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Barbara Höll
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Frage von Christian S. •

Frage an Barbara Höll von Christian S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Höll,
Der Aussage unseres jetzigen Finanzministers folgend wird es in dieser Legislaturperiode keine grundsätzliche Steuerreform geben. Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise ist die Staatsverschuldung erneut in ungesundem Maße gestiegen und wird langfristig einen handlungsunfähigen Staat bedeuten. Für wie machbar halten Sie eine Steuerreform die den Kriterien: einfacher, geringer, transparenter entspricht? Die Berufsgruppe der Steuerberater wird wohl nicht aussterben dürfen.
Ist es wahr, dass die Bundesländer souverän ihre Unternehmenssteuern gestalten und sich so untereinander Konkurrenz machen können? Was spricht gegen einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz? Was spricht gegen die gleich hohe prozentuale Besteuerung jedes Einkommens auch aus Kapitalerträgen, wie der Unternehmensgewinne?
Teilen Sie die Behauptung der Staat habe jetzt noch die Möglichkeit, seine Zuckerbrot und Peitsche Zügel, der Subventionierung und Besteuerung, freiwillig abgeben wird jedoch bei weitere Verschuldung dazu gezwungen?

Mit freundlichen Grüßen
Christian Strietzel

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Strietzel,

prinzipiell halte ich eine Steuerreform, die das Steuersystem einfacher und transparenter macht, für möglich. Mehr Vereinfachung und Transparenz in der Einkommensteuer müsste vor allem bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ansetzen - der Katalog der Sondertatbestände müsste durchforstet werden. Das ist allerdings kein leichtes Unterfangen, denn das wird zu vielen und lauten Protesten führen. Einen Ansatzpunkte sehe ich beispielsweise in der Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten einer massiv verstärkten steuerlichen Berücksichtigung des Zusammenlebens mit Kindern (Kindergeld). Darüber hinaus wäre die Erhöhung des Kindergelds auf den maximalen Entlastungsbetrag durch den Kinderfreibetrag eine wirksame Vereinfachung. Für eine Verringerung der Steuerlast für alle sehe ich allerdings angesichts der klammen öffentlichen Kassen keinen Spielraum. Möglich ist allerdings eine gezielte Entlastung der unteren und mittleren Einkommen, gegenfinanziert durch eine höhere Belastung der hohen Einkommen und Vermögen.

Die Bundesländer können die Unternehmensbesteuerung nicht souverän gestalten - die Gesetzgebung erfolgt hier nach wie vor zentral über den Bund. Nur bei der Gewerbesteuer gibt es gewisse Gestaltungsspielräume, die liegen allerdings bei den Kommunen. Nichtsdestotrotz haben Sie recht damit, dass es einen Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern gibt. Dieser erfolgt allerdings nicht über die Gesetzgebung, sondern über die den Steuervollzug, also über die Finanzverwaltung. Letztere ist Ländersache, eine Bundessteuerverwaltung gibt es nicht. Laxe Anwendung der Gesetze, mangelhafte Kontrollen und eine personelle Unterbesetzung in der Finanzverwaltung werden als Standortvorteile zur Anlockung von Unternehmen aber auch reichen und vermögenden Personen genutzt.

Die Mehrwertsteuer birgt eine soziale Ungerechtigkeit: Umso niedriger das Einkommen ist, umso stärker wird es von der Mehrwertsteuer belastet. Zum Ausgleich dessen sollen lebensnotwendige Produkte und Dienstleistungen nur dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen oder sogar ganz befreit sein. Allerdings ist dieser Ansatz der Lebensnotwendigkeit stark durchlöchert und vielfach nicht mehr erkennbar. Der Katalog der Produkte und Dienstleistungen, die dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen, muss dringend überarbeitet werden.

Die Besteuerung aller Einkünfte mit einem einzigen Steuersatz widerspricht dem Gerechtigkeitsprinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Letztere ist ein Ausdruck des Sozialstaatsprinzips. Eine kapitalistische Wirtschaftsordnung führt generell zu einer ungleichen Verteilung von Einkommen, Vermögen und Chancen. Steuern können diese Ungleichverteilung abmildern, allerdings muss dazu die Steuerlast mit der Einkommenshöhe steigen. Dies ist mit einem einzigen Steuersatz nicht möglich. Ich befürworte allerdings, dass alle Einkunftsarten, also auch Kapitalerträge, genauso besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Das ist momentan nicht gegeben, die Abgeltungsteuer privilegiert eindeutig Kapitalerträge.

Die Behauptung, die Steuerpolitik der Zukunft werde durch die öffentliche Verschuldung über keinerlei Handlungsspielräume mehr verfügen, teile ich nicht. Zur Veranschaulichung: Höhere Steuereinnahmen sind durch eine Mehrwertsteuererhöhung möglich - das lehne ich klipp und klar ab. Stattdessen favorisiere ich die Wiedereinführung der Vermögensteuer in Form einer Millionärsteuer, die Einführung einer Finanztransaktionsteuer sowie die wirksame Bekämpfung von Steuerhinterziehung, um nur drei Beispiele zu nennen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Barbara Höll