Frage an Beate Merk von Therese H. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Dr. Merk,
ich habe Ihr Interview im Münchner Merkur zum Urteil des BGH wonach Alleinerziehende mit einem Kind ab drei Jahre Vollzeit arbeiten müssen, gelesen. Da ich mich, aufgrund eigener leider negativer Erfahrungen mit Sorgerechtsentscheidungen, für die Rechte von Kindern einsetzen will, tauchten viele Gedanken und einige Fragen auf.
Wenn von Alleinerziehenden gesprochen wird, spricht man meist von der Mutter. Es gibt auch alleinerziehende Väter! Die Anzahl der alleinerziehenden Väter wäre sicher viel höher, wenn endlich mehr Väter ein Recht auf ihre Kinder erhalten würden. Von den Vätern werden Vollzeitjobs neben der Kinderbetreuung und evtl. auch noch Unterhaltszahlungen an die geschiedene Frau ganz selbstverständlich erwartet. Nach dem Gesetz haben Vater und Mutter die gleichen Rechte und Pflichten. In der Praxis sieht dies leider meistens ganz anders aus. Bei vielen Mitarbeitern von Jugendämtern herrscht immer noch die Meinung, dass die Mütter die wichtigste Person für das Kind sei und dabei werden oft die Gefahren für ein Kind übersehen.
Wann kommt hier endlich mehr Gerechtigkeit für die Kinder und ihre Väter?
Wo können sich Väter hinwenden, wenn sie sich bei Sorgerechtsentscheidungen ungerecht behandelt fühlen?
Warum gibt es keine Aufsichtsbehörde für Jugendämter?
Wenn von Problemen von Alleinerziehenden gesprochen wird, sollte immer von beiden Elternteilen gesprochen werden, denn auch alleinerziehende Väter und ihre Kinder haben Probleme. Diese Väter treten nur nicht an die Öffentlichkeit, weil sie meistens nach jahrelangem Kampf um ihr Recht auf das Kind, einfach nur froh sind, sich um ihr Kind kümmern zu dürfen und alles andere in Kauf nehmen.
Da ich mich für die Rechte von Kindern einsetzen will, wäre ich Ihnen sehr dankbar wenn Sie mir Möglichkeiten geben würden, wo ich als Großmutter von meinen Erfahrungen mit dem Jugendamt berichten kann.
Vielen Dank im voraus für Ihr Interesse.
Mit freundlichem Gruß
Therese Hanslmaier
Sehr geehrte Frau Hanslmaier,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zu den von Ihnen angesprochenen Sorgerechtsentscheidungen ist zu sagen, dass sich die Rechtslage, wie Sie sicher wissen, derzeit im Umbruch befindet. Aufgrund verschiedener Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts werden hier Änderungen des Gesetzes erforderlich werden, die derzeit vom zuständigen Bundesministerium der Justiz vorbereitet werden. Im Gesetzgebungsverfahren werde ich mich für eine ausgewogene Lösung einsetzen.
Aber auch schon vor dem Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung hat sich die Lage der Väter gegenüber der zuvor geübten Rechtspraxis deutlich verbessert. Grund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010. Das Bundesverfassungsgericht hat angeordnet, dass die elterliche Sorge durch das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils bis auf Weiteres im Grundsatz auf beide Eltern gemeinsam und - soweit dies ausnahmsweise nicht in Betracht kommt - auf den Vater allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Was die Tätigkeit der Jugendämter angeht, unterliegen diese selbstverständlich einer Aufsicht. Diese liegt allerdings nicht in meiner Zuständigkeit, sondern im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Selbstverständlich können Sie sich bei Beanstandungen dorthin wenden.
Gerichtliche Sorgerechtsentscheidungen können aber nur im ordentlichen Rechts-mittelweg angefochten werden. Wenn Sie bzw. Ihr Sohn eine Beratung darüber wünschen, welche Schritte dazu in Ihrem Fall zulässig und gegebenenfalls Erfolg versprechend sind, empfehle ich Ihnen, sich an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin Ihres Vertrauens zu wenden.
Was die von Ihnen erwähnte aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Unterhaltsrecht betrifft, prüfen wir, ob hier ebenfalls gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Ein Automatismus, nach dem es dem betreuenden Elternteil - und zwar gleich, ob Mann oder Frau - obliegt, ab dem vierten Lebensjahr des Kindes voll erwerbstätig zu sein, war durch den Gesetzgeber im Rahmen der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Reform des Unterhaltsrechts nicht beabsichtigt. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zum so genannten Betreuungsunterhalt werde ich daher genau beobachten. Sollte sich die zuletzt erkennbare Tendenz zu einer restriktiven Auslegung der zugrunde liegenden Bestimmungen weiter verfestigen, wird man über eine Änderung des Gesetzes nachdenken müssen.
In jedem Fall werde ich mich dafür einsetzen, dass dem Kindeswohl der ihm gebührende hohe Stellenwert eingeräumt wird!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beate Merk, MdL
Staatsministerin