prägte“. Hier beschäftigt sich Herr Mollath mit Ereignissen der Zeitgeschichte - von Martin Luther King über Kennedy, Vietnam, Biafra bis zur Mondlandung und Idi Amin - sowie mit beruflichen und familiären Aspekten. Dabei weist er darauf hin, dass er im Jahr 1999 an „über 600 Bundestagsabgeordnete“ sowie im Jahr 2000 an den Papst geschrieben habe. In Großbuchstaben führt er aus: „DIE GELDGEILHEIT WAR AUF DEM HÖHEPUNKT. NUR RENDITE KOSTE ES WAS ES WOLLE.“ Die angeblich „vielen Beweise“ bestanden in Zeitungsartikeln, Schreiben an verschiedene Personen, darunter an Kofi Annan und - als „Offener Brief“ - an „Altbundespräsident Theodor Heuss von seinen Bürgern PAPA Heuss genannt“. Nur neun Blatt hatten erkennbar mit Bankgeschäften zu tun, waren für sich jedoch nicht aussagekräftig und wurden auch nicht näher erläutert."

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Beate Merk