Frage an Axel Berg von Gülay A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Dr. Berg,
ich bin Ausgebildete Bürokauffrau mit zusatz Ausbildungen.Ich bin während meiner Ausbildung schwanger geworden , habe aber alles erfolgreich absolviert und bin in den Mutterschutz &Erziehungsurlaub gegangen.Nun versuche ich vergebens einen einstieg ins Berufsleben zu bekommen
Da ich mein sohn habe sei ich ein Risikofaktor.
Nun habe ich mich bei der BA für Arbeit München am 27.01.2009 als Registratorin beworben was sehr gut lief und mann wollte sich 14 tage später melden nun am 18.03.2009 haben sie sich gemeldet ohne plausiblen grund abgelehnt/ wortlaut sende Ihre Unterlagen zur meiner Entlastung zurück.
Jetzt möchte ich Sie fragen wenn eine Behörde sich so verhält und mir nicht eine Chance gibt ,ein einstieg in den Beruf & raus aus Hartz IV persfektive für mich &meine Familie. Warum sollen Firmen mich beschäftigen, und wo bleibt die Chancengleichheit der Frauen und die Gerechtigkeit? Ist es rechtens Menschen so zur Verzweiflung & Aussichtslosigkeit zur treiben???
Was mache ich falsch??Sie sind vom Volk fürs Volk gewählt worden weisen Sie mir den Weg
....
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Armut
Sehr geehrte Frau Armut,
vielen Dank für Ihr Schreiben zur Chancengleichheit und Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Mit großer Anteilnahme habe ich von Ihren Bemühungen um einen Wiedereinstieg ins Berufsleben nach Ihrer Mutterschutz- und Erziehungszeit gelesen.
Als überzeugter Sozialdemokrat kann ich die Haltung, Kinder seien ein Risikofaktor, in keinster Weise nachvollziehen. Umgekehrt wird vielmehr der zunehmende Mangel an Kindern in unserer Gesellschaft zu einem wachsenden demographischen wie auch finanziellen Risiko. Kinder sind unsere einzige Chance, unser Sozial-, Kultur- und Wirtschaftssystem auch in Zukunft auf einem angemessenen Niveau aufrecht erhalten zu können. Umso mehr verärgert mich Intoleranz und Diskriminierung gegenüber Müttern und Vätern, die für uns alle diese überaus bedeutsame soziale Verantwortung der Kindererziehung auf sich nehmen.
Auch wenn solche Beispiele von Intoleranz und Unverständnis immer noch zu häufig in der Gesellschaft vorkommen, ist die öffentliche Verwaltung jedoch grundsätzlich zur Objektivität und Fairness angehalten. Das resultiert schon aus ihrer verfassungsmäßig vorgeschriebenen Bindung an Recht und Gesetz. Desweiteren ist eine Behörde wie die Bundesagentur für Arbeit bei der Auswahl ihrer Stellenbewerber an den Grundsatz der „Bestenauswahl“ gebunden. Vorbehaltlich der besonderen Vorgaben hinsichtlich der Einstellung von Schwerbehinderten muss eine Behörde daher bei einer Stellenbesetzung alle Bewerberinnen und Bewerber im Hinblick auf die für die Stelle notwendigen Anforderungen objektiv miteinander vergleichen und den oder die am besten Geeignete auswählen. In Ihrem Fall kann es also durchaus sein, dass ein anderer Bewerber die speziell für die Tätigkeit erforderlichen Kriterien einfach noch ein wenig besser erfüllt hat als Sie.
Das bitte ich Sie jedoch auf keinen Fall als Herabwürdigungen Ihrer Fähigkeiten zu verstehen – schließlich können insbesondere bei vielen Bewerberinnen und Bewerbern auf eine Stelle schon Kleinigkeiten und zufällige Vor- oder Nachteile bei der Auswahl ausschlaggebend sein. Die Ablehnung hätte von der Behörde jedoch in der Tat ein wenig ausführlicher, freundlicher und sensibler formuliert werden können.
