Frage an Bärbel Höhn von Otmar S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Höhn,
ich hätte da mal eine Frage an Sie als Umweltexpertin:
Ist es tatsächlich richtig, dass man durch Energiesparen Energie sparen kann?
Nehmen Sie an, ein Bürger schafft sein Auto ab und geht zu Fuß. Spart er damit Energie ein?
Das ist sehr fraglich. Denn er wird am Monatsende wegen Wegfalls seiner bisherigen Autokosten etwas Kleingeld in der Tasche haben. Für was gibt er dieses aus? Vielleicht für Blumen, einen Pullover oder einen Konzertbesuch?
Damit ist aber die Energieersparnis wieder verpulvert! Denn das Eingesparte wird wieder energiewirksam ausgegeben. Vielleicht verursacht die Produktion der Blumen, des Pullovers, der Konzertveranstaltung usw. sogar mehr CO2 als die bisherigen PKW-Fahrten?
Auch wenn er das Geld zur Bank bringt, wird er nichts erreichen. Denn deren Kreditnehmer fragen damit Güter und Leistungen nach, die wiederum Energieverbrauch auslösen. Das gilt selbst bei einer Abschöpfung des Vorteils durch die Steuer, da die öffentlichen Hände ihre Ausgaben ebenfalls nicht so steuern können, dass keine Energie verbraucht wird: Die Investitionen, die Arbeitslöhne, die Vorsorgeleistungen ... Alle generieren Energieverbrauch.
Was kann man also tun? Fahre ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, steigere ich sogar den Verbrauch. Denn der öffentliche Verkehr ist subventioniert. Ich spare einerseits Geld durch Inanspruchnahme der im Vergleich zum PKW billigeren - weil subventionierten - Verkehrsmittel, gebe aber andererseits das entsprechend Gesparte wieder energiewirksam aus.
Wie kommt man aus dieser Energiefalle heraus? Gilt hier nicht auch der Spruch, dass sich alle Laster in der Summe ausgleichen?
Vielen Dank
O. Saikus
Sehr geehrter Herr Saikus,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihre Gedanken zum Thema Energieeinsparung.
Ich verstehe Ihre Aussage so: Wenn Sie an einer Stelle Energie einsparen, sparen Sie Geld, was Sie für andere Produkte ausgeben, für deren Herstellung wieder Energie benötigt wird. Deshalb folgt für Sie daraus: Auch wenn Sie Energie einsparen, hilft das nichts, da Sie dann an anderer Stelle wieder Energie benötigen; also bleibt es bei dem gleichen Energieverbrauch. Bei dieser Schlussfolgerung gibt es meines Erachtens einen logischen Bruch. Nicht jede Geldausgabe ist gleich energieintensiv. Wenn man Energie einspart, kann man das Produkt Energieerzeugung z.B. durch das Produkt Dienstleistung ersetzen.
Klarer wird es, wenn man das Problem volkswirtschaftlich und weniger betriebswirtschaftlich sieht. Wie viel CO2 wird z.B. emittiert bei der Produktion einer Kilowattstunde Strom? Bei der Stromproduktion aus Braunkohle sind dies etwa 950 g CO2, aus Steinkohle 750 g CO2, mit Gas 365 g CO2. Eine Windkraftanlage produziert ca. 19 g CO2 pro Kilowatthunde Strom. Immer steht eine Kilowattstunde zur Verfügung. Ebenso verhält es sich mit dem Auto: Emittiert ein KFZ 120 g/km oder 240 g/km? Entscheidend ist der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Person und Jahr, man kann also mit seinem Geld klimafreundliche oder auch klimaschädliche Produkte kaufen.
Es gibt Internet-Programme, mit denen man seine eigene CO2-Bilanz ermitteln kann (z.B. http://www.co2-berechnen.de/ ). Da kann man genau sehen, welches Verhalten klimaschädlich ist, welches nicht. Kaufe ich eine Energiesparglühbirne, ist die zwar teurer als eine herkömmliche, aber sie verbraucht weniger Strom, ich kaufe mit meinem Geld also im Fall der Energiesparlampe ein klimafreundliches Produkt. In den USA emittiert eine Person im Schnitt ca. 20t CO2 pro Jahr, in Deutschland sind es ca. 10t CO2 pro Person pro Jahr. Die Menschen in den USA geben aber nicht doppelt so viel Geld aus. Langfristig müssen wir bei einer Emissionsrate von etwa 2 t CO2/Person/Jahr landen. Auch dieses zukünftige Leben wird Geld kosten.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Höhn