Frage an Axel Berg von Axel N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Berg,
mir ist klar, dass meine folgenden Fragen nicht zwingend ihren Tätigkeitsbereich innerhalb des Bundestages betreffen. Dennoch sind sie mit Blick auf das Ausmaß, welches die Volkssucht "Nikotinismus" bereits angenommen hat, für mich von entscheidender Bedeutung bei der Entscheidung für oder gegen eine Person bei den jeweiligen Wahlen.
Es geht also um das Thema "Rauchen". Zahlen und Fakten erspare ich Ihnen und mir, da sie mittlerweile hinlänglich bekannt sein dürften. Sicher bekommen auch Sie recht häufig Mails von Bürgern zu diesem Thema.
Daher ein paar kurze und einfache Fragen, die Ihnen als Politiker etwas unangenehmes abverlangen: Eine klare und kurze Antwort ;-)
1: Sind sie dafür, Rauchen in der Öffentlichkeit (damit meine ich Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Sportstätten, Kinos, Theatern, Konzerten, Discotheken, Gastbetriebe etc.) zu verbieten um die Gesundheit ALLER Anwesenden zu schützen - also konsequenter Weise auch der Raucher.
Ja oder Nein?
1b: Wenn nein, warum?
2: Sind Sie dafür, freistehende Zigarettenautomaten (also jene 300.000-400.000 die unbeaufsichtigt rumstehen) vollständig zu verbieten?
Ja oder Nein?
2b: Wenn nein, warum?
3: Sind Sie dafür Tabakwerbung jeglicher Form (insb. aber der, die auf Plakatwänden überall in den Städten ertragen werden muss) zu verbieten?
Ja oder Nein?
3b: Wenn nein, warum?
4: Sind Sie bereit, sich im Rahmen Ihres Aufgabengebietes konsequent für den Schutz vor dem Schadstoff "Tabakrauch" einzusetzen?
4b: Wenn nein, warum?
Bitte antworten Sie bei den Hauptfragen wirklich nur mit "Ja" oder "Nein". Unter der "b" Frage können Sie im Zweifelsfall eine wie auch immer geartete Begründung hinzufügen.
Und bitte keine Textbausteine Ihrer Partei oder Ihrer Kollegen - ich kenne sie alle! Glauben Sie mir ;-)
Mit freundlichen Grüßen,
A. Napolitano
Sehr geehrter Herr Napolitano,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.02.2007 zum Thema Rauchen. Der Nichtraucherschutz hat in Deutschland erste Erfolge gefeiert. Wie Sie vielleicht der Presse entnommen haben, habe auch ich für den Schutz von Nichtrauchern gestimmt.
Sie haben sich große Mühe gemacht bei Ihrer Fragestellung und auch der Anleitung zur Beantwortung. Die Fragen 2 bis 4 kann sogar ich, als Politiker, kurz beantworten. Ihre erste Frage ist mir zu generell formuliert.
Zu 2.) Ja, ich bin für ein Verbot von freistehenden Zigarettenautomaten. Es gibt keine Alkoholautomaten, also sehe ich auch keinen Sinn darin, Zigarettenautomaten aufzustellen, da beide Genuss- bzw. Suchtmittel erst ab 18 Jahren legal zu konsumieren sind. Sicherlich ist das Verbot von Zigarettenautomaten keine Lösung, um das Problem jugendlichen Zigarettenkonsums zu lösen, aber es ist ein guter Ansatz um diesen Konsum zumindest zu erschweren. In Zusammenarbeit mit Suchtaufklärung in Schulen und anderen Freizeiteinrichtungen für Jugendliche, ist ein Verbot von Zigarettenautomaten absolut sinnvoll. Die Einführung der Altersbeschränkung durch Nachweis des Alters ist ein erster Schritt in die richtige Richtung
Zu 3.) Ja, zu diesen wirkungsvollen Instrumenten zähle ich auch ein Werbeverbot für Tabakwaren, für das wir schon länger kämpfen.
