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Axel Schäfer
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Frage von Sonja E. •

Frage an Axel Schäfer von Sonja E. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Schäfer,

ich finde, dass Mobbing endlich strafbar sein sollte. Ich war selbst Mobbing-Opfer während meiner gesamten Realschulzeit. Das geht auf Dauer sehr auf die Substanz. Es führt zu psychischen Krankheiten, Selbsthass und zu Ängsten im zwischenmenschlichen Bereich. Ich habe deshalb (heimlich) Wege zur Bewältigung gesucht. Ansonsten hätte ich schon mit 15 Jahren Selbstmord begangen.

Ich habe die Seite kummerkasten.de gefunden, wo ich endlich Gehör gefunden habe. Bei meinen Eltern war das nicht möglich. Die hatten kein Verständnis für mein Gefühlsleben und haben verhindert, dass ich mal zum Psychologen gehen konnte. Haben sich vor der Haustür gestellt und mich nicht rausgelassen. Sie meinten ich brauche das nicht. Ich wäre ja aus dem Fenster geklettert, wenn ich nicht in der 1. Etage mein Zimmer gehabt hätte. Ihnen zu erzählen ich gehe zu einer Freundin hat ebenfalls nichts genutzt. Ein Anruf zur Telefonseelsorge war mir zu riskant. Den Anruf hätten sie garantiert mithören können. Selbst bei geschlossener Tür. Ich wollte nicht, dass jemand, der so wenig Emphatie hat mithört. Ich war nie zu Sprechstundenzeiten von Psychologen alleine zu Hause. Das erste Mal war ich dann alleine zu Hause als ich 16 war. Wäre zu spät gewesen.

Mobbing kann ein Leben zerstören. Deshalb bin ich für ein Anti-Mobbing-Gesetz für Deutschland. Wie stehen Sie dazu?

Mit freundlichen Grüßen
S. E.

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Sehr geehrte Frau Ehrhardt,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Es ist sicherlich schmerzlich, von Mobbing betroffen zu sein. Daher danke ich Ihnen ganz herzlich für Ihre offenen Worte.

Das Thema „Mobbing“ ist angesichts der steigenden psychosomatischen Erkrankungen und der Zunahme auch von Verrentungen und Krankheitszeiten aufgrund dieser Erkrankungen ein sehr wichtiges Thema. So lange die Debatten und Forschungen hierzu bereits dauern, für die betroffenen Menschen sind diese Zeiträume immer zu lang.

Mobbing wird je nach Fachdisziplin verschieden definiert. Im Recht hat es verfassungsrechtliche (Mobbing stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit das), zivilrechtliche und strafrechtliche Relevanz. Einen juristischen Begriff gibt es jedoch nicht. Die rechtliche Beurteilung ist dabei stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die Schwierigkeit liegt darin, Mobbing von anderen, allgemein üblichen und rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhaltensweisen und Konfliktsituationen abzugrenzen.

Entsprechend der geltenden Rechtslage befinden sich betroffene Arbeitnehmer im Falle des Mobbings am Arbeitsplatz schon heute nicht im rechtsfreien Raum. Mobbing ist als Eingriff in das durch Artikel 1 und 2 Grundgesetz geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre und die Gesundheit anzusehen. Der von Mobbing betroffene Arbeitnehmer kann sich ferner gegen Mobbing mit folgenden Möglichkeiten wehren: Recht zur Beschwerde, Anspruch auf Unterlassung bzw. Beseitigung der Beeinträchtigung und Recht zur Leistungsverweigerung bei fortdauerndem Mobbing sowie Schadensersatz und gegebenenfalls Schmerzensgeld. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann es sich bei Mobbing sogar um Körperverletzung (§§ 223 ff. Strafgesetzbuch – StGB), Beleidigung (§§ 185 ff. StGB) oder auch Nötigung (§ 240 StGB) handeln.