Trotz der Ablehnung in diesem Fall sollten Sie den Mut jedoch nicht aufgeben. Ich bin mir sicher, dass Ihre Bemühungen bei der Suche nach Arbeit letztlich Erfolg haben werden, so Sie die notwendige Geduld und den erforderlichen Durchhaltewillen beweisen. Mit Hilfe gesetzlicher Schutz- und Fördermaßnahmen werde ich auch weiterhin Ungerechtigkeit und Diskriminierung gesetzlich bekämpfen. Dazu sind in der Vergangenheit mit dem Mutterschutzgesetz, dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sowie dem Entgeltfortzahlungsgesetz bereits wichtige Grundlagen gelegt worden. Hier möchte ich jedoch nicht stehenbleiben sondern werde auch in Zukunft mein Bestes tun, um Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt herzustellen.
Letztlich können die notwendigen Arbeitsplätze jedoch nicht einfach alle per Gesetz geschaffen werden. Darum brauchen wir auch sozialverantwortlich handelnde Arbeitgeber, die selbst in wirtschaftlich angespannten Zeiten Arbeitssuchenden eine Chance geben. Als nicht nur sozial sondern auch wirtschaftlich orientierter Abgeordneter weiß ich, dass es in Deutschland auch solche verantwortlichen Arbeitgeber gibt. Gleichzeitig bin ich mir aber auch im Klaren darüber, dass sich noch nicht jeder Arbeitgeber in angemessenem Maße sozialverantwortlich verhält. Einige Arbeitgeber orientieren sich vor allem in Krisenzeiten ausschließlich am Gewinn. Eben diese, oft sehr kurzsichtige Sichtweise hat uns jedoch erst in die derzeitige Wirtschaftskrise geführt.
Als Bundestagsabgeordneter sehe ich mich daher in der Pflicht, nicht nur mit Hilfe der Gesetzgebung sondern auch durch individuelle Überzeugungsarbeit bei Arbeitgebern zur Schaffung eines nachhaltigen, sozialen und gerechten Arbeitsmarktes beizutragen. Dazu ist ein Mindestmaß an Vertrauen und gesamtgesellschaftlicher Verantwortungsbereitschaft notwendig. Genauso wenig, wie ein Firmenchef sich allein an seinen Ertragszielen orientieren kann, darf sich aber auch ein Arbeitnehmer heute nicht mehr nur auf seine vertraglich festgelegten und gesetzlich abgesicherten Rechte zurückziehen. Umso mehr wird heute auch von einem Arbeitssuchenden Einsatzbereitschaft, Ausdauer und Flexibilität erwartet. Das darf jedoch freilich nicht in einer Rollenumkehr resultieren: Als Einzelner ist der Arbeitssuchende mehr noch als der Arbeitnehmer Risiken ausgesetzt und verdient daher auch Schutz und Unterstützung, zum Beispiel durch die Fachkräfte der Arbeitsagenturen.
Ihnen, Frau Armut, möchte ich an dieser Stelle Mut zusprechen und nach Möglichkeit Ihre Selbstzweifel zerstreuen. Keine Ihrer Bemühungen um Arbeit sind falsch und kein nachhaltiger Erfolg stellt sich ohne Anstrengung ein. Geben Sie Ihre Suche daher bitte nicht auf. Durch Ihren Einsatz werden sich neue Perspektiven für Sie und Ihre Familie auftun. Geben Sie bitte auch den Kontakt zur Agentur für Arbeit nicht auf. Sie wird Sie im Rahmen des Möglichen bei Ihrer Suche unterstützen und Ihnen weitere Chancen vermitteln, auch wenn Ihre Bewerbung als Registratorin noch nicht geklappt hat.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen für Ihre weitere Suche nach Arbeit ein wenig Mut machen und wünsche Ihnen und Ihrer Familie dafür Alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Berg MdB