Frage an Beate Merk von Michael B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Merk,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie vertreten also folgende Meinung: Es ist
a1) zum Wohle des Kindes gerichtlich zu prüfen, ob ein Wechselmodell geeignet sei.
a2) nicht zum Wohle des Kindes stattdessen das Wechselmodell als Standard für das nacheheliche Leben zu implementieren und dem Kind Prozesse zu ersparen.
b1) zum Wohle eines nicht ehelichen Kindes gerichtlich zu prüfen, ob die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben sollen
b2) nicht zum Wohle des Kindes stattdessen das gemeinsame Sorgerecht den leiblichen Eltern automatisch zuzugestehen und dem Kind Prozesse zu ersparen.
Die bisherige Gesetzgebung geht faktisch (gegen das GG) von einer besonderen Rolle der Mutter aus.
Die Rechtprechung geht noch immer von einer besonderen Rolle der Mutter aus (siehe die 90% alleinerziehenden Mütter): das Kind gehört zur Mutter und der Vater hat das Geld zu beschaffen. Gerade in Bayern, geht man bei den OLG´s standardmäßig davon aus, dass Väter keine Erziehungsfähigkeit besitzen: http://tinyurl.com/3tt2kbh , Zitat: "Auch vermisste der Senat ein Gutachten über die Erziehungsfähigkeit des Vaters."
Die Ablehnung des Wechselmodells und des gemeinsame Sorgerechts der Eltern nicht ehelicher Kinder, bedeutet letztendlich, dass die Mutter weiterhin an Heim und Herd gebunden bleiben soll und der Vater alles tun muss, um nun zwei Haushalte zu finanzieren, bei wesentlich schlechteren steuerlichen Bedingungen und fehlender Vereinbarkeit zwischen seinem Beruf und seine Kinder.
a1) bis b2) bedeuten Misstrauen gegenüber dem Vater als erziehungsfähiges Wesen und blindes Vertrauen in den Erziehungsfähigkeiten der Mutter.
Ist das das konservative Familienbild? Treiben Sie da nicht „Gesellschaftspolitik .. auf dem Rücken des einzelnen Kindes" (http://tinyurl.com/3hn9wz9 ), wenn Sie ihm den Vater verwehren?
Frau Dorothee Bär hatte in einem Vortrag erwähnt, dass 19% der Jugendlichen in DE sich keine Kinder wünschen. Wird Ihr Modell diese Zahl verringern?
MfG
MB
Sehr geehrter Herr Baleanu,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 25. Oktober 2011.
1. Zum gemeinsamen Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern
Die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des gemeinsamen Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern sind seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 geklärt. In der rechtspolitischen Diskussion setze ich mich dafür ein, dass das Kindeswohl im Zentrum der gesetzlichen Neuregelung steht. Eine gemeinsame Sorge soll danach begründet werden, soweit dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Dass die elterliche Sorge bei einer nicht verheirateten Mutter zunächst dieser allein zugeordnet wird, lässt sich in sinnvoller Weise nicht vermeiden, da andernfalls eine effektive Betreuung und Vertretung des Kindes ab der Geburt häufig nicht sichergestellt wäre. Erst wenn der Vater des Kindes feststeht und Verantwortung für das Kind übernehmen will, stellt sich die Frage nach dem gemeinsamen Sor-gerecht. Meines Erachtens ist eine gemeinsame Sorgeerklärung nach wie vor die beste Grundlage für eine vernünftige Ausübung der gemeinsamen Sorge. Nur wenn diese nicht zustande kommt, bestehen überhaupt Anlass und Berechtigung für ein Tätigwerden des Familiengerichts. Ich halte es für naheliegend, dass die Einigung der Eltern über das Sorgerecht im Vordergrund steht und nur in den Fällen, in denen kein Einvernehmen der Eltern zustande kommt, das Familiengericht angerufen wird, um die gemeinsame Sorge - bei Vorliegen der Voraussetzungen - zu begründen. Ihre Auffassung, dass Sorgerechtsstreitigkeiten im Interesse des Kindes möglichst vermieden werden sollten, teile ich. Leider wird es in den Fällen, in denen die Eltern zu einer einver-nehmlichen Lösung nicht fähig sind, auch künftig regelmäßig zu familiengerichtlichen Verfahren kommen - und zwar unabhängig davon, auf welchem Weg die gemeinsame Sorge begründet wird.
2. Wechselmodell
Eltern, denen die gemeinsame Sorge für ein Kind zusteht, können den Aufenthalt des Kindes einvernehmlich bestimmen. Leben die Eltern getrennt, haben sie die Möglichkeit - unter Einhaltung des Kindeswohls - eine Regelung zu treffen, wonach das Kind zeitweise bei dem einen und zeitweise bei dem anderen Elternteil lebt. Sie können aber auch eine andere Regelung zum Aufenthalt des Kindes vereinbaren. Eine gesetzliche Vorgabe, dass das Kind im Fall einer Trennung der Eltern wechselweise bei jedem Elternteil leben muss, wäre ein übermäßiger Eingriff in das Elternrecht. Sind die Eltern nicht fähig, sich über den Aufenthalt des Kindes zu einigen, kann es erforderlich werden, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind einem Elternteil zu übertragen. Ihre Auffassung, dass es in diesem Fall dem Kindeswohl entsprechen würde, ein Wechselmodell verpflichtend vorzuschreiben, teile ich nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beate Merk, MdL