Problematisch ist es, wenn man versuchen würde, gesetzgeberisch den Begriff des Mobbings zu konkretisieren; denn jede Konkretisierung wäre gleichzeitig auch eine Begrenzung. Das liegt daran, dass Mobbing eben in der Vielartigkeit, wie es vorkommt, kaum in eine Definition hineingepresst werden kann. Bislang fehlt eine gesetzliche Definition des Begriffs "Mobbing". Die wertende Gesamtschau eines Verhaltens ist erforderlich und nur dann kann man sagen, ist es tatsächlich Mobbing, was unterbunden werden muss, was mit Schadensersatzforderungen, das mit arbeitsrechtlichen Sanktionen verbunden sein muss, oder sind es tolerierbare Zwistigkeiten zwischen Arbeitnehmern und ihren Vorgesetzten. Diese Unterscheidung, die man im Einzelfall immer ziehen muss, wird nicht dadurch erleichtert, dass man eine abstrakte gesetzgeberische Definition versucht vorzugeben, die am Ende dann eben doch ohne Ansehung leer ist und so schwammig und unkonkret sein muss, wie sie besser der Rechtsprechung überantwortet wird, die ihrerseits in Ansehung des konkreten Falls sehr viel eher sagen kann, was die gesetzgeberischen Folgen eines Verhaltens seines Vorgesetzten gegenüber dem Arbeitnehmer oder eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Kollegen sein muss.

Wenn Mobbing landläufig beschrieben wird als das Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren, dann muss man diese Begriffe selbst mit Wertungen füllen. Was ist Anfeinden? Das ist sicherlich ein aggressives Verhalten gegenüber einem Gegenüber, was die sozialakzeptierte Aggressivität überschreitet. Das ist aber etwas, was Sie nur aus dem konkreten Kontext heraus beantworten können. Dann wäre zu fragen: Ist das ein einmaliges Vorkommnis oder zeigt sich dahinter ein Verhaltensmuster? Passiert das mehrmalig, ist es ein dauerhaftes spezifisches Umgehen mit einem Kollegen, was auch nicht durch legitime Gründe gerechtfertigt oder erklärbar ist? Schon jetzt hat ein Arbeitgeber die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetze, Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Er ist verpflichtet, die erforderlichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen, die von Ermahnung, Abmahnung oder Versetzung bis zur Kündigung des Mobbenden gehen können. Darüber hinaus haftet der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer für schuldhaft begangene Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzungen durch die von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzten Mitarbeitern und Vorgesetzen.

In diesem Zusammenhang spielt das Arbeitsschutzgesetz eine Rolle. Damit werden Arbeitgeber zum vorbeugenden Arbeitsschutz einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit verpflichtet. Der Arbeitgeber muss eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, die die physischen und psychischen Belastungen umfasst. Die explizite Nennung der psychischen Belastungen im Gesetz zielt darauf ab, das Bewusstsein der Arbeitgeber für psychische Belastungen, die auch durch Mobbing bei der Arbeit entstehen können, zu schärfen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die mit Mobbing einhergehende Problematik am Arbeitsplatz ernst nimmt. Psychische Belastungen im Zusammenhang mit Arbeit können zudem in einem vertrauensvollen Gespräch zwischen dem Betroffenen und einem Arzt (Arbeitsmediziner) im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) besprochen und es kann gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes wird durch die Arbeitsschutzbehörden der Länder kontrolliert. Wenn Beschäftigte der Auffassung sind, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht abhilft, können sich die Beschäftigten an die zuständige Behörde wenden.

Aus den o.g. Gründen, dass es bereits jetzt die entsprechenden Möglichkeiten zum Schutz der Arbeitnehmer gibt, haben wir bisher keinen Anlass für ein eigenständiges Gesetz zum Schutz vor Mobbing am Arbeitsplatz oder für Änderungen im Arbeitsschutzgesetz gesehen.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat das Projekt "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - wissenschaftliche Standortbestimmung" durchgeführt. Im Rahmen dieses Projektes wurde unter dem Themenkomplex "Soziale Beziehungen am Arbeitsplatz" auch das Thema Mobbing bearbeitet. Die Analyse der vorliegenden Arbeiten ergab, dass Mobbing als Stressor im Arbeitskontext wirkt. Mobbing ist in der Regel eingebettet in eine komplexes Struktur- und Verhaltensmatrix und nicht als isoliertes Phänomen zu betrachten. Dieser Erkenntnis folgend wird die BAuA in ihren weiteren Arbeiten zum Themenkontext "Soziale Beziehungen" auch das Thema Mobbing weiter berücksichtigen. Dazu bieten sich insbesondere eine stärkere Fokussierung auf methodisch anspruchsvolle Interventionsstudien an. Unter dem folgenden Link ist das Review zu dem Thema "Soziale Beziehungen" zu finden.
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Bericht-kompakt/Poster-F2353-2b.html

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen helfen konnte.

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Mit freundlichen Grüßen

Axel Schäfer (Bochum)

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