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Axel Berg
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Frage von Alain W. •

Frage an Axel Berg von Alain W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Dr. Berg,

in den letzten Tagen wurde mehrfach das Thema Internetzensur im Zusammenhang mit Kinderpornografie berichtet.

Zitat von TAZ Online

"Ein entsprechendes Gesetz über Internetsperrungen soll ohnehin bald kommen. Schon nächsten Mittwoch wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes auf den Weg bringen. "Dann werden 100 Prozent des Marktes erfasst", verspricht Ursula von der Leyen"

Nun meine Fragen:

Wie läßt sich dieser Gesetztesentwurf mit dem Grundgesetzt vereinbaren?
Wird es eine unabhängige Instanz für Einsprüche geben?
Wie werden Sie am Mittwoch abstimmen?

Ich bedanke mich für Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Gruß.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wohlfarth,

vielen Dank für Ihre Frage vom 21. April 2009 zum Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen.

Zu Ihrer Frage nach meinem Abstimmungsverhalten am 22. April möchte ich vorweg anmerken, dass es sich hierbei um keine Abstimmung im Bundestag handelte. An diesem Tag beschloss die Bundesregierung den Entwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen. Am 6. Mai wurde der Entwurf erstmals im Bundestag beraten. Grundsätzlich gilt: Es passiert kein Gesetz den Bundestag in der Form, in der es in den Bundestag eingebracht wird. Denn im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens, in dem sich die Arbeitsgruppen der Fraktionen und die jeweiligen Fachausschüsse kritisch mit den Gesetzesentwürfen auseinandersetzen, werden meist Änderungen vorgenommen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sexuell orientierte Gewalt gegen Kinder ein abscheuliches Verbrechen ist. In den vergangenen Jahren wurden deshalb das Herstellen, die Verbreitung und der Besitz von Kinderpornographie lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.

Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach gegenwärtiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internetprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland jedoch nicht möglich. Deshalb ist es naheliegend, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.

Der SPD-Fraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion bewusst, dass man sich bei der Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegt. Deshalb haben wir stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Die Bundesregierung hat erst kürzlich vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern geschlossen, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Meiner Fraktion ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Allerdings ermöglichen die Sperren, die Hemmschwelle der Surfer, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen und insbesondere Gelegenheitstäter abzuhalten. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.

Dennoch wirft der Gesetzesentwurf, wie Sie zu Recht schreiben, zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen auf, die in einem transparenten parlamentarischen Verfahren zu erörtern sind. Internetnutzer, die sich nur zufällig auf eine Seite mit kinderpornographischen Inhalten klicken, dürfen beispielsweise nicht ins Fadenkreuz der Sicherheitsbehörden geraten. Zudem darf das Verfahren der Sperrung von Internetseiten nicht auf andere Bereiche ausgeweitet werden. Dies sind nur einige Fragen, die für mich noch offen sind und geklärt werden müssen, bevor ich eine für mich abschließende Entscheidung treffen kann.

Vor diesem Hintergrund hat die SPD-Bundestagsfraktion durchgesetzt, dass zum Gesetzentwurf am 27. Mai eine öffentliche Anhörung mit unabhängigen Experten im Wirtschaftsausschuss stattfindet. In diesem Rahmen können auch die in Teilen der Internet-Community aufgeworfenen Kritikpunkte angemessen einbezogen und erörtert werden, die ihren Ausdruck in einer stark beachteten E-Petition fanden.

Eines muss von vorne herein klar sein: Netzsperren können nur ein Baustein sein. Weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt. Das gesamte Konzept finden Sie unter http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,11026,00.pdf .

Wir setzen uns grundsätzlich dafür ein, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich dabei nicht ausschließen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren muss aber insbesondere geprüft werden, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.

Wie Sie der Seite von abgeordnetenwatch entnehmen können, habe ich gegen das BKA Gesetz gestimmt. Ich sah mich nicht in der Lage, diesem Gesetz zuzustimmen, da an zentralen Stellen versäumt wurde, die staatlichen Eingriffe in die Freiheitsrechte hinreichend zu begrenzen. In diesem Sinne werde ich den weiteren parlamentarischen Prozess hinsichtlich der Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt kritisch begleiten und dabei sowohl die Notwendigkeiten zur Bekämpfung der Kinderpornographie als auch die Gewährleistung der Freiheitsrechte im Auge behalten. Insbesondere von der Sachverständigenanhörung erwarte ich mir einen Beitrag zur Klärung.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Berg MdB