Frage an Barbara Lochbihler von Lea H. bezüglich Umwelt
Die EU verhandelt derzeit über ihre Biosprit-Politik. Grund sind die sehr negativen Auswirkungen der Energie vom Acker auf Natur, Klima und Menschen.
Zu diesem Ergebnis kommen nicht nur Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, sondern auch zahlreiche unabhängige Beurteilungen wie bspw. von SCOPE oder des WGBU. Selbst EU-Studien zeigen: Biodiesel aus Palm- und Sojaöl aber auch aus heimischem Raps ist klimaschädlicher als fossiler Diesel.
Wie schon seit langem FAO, Weltbank und OECD fordern, muss die EU die gesetzlich vorgeschriebene Beimischung, Förderung und Subventionierung von Biosprit beenden.
Wir möchten Sie bitten, alles Ihnen Mögliche zu tun, damit die Biosprit-Politik der EU unverzüglich korrigiert wird. Agrosprit muss aus der Erneuerbare-Energien-RL und der Kraftstoffqualitäts-RL gestrichen werden.
Zunehmende Nachfrage nach Agrartreibstoffen bedeutet die globale Ausweitung der Anbaufläche und damit die Freisetzung von gebundenem CO2. Selbst wenn der Agrospritanbau auf bereits bestehenden Ackerflächen erfolgt, kommt es durch indirekte Landnutzungsänderungen – ILUC – zu gewaltigen klimaschädlichen Emissionen.
Die Nachhaltigkeitsanforderungen in 2009/28/EG, Art. 17 sind nicht geeignet, die Umweltzerstörung zu verhindern.
Wir hoffen, dass Ihnen der Erhalt der Ökosysteme, der Klimaschutz und die Ernährungssicherheit am Herzen liegen und Sie am 11.9. bei der Abstimmung im EU-Parlament Agrosprit ablehnen.
*Wieso wird an einer Senkung des Agrarkraftstoffanteils auf 5,5% (statt 0%) festgehalten, obwohl starke Bedenken bzgl. der Umwelt-, Klima- und Sozialverträglichkeit bestehen?
*Wieso werden Agrartreibstoffe weiterhin gefördert, obwohl durch ihren Einsatz die in Art. 17, Abs. 2 vorgeschriebenen Emissionseinsparungen von 35% nicht erreicht werden?
*Inwiefern wird der ILUC-Effekt durch die Kommission berücksichtigt? Was ist Ihre persönliche Meinung hierzu?
*Wie werden Sie am 11.9. abstimmen? Werden Sie sich weiterhin in diesem Gebiet engagieren?
Vielen Dank
Sehr geehrte Frau Horak,
ich freue mich über Ihr Interessen und Ihre Fragen. Mit ihrer Ansicht liegen Sie voll auf unserer Linie.
Die Nutzung von Biokraftstoffen in der EU führt zur flächenweiten Zerstörung des Regenwaldes und negativen klimatischen Auswirkungen. Häufig geht dies einher mit Vertreibung der indigenen Bevölkerung und anderen massiven Menschenrechtsverletzungen. Hinzu kommt, dass die Nahrungsmittelsicherheit durch preistreibende Auswirkung auf ohnehin steigende Lebensmittelpreise gefährdet wird.
Mir selbst, und uns Grünen im Allgemeinen, liegen der Klimaschutz und der Erhalt von Ökosystemen sehr am Herzen. Deshalb vertreten wird die Meinung, dass die Nutzung von Kraftstoffen aus Lebensmitteln komplett vermieden werden sollte.
Daher haben wir uns im Europäischen Parlament bei der gestrigen Abstimmung gegen den Trend von Biosprit eingesetzt. Die vielfältigen negativen Auswirkungen können sich nicht weiter leugnen lassen.
Es ist in dem Zusammenhang sehr zu bedauern, dass die Fehlentwicklungen der indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC) durch die Produktion von Pflanzenkraftstoffen nur teilweise anerkannt und behoben wurden.
Immerhin: Nach den gestrigen Beschlüssen sollen die Emissionen durch die veränderte Landnutzung in Zukunft stärker berücksichtigt werden. Weiterhin wurde beschlossen, dass die ILUC-Faktoren ab 2020 in die Berechnung der Treibhausgasemissionen der Kraftstoffe in der Kraftstoffqualitätsrichtlinie einfließen und so die realen CO2-Einsparungen besser berechnet werden können. Allerdings wurde auf Druck der bestehenden Mehrheiten im Parlament lediglich eine Grenze von 6% für die Nutzung von agrarbasierten Kraftstoffen beschlossen und die Gesetzgebung durch knappe Mehrheit in eine zweite Lesung aufgeschoben. Außerdem sollen die ILUC-Faktoren auch keine Beachtung bei den Nachhaltigkeitskriterien für die Erneuerbaren-Richtlinie finden.
Dennoch: Trotz des mäßig erfolgreichen Ergebnisses bei der gestrigen Abstimmung werden wir Grünen uns weiterhin stark machen für den Klimaschutz, und deshalb auch auf die negativen lokalen und globalen Auswirkungen durch die veränderte Landnutzung aufmerksam machen ? allen Lobbyinteressen und Ansichten in der Kommission oder bei Konservativen und Liberalen zum Trotz.
Mit freundlichen Grüßen,
Barbara Lochbihler
Bündnis 90/Die Grünen
Vorsitzende des Unterausschusses für Menschenrechte im Europäischen Parlament