Frage an Beate Merk von Christian P. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Merk,
es geht um den 9stelligen unversteuerten Nachlaß Ihres verstorbenen Parteikollegen Franz-Josef Strauß, von dem Sie einmal geäußert haben sollen:
"Wenn ich groß bin, wähle ich Franz Josef Strauß."
Im jüngsten STERN (27/2012, Seite 66) ist nun zu lesen, daß ein früherer Manager der Citibank namens Knieß (über seinen Anwalt Schlötterer) Ihnen persönlich Hinweise gab über Herkunft und Verbleib dieses Geldes. Und weiter heißt es: "Doch Beate Merk antwortete nicht, gab das Schreiben an die bayerische Staatsanwaltschaft München I weiter, die ebenfalls keine Anstalten machte, Knieß vorzuladen. Dafür telefonierte der zuständige Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz mindestens einmal mit Franz Georg Strauß über die Zeugenaussage, wie er später einräumen musste". Zitat Ende.
Herr Lutz machte also genau das Gegenteil von dem, was man von einem Staatsanwalt eigentlich erwarten würde: Er informierte den Beschuldigten. Hierzu meine Fragen:
- Als Sie die Causa delegierten, war Ihnen bekannt, daß Herr Lutz so handeln würde?
- Wurde sein Handeln evtl. sogar von Ihnen persönlich angeordnet?
- Falls nicht, welche Maßnahmen haben Sie gegen Herrn Lutz eingeleitet?
Falls Sie nicht selbst Strafantrag gegen Herrn Lutz stellen mögen (weil es sich um einen Ihrer Mitarbeiter handelt, möglicherweise sogar um einen Parteifreund), machte es Sinn, wenn ein Außenstehender dies für Sie übernimmt, z. B. meine Person? Sie hätten dann politisch nichts zu befürchten.
Sie können sich meiner Unterstützung sicher sein, wenn es darum geht, die Ihnen weithin nachgesagte Beißsperre gegenüber der Familie Strauß/Hohlmeier endlich ad absurdum zu führen.
Mit den besten Grüßen aus Unterfranken
Dr. Christian Petersen
Sehr geehrter Herr Dr. Petersen,
das Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz leitete das am 12. August 2010 eingegangene Schreiben des Verteidigers von Herrn Dr. Schlötterer und die beiden dort beigefügten anonymisierten Erklärungen eines als "Mitarbeiter einer namhaften Bank" bezeichneten Zeugen der Staatsanwaltschaft München I am 16. August 2010 „mit der Bitte um weitere Veranlassung“ zu. Zugleich erhielt der Verteidiger eine Abgabenachricht. Weitere „konkrete Maßnahmen (wie z.B. Weisungen, etc.) auf die anonyme Mitteilung des Schlötterer-Anwalts“ traf das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nicht.
Die Staatsanwaltschaft München I konnte den Zeugen Knieß damals schon deshalb nicht vorladen und vernehmen, da der Verteidiger den Namen des Zeugen gerade nicht offenbart hatte und er ihr auch sonst nicht bekannt war.
Nach den Akten der Staatsanwaltschaft München I hat der damals zuständige Staatsanwalt dem Anzeigeerstatter Dr. Franz-Georg Strauß in dem gegen Herrn Dr. Schlötterer geführten Verfahren mitgeteilt, dass die Verteidigung die Erklärung eines namentlich nicht genannten Zeugen vorgelegt hat. Da die Staatsanwaltschaft München I damals auf eine angekündigte weitere Stellungnahme der Anzeigeerstatter zum Verteidigervorbringen wartete, ist davon auszugehen, dass die Mitteilung der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang erfolgte.
Unabhängig davon wandte sich der Verteidiger von Herrn Dr. Schlötterer am 1. Oktober 2010 an die Staatsanwaltschaft Bochum und bat um ein vertrauliches Gespräch mit Vertretern der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft. Am 11. November 2010 wurde der Zeuge Knieß von einem Staatsanwalt sowie zwei Vertretern der Steuerfahndung Düsseldorf zur Sache vernommen. Mitte Dezember 2010 leitet die Staatsanwaltschaft Bochum der Staatsanwaltschaft München II ihr Vorermittlungsverfahren mit der Bitte um Übernahme zu. Als eine der zuständigen Wohnsitzstaatsanwaltschaften übernahm die Staatsanwaltschaft München II das Vorermittlungsverfahren.
Die drei potentiellen, von Herrn Knieß in seiner Bochumer Aussage erwähnten Zeugen wurden anschließend im Rechtshilfeweg in Luxemburg und Österreich vernommen. Die Zeugen konnten die Aussage des Zeugen Knieß jedoch gerade nicht bestätigen - vor allem keine Gespräche zwischen dem "Büro Max Strauß" und der CitiCorpBank Luxemburg bzw. zwischen dem Privatkundenbetreuer der CitiCorp aus Zürich und Herrn Knieß im Jahr 1992. Eine Zeugin aus Luxemburg konnte sich zwar daran erinnern, dass damals über einen Kontakt von Herrn Knieß mit der Familie oder dem Büro "Max Strauß" gesprochen worden war, nicht jedoch an die genauen Inhalte. Auch der Zeuge Knieß konnte nicht sicher sagen, dass es sich bei der Person, mit der er im Jahr 1992 telefoniert hatte, um Max Strauß gehandelt habe.
Danach blieb im Ergebnis unklar, mit wem der Zeuge Knieß gesprochen hatte, ebenso der Zweck des angeblich beabsichtigten Geldtransfers und die Herkunft des Geldes. Gemäß § 152 Abs. 2 StPO ist ein staatsanwaltschaftliches Ermitt-lungsverfahren nur dann einzuleiten, wenn hierfür zureichende tatsächliche An-haltspunkte für verfolgbare Straftaten vorliegen. Da die Voraussetzungen des § 152 Abs. 2 StPO nicht vorlagen, sah die Staatsanwaltschaft München II von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab.
Auch die Staatsanwaltschaft München I sah in der Folge im Verfahren gegen Dr. Schlötterer keinen Anlass zur erneuten Vernehmung des Zeugen Knieß, da er bereits von der Staatsanwaltschaft Bochum sowie der Steuerfahndung Düsseldorf zur Sache vernommen worden war.
Ein dienstaufsichtliches Einschreiten war nicht veranlasst.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beate Merk, MdL
Staatsministerin