Frage an Barbara Saebel von Beatrice B. bezüglich Soziale Sicherung
Guten Tag
als MCS (Multiple-Chemical-Sensitivity)-Betroffene wollte ich Sie etwas fragen. Da ich selbst betroffen bin und im Kontakt mit weiteren Betroffenen – erfahre ich immer wieder in welcher großer gesundheitlichen, wie existenziellen Not die MCS-Betroffene kommen können, bzw. sind. Die Bundesregierung wurde dazu bereits 1998 – von einigen Abgeordneten befragt (13/11125) – das ist jetzt über 20 Jahre her! Es geht ja um die Gesundheit / Teilhabe von Teilen der Bevölkerung – genauso wie um Prävention!
Immer wieder gibt es von politischer Seite Anfragen an die Bundes-oder Landesregierungen zum Themenkomplex: Umweltassoziierte Erkrankungen. Die letzte mir bekannte Anfrage aus B-W ist von 2014. (Nicht von den Grünen) (Oder gab es weitere?) Die letzte mir bekannte von den Grünen an die Bundesregierung - 2017)
Könnten Sie mir bitte sagen ob es hierzu weitere Aktivitäten, speziell in B-W bei der Landesregierung gibt?
Und könnten Sie mir die jeweiligen Ansprechpartner – für folgende Ansätze nennen?
Eine Aufnahme von MCS in den Landesaktionsplan für Behinderte, wie in Schleswig-Holstein
Einflussnahme auf die Erweiterung des Leistungskatalogs der Krankenkasse, zur Entlastung der Patienten sowie den Anreiz für die Ärztekammern zur Fortbildungen.
Aufklärung der Bevölkerung, bspw. wie in einer Broschüre „Umwelt und Gesundheit“ in NRW
Herabsetzung der Barrieren, in Form von duftstofffreien öffentlichen Gebäuden und Mitarbeitern bzw. Deklaration von bedufteten Innenräumen.
Hilfe beim Abbau weiterer Barrieren in Form von Unterstützung bei der Wohnungssuche (verträglicher Wohnraum), Anerkennung des erhöhten Bedarfs bei Textilien, Körperpflege, Nahrung usw.) Entwicklung von Informationsblättern für die entsprechenden Behörden.
Deutschlandweit – werden im Moment zwei Fachstellen der EUTB für MCS benannt…kann dies ausgebaut werden?
Vielen Dank für ihre Rückmeldung.
Sehr geehrte Frau Bucher,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich MCS (Multiple-Chemical-Sensitivity).
Wir sind einer Vielzahl von Einflüssen, wie Schadstoffen in der Umwelt oder Chemikalien in Produkten, ausgesetzt, welche auf unsere Körper einwirken. Leider ist unsere Gesundheit für solche Außeneinwirkungen durchaus anfällig, welche wir selbst nur bedingt beeinflussen und kontrollieren können. Durch gesetzliche Vorgaben, wie z.B. im Bereich des Immissionsschutz- oder dem Chemikalienrechts, können gesundheitsschädliche Einwirkungen von außen eingedämmt werden.
Das Ministerium für Soziales und Integration prüft im Rahmen des Umweltbezogenen Gesundheitsschutzes beispielsweise bei Gesetzesvorhaben und Verordnungen, ob gesundheitliche Belastungen der Bevölkerung durch Chemikalien entstehen könnten bzw. wie solche auf ein Minimum reduziert werden könnten.
Die Grüne Landtagsfraktion nimmt Ihre Anregungen gerne auf und wird diese prüfen.
Patienten mit einer möglichen MCS-Erkrankung stehen die allgemeinen ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten offen. Entscheidungen über diagnostisches Vorgehen und therapeutische Maßnahmen liegen in der Verantwortung des behandelnden Arztes.
