Frage an Bärbel Kofler von Felix M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Kofler,
ich schreibe Sie an, weil Sie im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sitzen. Es geht mir um den Zusammenhang zwischen TTIP und Flüchtlingsströmen. Mich würde interessieren, ob es bei Ihnen im Ausschuss oder auch in der Fraktion unter dem Eindruck der letzten Katastrophen im Mittelmeer einen neuen Impuls für die Betrachtung des transatlantischen Freihandels gegeben hat.
Vielleicht sollte ich das erläutern. TTIP wird ja unter anderem deshalb kritisiert, weil es darauf angelegt ist einen monolithischen, nach außen stärker abgeschotteten Freihandelsblock zu schaffen. Entwicklungs- und Schwellenländer wie auch NGOs kritisieren dies zu recht. Mit der neuen Aufmerksamkeit für die Ursachen von Flucht bekommen die wirtschaftlichen Selbstverwirklichungschancen von Menschen südlich der Sahara ein neues politisches Gewicht in der EU. Vermittelt über das Thema Flüchtlingsströme wurden sie zu "unserem" Problem, zumindest ist das sehr zu hoffen. Gibt es in Diskussionen, die Sie erleben, diese Themenüberschneidung? Denken Sie, dass die Fairness des transatlantischen Freihandels z.B. gegenüber Afrika stärker auf die Agenda kommt?
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema TTIP sowie Fairness des Handelsabkommens gegenüber Ländern Afrikas.
Die SPD hat klare Bedingungen für eine mögliche Zustimmung formuliert und das bereits auf einem Parteikonvent im Herbst vergangenen Jahres. Den Beschluss zu den Freihandelsabkommen finden Sie hier: http://www.spd.de/aktuelles/faktencheck_ttip_ceta/
Darin stellen wir klar: TTIP darf nicht Einfallstor dafür sein, dass Arbeitnehmerrechte geschliffen werden, die öffentliche Daseinsvorsorge eingeschränkt wird und das hohe europäische Niveau beim Verbraucher-, Umwelt- oder Tierschutz ausgehöhlt wird. Die kulturelle Vielfalt und die öffentliche Kultur- und Medienförderung darf nicht beeinträchtigt werden. Unternehmen und private Investoren dürfen vor internationalen Schiedsstellen rechtsstaatliche Standards und demokratische politische Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen auf keinen Fall aushebeln können.
In den Verhandlungen muss ausgelotet werden, inwieweit die von den Menschen zu Recht beklagten Auswüchse der Globalisierung korrigiert und beispielsweise Arbeitsstandards verbessert werden können. Daher ist es aus meiner Sicht sinnvoll, zu verhandeln. In einem zweiten Schritt muss bewertet werden, ob Verbesserungen erreicht werden konnten. Dies ist für eine mögliche Annahme des Abkommens entscheidend.
In meiner Fraktion sowie im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung setze ich mich für eine faire Ausgestaltung des Freihandelsabkommens TTIP ein, damit die Länder des globalen Südens nicht zu den großen Verlierern des Abkommens werden, indem sie z.B. Absatzschwierigkeiten von landwirtschaftlichen Produkten in Europa haben.
Ich sehe es als meine Aufgabe als entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion an, mich dafür einzusetzen, dass die Interessen der Entwicklungsländer gewahrt werden. Studien bewerten die Effekte von Freihandelsabkommen wie TTIP für die Entwicklungsländer unterschiedlich, es wird letztendlich auf die genaue Ausgestaltung ankommen. Ich befürchte, dass Entwicklungsländer mit eigenen Wertschöpfungsketten durch bilaterale Abkommen Nachteile erfahren werden. Daher ist es wichtig die Wirtschaftspartnerabkommen (EPA) zwischen EU und den afrikanischen Ländern entwicklungsförderlich auszugestalten. Ich möchte Sie noch auf das aktuelle Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zu den UN-Nachhaltigkeitszielen SDG hinweisen, das Sie unter folgendem Link abrufen können: http://baerbel-kofler.de/workspace/media/static/20150421-pospap-endfassung-554a17a800c2b.pdf
Mit freundlichen Grüßen, Dr. Bärbel Kofler, MdB