Frage an Axel Bittner von Gabi M. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Tag Herr Bittner,
Im Vorfeld zur angekündigten Gegendemonstration zum genehmigten NPD-Aufmarsch in Meckelfeld hatte der zweifelhafte Aufruf der Gemeinde Seevetal, sich nicht an der Gegendemonstration zu beteiligen, für einigen Wirbel gesorgt. Mit erschreckender Naivität und Verharmlosung gegenüber der anwachsenden Nazi-Gesinnung wurde versucht Bürgerbeeinflussung zu begründen. Im Schulzentrum sollen einzelne Lehrkräfte von einer Teilnahme abgeraten haben: weil vom linken Spektrum und mögliche Gewalt. Statt kritisches, politisches Bewusstsein zu schärfen (Bildungsauftrag) (Gut, dass sich nicht alle davon beeinflussen ließen.)
Geduldet: volksverhetzende Nazi-Parolen und offener Rassismus in Meckelfeld von der NPD plakatiert !
Wo bleibt hier der Vorbildcharakter von Politik, Schule und auch der Kirche, die den Bürgern Courage abfordern, aber wenn es wirklich darauf ankommt, herrscht einhellige „Kultur des Wegsehens“!
Dass ein fundamentaler Sozialabbau auch zum Abgleiten in die rechte Szene ein Wegbereiter sein kann zeigen deutliche Entwicklungen im Zuge der Schließungen von Jugendzentren. Bildungsnotstand und Reformen werden seit mehr als 35 Jahren diskutiert, gehandelt wird mit Einsparungen. Das Ergebnis: Ausgepowerte Lehrer, mangelhafte Ausstattung, verfallende Schulgebäude. Ein jahrzehntelang unterversorgtes und nach „wilhelminischen“ Strukturen „überlebendes“ Bildungssystem trifft die Schüler und Schülerinnen heute mit voller Wucht. Statt hier umgehend auch mal adäquat mit Sofortmaßnahmen den jungen Menschen ihre Schulen so auszustatten, dass es auch Spaß macht zu lernen, lesen wir immer wieder von irgendwelchen sinnlosen Prestige-Projekten, die „floppieren“ wie das „Helbachhaus“ in Meckelfeld, entscheidend vorangetrieben von CDU/Norbert Böhlke.
Was sagen Sie dazu und was wollen Sie verändern, Herr Bittner?
Herzliche Grüße
Gabi Meyer
Liebe Gabi Meyer,
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzel ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Frieden und der Freiheit ist unser Ziel.“
So heißt es im Schwur der überlebenden Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald. Dieser Schwur ist für DIE LINKE eine Verpflichtung.
Vielen Dank für Ihre treffende Analyse der Ursachen dafür, dass rechtsradikale Parolen wieder vermehrt um sich greifen und auf fruchtbaren Boden fallen. Die Reaktion der lokalen Politik wundert mich nicht – sie war auf dem rechten Auge schon immer stark sehbehindert.
Die von Ihnen angesprochene Gegendemonstration, zu der die Antifaschistische Aktion sowie die Friedensbewegung aufgerufen hatten, wurde vom DGB und von uns unterstützt. Die einzige Partei, die bei der antifaschistischen Gegendemonstration im wahrsten Sinn des Wortes Flagge gezeigt hat, war DIE LINKE. Ich selbst habe an der Demonstration teilgenommen und konnte mit anwesenden Bürgern diskutieren. Für sehr viele von ihnen völlig unverständlich haben sämtliche im Rat der Gemeinde Seevetal vertretenen Parteien in einer gemeinsam unterzeichneten Erklärung die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgefordert, den Nazi-Aufmarsch zu ignorieren und die Gegendemonstration zu boykottieren. Mir stellt sich die Frage, ob die Initiatoren dieses Aufrufes, zu denen u. a. der Bürgermeister der Gemeinde Seevetal (SPD) sowie die Landtagsabgeordnete und Ortsbürgermeisterin von Meckelfeld (ebenfalls SPD), nicht willens oder nicht in der Lage sind, die geschichtliche Analogie zum Ende der Weimarer Republik zu erkennen. Faschisten lassen sich nicht durch Wegsehen verhindern! Hier wird aus politischem Kalkül mit dem Feuer gespielt.
Ohne „wenn und aber“: In unserem Land ist für Faschisten kein Platz! Die NPD gehört verboten. DIE LINKE im niedersächsischen Landtag wird sich dafür einsetzen, dass Antifaschismus als Staatsziel in der Landesverfassung verankert wird. Außerdem werden wir dafür eintreten, dass Niedersachsen die Bundesratsinitiative für einen neuen Verbotsantrag gegen die NPD unterstützt.
Ihre Schlussfolgerung, dass die Schaffung von immer mehr sozialer Ungerechtigkeit und ein marodes Schulsystem elementare Wegbereiter für ein Abgleiten in die rechte Szene darstellen, ist vollkommen richtig. Ein Bildungssystem, das jungen Menschen Chancengleichheit und eine Perspektive für ihr berufliches Leben bietet, nähme den rechten Umtrieben erheblich Wind aus den Segeln.
Wer neue Nazis bekämpfen will, muss Geschichte von 1933-1945 kennen und Lehren daraus ziehen. Antifaschistische Bildungsinhalte sind daher in den Rahmenlehrplänen aller Schulformen verbindlich festzuschreiben. In der gesamten Bildungs- und Kulturarbeit des Landes muss deutlich werden: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Zum Thema Bildungspolitik im Speziellen verweise ich auf meine Antwort vom 20.01.2008.
Mit freundlichen Grüßen,
Axel Bittner