Frage an Axel Berg von Michael K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Berg,
1. Wieso unterstützt die SPD die unsoziale Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte?
2. Wenn ich (30) von allen Kapitalerträgen pauschal 25 Prozent - plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer bezahlen muss, beende ich meine Anstengungen für das Alter vorzusorgen.
Die Spekulationsfrist entfällt. Dies trifft doch nur Anleger, die fürs Alter vorsorgen möchten. Wieso unterstützt die SPD diesen schwarz-gelben Unsinn?
3. Nur für die Reichen mit Spitzensteuersatz von 42 Prozent bedeutet die Abgeltungsteuer von 25 Prozent einen klaren Steuervorteil. Wieso werden wieder die Reichen von der SPD bevorzugt?
Unter diesen Bedingungen ist die SPD unwählbar für normale Bürger.
MFG
Michael König
Sehr geehrter Herr König,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 28.05.2007. Sie haben mir drei Fragen zur Abgeltungssteuer gestellt, die ich in drei Teilen beantworte.
Zu 1.)
Von der Abgeltungssteuer, die zum 1. Januar 2009 eingeführt wird, erhoffen wir uns einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften erhöhen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Es entspricht dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit und dem Erfordernis einer gleichmäßigen Erfassung sämtlicher Einkünfte, dass realisierte Kursgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren generell der Steuerpflicht unterliegen. Um einer Anlage des Kapitals im Ausland entgegen zu wirken, soll die Besteuerung möglichst anonym, vor allem durch inländische Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, erfolgen
Alle steuerpflichtigen Privatanleger werden gleich behandelt, unabhängig von einer möglichen steuerlichen Vorbelastung der Zuflüsse. Mit der allgemeinen Besteuerung von Veräußerungsgewinnen wird auf Entwicklungen im Kapitalmarkt reagiert, die zunehmend Modelle mit der Austauschbarkeit von laufenden Erträgen und Veräußerungsergebnissen hervorbringt. Das ist doch nicht unsozial.
Zu 2.)
Die pauschale Besteuerung soll vor allem die Übersichtlichkeit und Handhabung vereinfachen, d.h. die Transparenz fördern. Angaben über Gewinne müssen dann nicht mehr auf der Einkommenssteuererklärung angegeben werden, sondern werden direkt von der Bank abgeführt.
Die pauschale Besteuerung ist vor allen Dingen eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Besteuerung von Geldanlagen. Der Satz von 25 % begünstigt viele Anleger, nicht nur Spitzenverdiener. Für Bürger mit einem geringeren Steuersatz gibt es Ausnahmen, bzw. Anpassungen. Anleger mit einem persönlichen Steuersatz von weniger als 25 % können den eigenen Steuersatz für die Besteuerung von Gewinnen geltend machen. Meines Erachtens sind es nicht unbedingt die "kleinen Leute", die in Aktien anlegen und auf Dividenden und Ausschüttungen hoffen.
Was ihre Altersvorsorge betrifft, kann ich Sie beruhigen. Sämtliche vom Staat anerkannte Rentenversicherungen und Vorsorgen sind von der Abgeltungssteuer ausgenommen. Bei Rürup- und Riesterrenten sowie privaten Rentenversicherungen bleibt die Steuerfreiheit während der Vertragslaufzeit erhalten und erst bei Auszahlung kommt es zur Versteuerung. Dies ist aber schon heute der Fall.
Was Aktien oder ähnliche Anlagen angeht, liegt der Fall anders. Hier wird oft Altersvorsorge als Grund der Geldanlage angegeben, dieser ist aber nicht immer nachweisbar. Deswegen bleibt die Begrenzung der Begünstigung auf die Produkte beschränkt, bei denen die Sicherstellung der Einnahmen für das Alter produktimmanent ist (s.o.: Riester, Rürup, private Rentenversicherung).
Der Wegfall der Spekulationsfrist soll durch die Abschaffung des Halbeinkünfteverfahrens kompensiert werden. Das heißt, dass Spekulanten durch die Einführung der Abgeltungssteuer keineswegs besser gestellt werden.
Veräußerungsverluste können in Zukunft unabhängig von der Haltedauer gemacht werden.
Die Besteuerung von Dividenden mit dem Abgeltungssteuersatz von 25% führt grundsätzlich zu keiner Schlechterstellung der Aktionäre. Dies verdeutlicht eine Gesamtbetrachtung der geplante Belastungen beim Anteilseigner und beim Unternehmen. Durch den Wegfall des bisher bei der Dividendenbesteuerung angewandten Halbeinkünfteverfahrens kommt es zwar beim Anteilseigner zu einer höheren Belastung. Zugleich wird aber im Rahmen der Reform der Unternehmenssteuern die Steuerbelastung auf der Ebene der Unternehmen deutlich abgesenkt. Der Anteilseigner profitiert deshalb zum einen durch die zu erwartenden höheren Ausschüttungen und zum anderen durch die damit verbundenen Kursgewinne. Auch bei niedrigeren persönlichen Steuersätzen kommt es somit in den allermeisten Fällen zu einer geringeren steuerlichen Gesamtbelastung.
Zu 3.)
Ich hoffe, dass Ihnen die Erklärung zu 2.) schon Anhaltspunkte zum Verständnis Ihrer dritten Frage gegeben hat. Alle Bürger mit einem persönlichen Steuersatz von über 25 % werden zuerst einmal entlastet. Alle mit einem persönlichen Steuersatz unter 25 % werden nicht über ihren persönlichen Steuersatz hinaus belastet, also mit dem gleichen Steuersatz, den sie auch bisher bezahlen.
Wichtig ist aber, dass Bürger, die mit einem privaten Vermögen Gewinne aus Aktien oder anderen, nicht zwingend für die Altersvorsorge vorgesehenen, Geldanlagen erzielen, diese auch versteuern. Dies ist eine durchaus gerechtfertigte Neuerung in der Besteuerung und keine unsoziale.
Die Abgeltungssteuer wird im Übrigen nur für Neufälle, d.h. für nach dem 31. Dezember 2008 angeschaffte Kapitalanlagen, angewandt. Für die vor diesem Zeitpunkt getätigten Kapitalanlagen gilt somit das alte Recht, das eine Besteuerung der realisierten Kursgewinne nur innerhalb der Haltefrist vorsieht. Ihre Befürchtung, dass Ihre bisher erworbene, kapitalgedeckte Altersvorsorge von der neuen Regelung betroffen sein könnte, trifft somit nicht zu.
Für weiterführende Informationen hat das Bundesfinanzministerium eine detaillierte Aufstellung des Geltungsbereiches der Abgeltungssteuer aufgestellt, die Sie unter
http://www.bundesfinanzministerium.de/lang_de/DE/Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Einkommensteuer/007.html
einsehen können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Berg MdB