Betroffene können sich auch an Umweltmediziner wenden. In Baden-Württemberg gibt es beispielsweise die Umweltmedizinische Ambulanz am Universitätsklinikum in Freiburg (https://www.uniklinik-freiburg.de/umweltmedizin/umweltmedizinische-ambulanz/leistungskatalog.html ) oder eine Sprechstunde für Allergie und Umweltmedizin an der Universitäts-HNO-Klinik in Mannheim (https://www.umm.de/hals-nasen-ohren-klinik/leistungsspektrum/allergologie/?L=0).
Gerne möchte ich hier auf die grüne Bundestagsfraktion verweisen, welche in dieser Legislaturperiode zum ersten Mal eine Sprecherfunktion für den Bereich Umweltgesundheit eingerichtet hat, welche Frau Dr. Bettina Hoffmann MdB inne hat.
Die grüne Bundestagsfraktion möchte, dass es für die Betroffenen von Umwelterkrankungen einfacher wird, sowohl eine passgenaue medizinische Betreuung zu erhalten als auch angemessene beihilferechtliche Ansprüche, beispielsweise nach schadstoffarmen Wohnräumen oder Möbelbeihilfen für Neuanschaffungen, geltend machen zu können und möchten, zur Verbesserung der Situation, konkrete folgende Änderungen durchsetzen:
* Auf Bundesebene will die grüne Bundestagsfraktion eine beim Bundesgesundheitsministerium angesiedelte Ombudsstelle für Umwelterkrankte einrichten. Eine Ombudsfrau oder ein Ombudsmann soll als eine unparteiische Schiedsperson als direkte Anlaufstelle für Betroffene dienen, die zwischen den Betroffenen und Verursacherinnen und Verursachern oder Behörden vermittelt, mehr Aufmerksamkeit für Umwelterkrankungen schafft sowie Hilfestellung bei der Suche nach umweltmedizinischer Beratung geben kann. Die Stelle soll mit ausreichend Personal ausgestattet sein, um einen schnellen und unkomplizierten Kontakt zu garantieren. Die Expertinnen und Experten in der Ombudsstelle sollen ohne große bürokratische Hürden erreichbar sein.
* Prinzipiell lassen sich chemikalienbedingte Barrieren unter die „umweltbedingten Barrieren" nach § 3 BGG fassen, dementsprechend lässt die gesetzliche Definition für Barrierefreiheit laut §4 BGG auch eine chemikalienbedingte Barrierefreiheit zu. Bei den konkreten Ausführungsbestimmungen, z.B. durch das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN), spielt der Aspekt aber bisher kaum eine Rolle. Die grüne Bundestagsfraktion strebt eine explizite Integration von "chemikalienbedingten" Behinderungen, das heißt des Abbaus chemischer Barrieren, in allgemeinen Fragen zur "Barrierefreiheit" an. Als Maßnahmen zum Abbau von Barrieren könnten zum Beispiel die Einrichtung von beduftungs,- und schadstofffreien bzw. schafstoffarmen Räumen gelten.
* Außerdem strebt die grüne Bundestagsfraktion die Nennung von Umwelterkrankungen wie MCS im Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an. Als Vorbild kann hier der Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Land Schleswig-Holstein dienen.
* Die grüne Bundestagsfraktion fordert die Beschleunigung von Prozessen auf europäischer Ebene, um schädliche Chemikalien vom Markt zu nehmen. In diesem Zusammenhang hat die grüne Bundestagsfraktion im letzten Jahr zwei Kleine Anfragen an die Bundesregierung gerichtet, die die Chemikalienregulierung der Europäischen Union und die Chemikaliengruppe der hormonaktiven Stoffe adressierten („Qualitätsmängel bei der Chemikalienregulierung unter REACH“, Drucksache 19/5712 und „Kreidezähne und Bisphenol A“, Drucksache 19/8513). In Bezug auf Pestizide fordert die grüne Bundestagsfraktion konkrete Reduktionsziele, wie in ihrem Antrag für einen Pestizidreduktionsplan, Drucksache 19/835, dargelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Saebel MdL