Frage an Axel Voss von Emanuel L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Voss,
Aufgrund der aktuellen Nachrichten zum Thema PRISM bin ich, sicher nicht alleinig, stark beunruhigt da das Thema Datenschutz und Bürgerrechte scheinbar kaum noch Bedeutung hat. Das berichtete Ausmaß der Überwachung (sofern wahr) ist über alle Maßen unverhältnissmässig und mit dem stark autoritärer Staaten vergleichbar wenn nicht gar vollständiger. Da dieses Thema sehr komplex und die Einflussnahme der EU auf Drittländer (indem Fall USA) auch eingeschränkt ist, meine Frage:
Was gedenkt die EU grundlegend zu tun um so etwas in Zukunft zu verhindern und die aktuelle Entwicklung zu beenden? (nicht nur auf PRISM sondern generell bezogen)
Neben Datenschutzabkommen sind hier sicher auch Themen wie die Förderung von Internetfirmen innerhalb der EU, Verbot/Einschränkung des Exportes von Überwachungstechnologie oder gar "Strafmaßnahmen" gegen überwachende Länder wichtig. (wie gesagt ein sehr weites Feld)
Eine freies, neutrales Internet in welchen man sich anonym bewegen kann sollte ein nicht verhandelbares Grundrecht für Jedermann sein. Hier kann und muss die EU Vorreiter sein (da scheinbar ein Großteil aller Anderen Staaten auf der Welt dies nicht mehr vorhat).
mit freundlichem Gruß
Emanuel Lippmann
Sehr geehrter Herr Lippmann,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie sich anlässlich des NSA-Skandals besorgt gegenüber dem Datenschutz in der EU zeigen. Als zuständiger Berichterstatter der EVP-Fraktion für das Datenschutzpaket und als Mitglied des Rechts- und Innenausschusses bin ich mit dem Dossier und der allgemeinen Thematik eng vertraut. Auch ich bin schockiert über das, was hier nach und nach an die Öffentlichkeit gelangt.
Lassen Sie mich klar sagen: Wenn die Medienberichte stimmen sollten, ist die derzeitige Praxis und das derzeitige Ausmaß illegaler Datensammlung durch Geheimdienste mit meinem Verständnis des europäischen Rechtsstaates nicht vereinbar. Das Europäische Parlament hat in seiner fraktionsübergreifenden Entschließung auch deutliche Worte gefunden. Den Text finden Sie unter folgendem Link: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2013-0322+0+DOC+XML+V0//DE
Zunächst ist eine weitergehende Aufklärung über PRISM notwendig. Einerseits benötigen wir von staatlicher Seite mehr Details über die rechtliche Lage und die praktische Durchführung des Programms. Andererseits sollten die betroffenen Unternehmen wie Facebook, Google, etc. ihre Kunden über die Datenverarbeitung besser informieren und so Transparenz schaffen. Außerdem müssen wir darauf drängen, EU-Bürger mit einem besseren grundrechtlichen Schutz in den USA zu versehen. Dies erscheint vor dem derzeitigen Hintergrund dringend notwendig.
Die in diesem Zusammenhang oft angesprochene Datenschutz-Grundverordnung, die derzeit verhandelt wird, betrifft ausschließlich den Datenverkehr im Binnenmarkt, der von ihr neu geregelt werden wird. Flankierend wird es eine Datenschutz-Richtlinie geben, welche die polizeilich-justizielle Zusammenarbeit abdeckt. Die NSA/PRISM-Problematik überschreitet diese Grenzen und eine Wiedereinführung des im Kommissionsentwurf gestrichenen Artikel 42, der die Weitergabe von Daten aufgrund behördlicher Beschlüsse in Drittstaaten verbietet, solange dies nicht in einem rechtlichen Rahmen (beispielsweise über ein Rechtshilfeabkommen) geschieht, könnte somit ein Bindeglied zwischen beiden Bereichen sein. Für eine Klärung der tatsächlichen rechtlichen Anwendbarkeit und Durchsetzbarkeit gegenüber den USA brauchen wir ein Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA, welches die rechtliche Lage zwischen den beiden Kontinenten bezüglich des Datenschutzes klärt. Wir müssen genau festlegen, wo die Grenzen staatlichen Zugriffs auf private Daten liegen. Dabei muss nicht nur definiert werden, wann und wo zugegriffen werden kann, sondern auch, wann und wo nicht zugegriffen werden darf. Ich setze mich deshalb sowohl für die Prüfung einer Wiederaufnahme von Artikel 42, als auch für ein solches Datenschutzabkommen mit den USA ein, welches dann auch wiederum Grundlage für notwendige weltweite Standards werden könnte.
Zu Ihrer weiteren Information finden Sie hier http://www.eppgroup.eu/de/press-release/PRISM%3A-we-want-introduction-of-%27Anti-net-tapping-clause%27 eine Pressemitteilung der EVP-Fraktion zu Artikel 42 (leider nur auf Englisch).
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Axel Voss