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Frage von Christian G. •

Frage an Beate Merk von Christian G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Merk,

heute ist in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf Seite 10 ein Artikel von Ihnen in der Kategorie Fremde Federn erschienen. Er trägt den Titel: "Ein internetfähiges Pornographiestrafrecht". Sie beenden den Artikel mit dem Satz: "Wenn sich unser Strafrecht nicht mehr um das Leiden von Kindern kümmert, sondern um die Funktion des Browser-Cache, dann hat es eines bitter nötig: das nächste Update."

Im selben Absatz schreiben Sie: "Kinderpornographie ist dokumentierter Kindesmissbrauch. Kinder werden eigens zu dem Zweck gequält, ihr Leiden filmen und vermarkten zu können. Das ist ein Verbrechen an Leib und Seele! Die Absatzchancen des Internets steigern die Nachfrage, die Nachfrage steigert die Herstellung solcher ekelhafter Produkte."
Hier haben Sie anscheind selbst ein Update nötig.

Zu Kinderpornographie zählt eben nicht nur dokumentierter Kindesmissbrauch. Auch Nacktbilder und sogar gezeichnete Comicbilder und erfundene niedergeschriebene Geschichten werden als Kinderpornographie klassifiziert. Finden Sie dies gerechtfertigt?
Im Internet gibt es anscheinend große Dateien, die tausende von alten Kinderpornographiebildern enthalten. Mit einem kostenlosen Klick kann man sich so Bilder auf den PC laden und dieses Material zur Selbstbefriedigung nutzen. Wo wird hier Nachfrage nach neuen Bildern erzeugt und weitere Kinder missbraucht? Sind Sie der Ansicht, dass ein Anschauen einer solchen Datei ein weiterer Missbrauch ist? Oder verhindert ein solches Verhalten (Ausleben der Sexualität als Selbstbefriedigung) nicht weiteren Missbrauch?

Pädophile Menschen werden von der Politik immer noch ignoriert, obwohl viele ein verantwortungsbewusstes Leben leben, sich gut um Kinder kümmern, sozial engagiert sind und sich auch politisch für sinnvolle Verbesserungen gerade im Kinderschutz einsetzen würden. Warum gibt es von Ihrer Seite immer nur neue immer absurdere Gesetze anstatt tatsächliche Gesprächsbereitschaft?

Mit freundlichen Grüßen
Christian Gropper

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Gropper,

gegen Kinderpornografie muss gerade auch mit den Mitteln des Strafrechts vorgegangen werden. Die Strafdrohung stellt unmissverständlich klar, dass es hier um kriminelles Unrecht geht. Sie warnt jedermann davor, den notwendigen Schutz der schwächsten Mitglieder unserer Gemeinschaft zu ignorieren, nämlich den Schutz unserer Kinder. Wie sehr der Umgang mit Kinderpornografie diesem Schutz zuwiderläuft, gerät offenbar leicht in Vergessenheit angesichts der leichten und anonymen Zugangsmöglichkeiten, die das Internet bietet.

So sehe ich es keinesfalls als akzeptabel an, wenn jemand sich "alte" Kinderpornografiebilder "mit einem kostenlosen Klick" auf den Computer lädt. Derartige Fotos zeigen Kinder und damit Menschen, die in die Aufnahme weder wirksam einwilligen noch sich erfolgreich gegen sie wehren konnten. Schon die Existenz solcher Bilder missachtet das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Kinder. Jede Weitergabe und jede Kopie verletzt dieses Recht erneut. Wenn es sich um ein "altes" Bild handelt, so bedeutet das nur, dass die Belange des Abgebildeten schon lange und vermutlich schon häufig ignoriert worden sind. Es ist ein legitimer Zweck des Pornografiestrafrechts, Kinder hiervor zu schützen.

Im Übrigen wüsste ich nicht, nach welchem Maßstab Darstellungen als "alt" bewertet werden sollten. Pornografie kann nie ein anderes als ein vergangenes Geschehen zum Gegenstand haben. Wie lange es zurückliegt, spielt für den schon angesprochenen Schutz der abgebildeten Kinder so wenig eine Rolle wie für den zentralen Schutzzweck des Straftatbestands gegen Kinderpornografie: Er soll verhindern, dass zukünftig weitere Kinder missbraucht werden, um pornografisches Material herzustellen. Möglich ist das nur, indem der gesamte Markt für diese Produkte ohne Ausnahme unterbunden und ausgetrocknet wird. Denn dieser Markt existiert, weil vorhandene Darstellungen die Nachfrage offensichtlich nicht befriedigen, sondern stets neue Begehrlichkeiten wecken: "Altem" Material folgt der Wunsch nach "Neuem". Das Internet hat diesem Markt völlig neue Dimensionen eröffnet und so die Gefahren enorm erhöht, denen Kinder überall in der Welt ausgesetzt sein können. Mein Anliegen ist es, unser Strafrecht dieser neuen Dimension anzupassen.

Ihren Ausführungen zur Reichweite des geltenden Strafrechts vermag ich nicht zu folgen: Zum einen fällt keineswegs jedes Nacktbild eines Kindes unter den in § 184b Abs. 1 StGB definierten strafrechtlichen Begriff der Kinderpornografie. Das Gesetz erfasst vielmehr nur, aber auch ausnahmslos alle Darstellungen, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben. Zum anderen sind einige Tatbestandsvarianten des § 184b StGB zusätzlich auf solche kinderpornografischen Schriften beschränkt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen zum Gegenstand haben. Auf solches Material begrenzt ist auch der Besitztatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB, der in meinem Artikel im Vordergrund steht. Hier geht es also keineswegs nur um "gezeichnete Comicbilder".

Vollkommen zu Recht erfasst unser Strafrecht derartige erkennbar fiktive Darstellungen aber dann, wenn solche zum Beispiel verbreitet, öffentlich zugänglich gemacht oder hergestellt werden. Niemand kann die Gefahr ausschließen, dass entsprechend veranlagte Personen schon durch den Konsum solchen Materials dazu angeregt werden, auch reale Darstellungen nachzufragen oder gesehene Handlungen gar an realen Opfern selbst zu wiederholen. Dieser Gefahr darf und muss der Gesetzgeber mit allen Mitteln entgegentreten.

In einem Punkt möchte ich Ihnen jedoch Recht geben: Es gibt viele pädophil veranlagte Menschen, die mit ihrer Neigung verantwortungsvoll umgehen und alles tun wollen, um Kinder zu schützen. Mir ist klar, welches Maß an innerer Kraft und Festigkeit die Betroffenen hierzu aufbringen müssen. Deshalb ist es mir ein Anliegen, diesen Menschen zu helfen. Dazu unterstütze ich das Projekt "Kein Täter werden Bayern", das seit rund einem Jahr an der Universität Regensburg angeboten wird und das mit gut 200.000 ? pro Jahr aus dem bayerischen Justizhaushalt finanziert wird. Betroffene Männer können sich dort freiwillig, kostenlos und anonym beraten und therapieren lassen. Dort erhält man auch Unterstützung dabei, ohne pornografisches Material auszukommen. Für mich ist das der beste Weg, um Kinder zu schützen: Missbrauch nicht erst zu bestrafen, sondern von vornherein zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Beate Merk, MdL
Staatsministerin