Frage an Barbara Borchardt von Melanie H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Der allgemeine Unternehmerverband kritisiert die Finanzierung der Jugend-Schulsozialarbeiter durch Mittel der Europäischen Union. Sie meinen das Geld sollte lieber in den allgemeinen Arbeitsmarkt fließen. Wie hängt das zusammen und wie stehen Sie dazu ?
Sehr geehrte Frau Harnisch,
vielen Dank für Ihr Interesse in Vorbereitung der Landtagswahlen 2006. Selbstverständlich beantworte ich Ihnen sehr gern die Frage.
Die Landesinitiative „Jugend- und Schulsozialarbeit“ wurde im Jahre 1999 durch die rot-rote Landesregierung auf Forderung der PDS-Fraktion ins Leben gerufen. Gemeinsam mit den Kommunen finanziert das Land M-V (bisher aus Landesmitteln) im Rahmen dieser Initiative die Tätigkeit von ausgebildeten Fachkräften an den Schulen bzw. in den Jugendeinrichtungen. Von 1999-2002 waren dies 766 Stellen, 618 Stellen seit dem Jahr 2003. Dieses Programm wurde von den Kommunen sehr gut angenommen. Die Notwendigkeit des Einsatzes dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Land wurde und wird immer wieder bestätigt. Eine kontinuierliche Finanzierung ist angezeigt. Um das zu sichern nutzen wir die vorhanden Möglichkeiten des Landes. Leider haben wir es nicht geschafft die Finanzierung im Rahmen eines Leistungsgesetzes zu verankern. Für das Jahr 2006/2007 ist die Finanzierung im Doppelhaushalt gesichert. Ab dem Jahr 2008 wollen wir zur Finanzierung der Initiative auch EU-Mittel nutzen. Diese Möglichkeit wurde in Abstimmungsgesprächen mit der EU-Kommission bereits bestätigt, weswegen ich die Argumentation und Deutung der neuen EU-Strukturfondsverordnung durch die VUV nicht teile.
In dieser Debatte kommt immer wieder zum Ausdruck, welche unterschiedlichen Ansichten es im Hinblick auf den Begriff „Arbeitsmarkt“ gibt. Für mich gibt es nur einen Arbeitsmarkt, in dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dabei arbeiten einige mit Unterstützung der Politik auf so genannten „geförderten Arbeitsplätzen“ oder „ungefördert“. Diese Arbeitsplätze gibt es sowohl in der Wirtschaft als auch bei gemeinnützigen Vereinen oder in Beschäftigungsgesellschaften. Seit Jahren gibt es nun einen Streit darüber wo das vorhandene Geld sinnvoller angelegt wird. Dabei redet man über „Wertschöpfung“. Nun frage ich Sie, woran misst man die Wertschöpfung einer Lehrerin bzw. einer Schulsozialarbeiterin?
Und wie ich in anderen Antworten schon ausgeführt habe ist die freie Wirtschaft grundsätzlich und insbesondere unter den gegebenen Umständen (jahrelange falsche Steuer- und Finanzpolitik des Bundes) nicht in der Lage (und sieht es übrigens auch nicht als ihr Ziel), alle Erwerbsfähigen auch existenzsichernd zu beschäftigen. Gleichzeitig fordern der BDI u. a. Unternehmensverbände, die Steuern und Abgaben zu senken, die öffentliche Ausgaben, insbesondere die Fürsorge-, also die Sozialleistungen, zu senken oder gar abzuschaffen, beklagen aber den Investitionsstau in den Kommunen und auf den Straßen. Den Investitionsstau, den beklage ich auch. Einen armen Staat können sich aber nur Reiche leisten, die nicht auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind. Eigenverantwortung muss auch finanzierbar sein. Und so schließt sich aus meiner Sicht der Kreis: Es gibt bestimmte Leistungen für die der Staat zuständig ist, die auch ausreichend finanziert werden müssen, wie z.B. die Jugend – Schulsozialarbeit. Notwendig ist diese Arbeit in jedem Fall, meinen Sie nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Borchardt