Portrait von Barbara Höll
Barbara Höll
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Barbara Höll zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Miguel T. •

Frage an Barbara Höll von Miguel T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Höll,

ich wende mich an Sie als steuerpolitische Sprecherin der Fraktion.

Wie viele andere bin ich beunruhigt über die Finanzsituation unseres Gemeinwesens.
Die "Schuldenuhr" des Bundes der Steuerzahler weist momentan 4.400 Euro Schuldenzuwachs pro Sekunde aus. Aber wirklich erschreckend und im öffentlichen Bewusstsein noch nicht so präsent ist die Relation zur Zinslast: die Hälfte dieser Summe muss für Zinszahlungen verwendet werden. Teilen Sie die Einschätzung, dass diese Entwicklung zur Handlungsunfähigkeit der Politik führt, wenn nichts dagegen unternommen wird?

Als Finanzpolitikerin sind Sie nicht zu beneiden; Sie sitzen auf einem Pulverfass oder besser einer Zeitbombe, wie es die Seite www.zeitbombe-net.de auf den Punkt bringt.

Auch hinsichtlich der Wahlentscheidung im September wüsste ich gerne Konkretes zur Position der Linken: Haben Sie Ideen, die Zeitbombe zu entschärfen?

Welche Politik schafft den Spagat zwischen
- weiterer Neuverschuldung und Einnahmeausfällen im wirtschaftlichen Abschwung und
- notwendigen Investitionen in die Zukunft, z.B. Bildung, Infrastruktur, soziale Gerechtigkeit?

mit besten Grüßen

Miguel Tamayo

Portrait von Barbara Höll
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Tamayo,

Ihre Sorge kann ich verstehen. Die von Ihnen genannte Zinslast ist auch aus Gerechtigkeitsgründen problematisch, denn an den Zinsen verdienen nur wenige.
Permanente Schuldensteigerung ist sicherlich langfristig keine geeignete Strategie zur Finanzierung der staatlichen Aufgaben. Dies gilt zumindest dann, wenn das Schuldenwachstum höher ausfällt als das Wirtschaftswachstum. Nur in diesem Fall hätten wir eine wachsende Staatsverschuldung (gemessen in Relation zur Wirtschaftsleistung) mit der langfristigen Gefahr einer Handlungseinschränkung der öffentlichen Hand. Angesichts der aktuellen Krise und ihrer dramatischen Auswirkungen – laut Frühjahrsprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute wird das reale Wirtschaftswachstum minus 6 Prozent betragen – können krisenbedingte zusätzliche Ausgaben kurzfristig nur über Schulden finanziert werden. Eine Politik der Haushaltskonsolidierung würde zu einer Abwärtsspirale mit unvorstellbar höheren sozialen und fiskalischen Kosten einhergehen. Eine Steuerfinanzierung von Konjunkturprogrammen würde nicht zuletzt auch deswegen scheitern, weil sie eine viel zu lange Anlaufzeit hätte. Trotzdem müssen mittel- bis langfristig die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand wieder steigen. Nicht nur wegen der Krisenschulden, sondern insbesondere auch für den sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft – dazu gehören die von Ihnen genannten Zukunftsinvestitionen. Mehr Steuereinnahmen sind auch möglich – wenn man denn will: Die Steuerpolitik kann dafür sorgen, dass Reiche, Wohlhabende sowie große Unternehmen wieder stärker in ihre Verantwortung für die Gesellschaft genommen werden.
DIE LINKE ist die einzige Partei, die über ein tragfähiges Finanzierungskonzept verfügt. Wir wollen unterm Strich erheblich mehr Steuereinnahmen. Dies wollen wir erreichen durch einen Mix aus Steuerentlastungen für untere und mittlere Einkommen bei gleichzeitiger deutlicher höherer Steuerbelastung für die hohen Einkommen und Vermögen sowie die großen Unternehmen. So umfasst unser Konzept für die Einkommensteuer eine Begradigung des Tarifverlaufs, was eine Steuerentlastung für die unteren und mittleren Einkommen bedeutet. Gleichzeitig wollen wir aber den Spitzensteuersatz anheben, die Vermögenssteuer als Millionärssteuer wieder einführen (Privatvermögen von über einer Million Euro mit mindestens fünf Prozent besteuern), eine Börsenumsatzsteuer einführen und die Erbschaftsteuer reformieren. Zusätzlich müssen legale Steuerumgehung und illegale Steuerhinterziehung endlich konsequent bekämpft werden. Im Ergebnis lassen sich damit sowohl die Krise als auch der notwendige soziale und ökologische Umbau der Gesellschaft finanziell bewältigen.
Informationen zum Finanzierungskonzept finden Sie im Leitantrag des Parteivorstandes für den Bundestagswahlparteitag 2009 der Partei DIE LINKE: http://die-linke.de/fileadmin/tpl/gfx/wahlen/pdf/BTW_Wahlprogramm_full_final_revMS_090515-1315.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Barbara Höll