Die Werbung für Tabakwaren bringt zwar erhebliche Steuereinnahmen mit sich, auf diese werden wir aber gerne verzichten. Es ist mittlerweile erwiesen, dass eine Einschränkung der Werbung von Tabakwaren auf den Beginn und das Anhalten des Rauchens große Auswirkung haben. An dieser Stelle besteht dringender Handlungsbedarf, wie es auch die EU-Richtlinie zum Tabakwerbeverbot fordert, die immer noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, weil die CDU/CSU Fraktion sich im Bundesrat 2005 dagegen gewehrt hat. Auch an dieser Stelle unterstütze ich Sie voll.
Zu 4.) Ja. Wie oben angeführt, habe ich bei den Abstimmungen für das Nichtraucherschutzgesetz gestimmt.
Allerdings sehe ich in der generellen Einschränkung des Rauchens gewisse Probleme. Ich bin der Meinung, dass in einem freiheitlichen Staat nicht alles verboten werden sollte. Durch das Rauchen sind Nichtraucher in öffentlichen Bereichen ein Stück weit in ihrer Freiheit eingeschränkt, auf der anderen Seite sind dies die Raucher auch insoweit, als dass sie jahrelang in "Ihrer Kneipe" oder auf dem Oktoberfest geraucht haben und dies nun nicht mehr möglich sein soll. Verstehen Sie mich nicht falsch: Dies soll kein Plädoyer gegen den Nichtraucherschutz sein, eine einvernehmliche, freiwillige Lösung wäre mir aber lieber gewesen.
Ich möchte Ihnen ein kleines Beispiel geben. Autos bewirken das gleiche wie Zigarettenkonsum. Feinstaub und Abgase sorgen für eine ähnliche Belastung des Menschen wie der blaue Dunst (zudem sind Autos in der Lage, Menschen direkt zu töten oder zu verletzen und sind mit hauptverantwortlich für den Klimawandel). Auf die Idee, Autos zu verbieten, ist trotzdem noch niemand gekommen, auch wenn es sicherlich einige gute Gründe geben würde. Dies wäre aber ein ungeheurer Einschnitt in persönliche Rechte, wie Selbstbestimmung und Mobilität.
Ich könnte an dieser Stelle noch viele andere Dinge aufzählen und anprangern, die von der Politik mit dem einen oder anderen Argument zu Recht verboten werden könnten. Die Frage ist, ob wir das wollen oder ob wir den Menschen und Bürgern ihre Freiheit lassen, ohne gleich mit Verboten zu agieren. Rauchen ist eine Art "schlechte Tradition oder Gewohnheit" der Menschheit, deswegen stellt sich die Frage, ob man Raucherinnen und Raucher stigmatisieren sollte und das Rauchen verbieten oder auf eine vernünftige Aufklärung setzen sollte, so dass junge Menschen gar nicht erst anfangen. Ihre Antwort wäre sicherlich: verbieten. Bei mir ist das anders.
Es ist keine Frage, dass gerade die jüngsten vor Passivrauchen und vor dem Beginn des Rauchens geschützt werden müssen. Hier setze ich mich klar für das Rauchen ab 18 Jahren, das Verbot von Zigarettenautomaten und ein Werbeverbot für Tabakwaren ein. Rauchverbot in Schulen, Gebäuden zu denen Jugendliche Zutritt haben (Sport- und Jugendheime) und öffentlichen Gebäuden halte ich ebenfalls für sinnvoll. Bei allen andern Rauchverboten sollte man sich, neben der Einschränkung der Freiheit, die Kollateralschäden des Rauchverbotes anschauen.
Für Gaststätten und Wirte wird es in Zukunft Umsatzeinbußen geben. Auch werden die Verschmutzung und die Lärmbelastung auf den Straßen zunehmen. Zigarettenstummel auf der Straße, Heizpilze auf dem Gehweg und ständiges Öffnen der Türen schaden der Umwelt. Wenn man auch hier das Rauchen verbieten sollte, gehen die Menschen nach Hause und dort sind dann eventuell wieder die Kinder betroffen. Sollten wir also das Rauchen ganz verbieten? Das Trinken ebenfalls, weil es schädlich ist? Kaffee verbieten? Autofahren verbieten?
Ich finde, ein Rauchverbot ist nicht so einfach zu begründen, wie es viele Menschen denken. Wo zieht man bei den Verboten den Schlussstrich? Der Stil Ihrer Fragen deutet darauf hin, dass Sie vor allem am Ergebnis interessiert sind und weniger an einer Begründung für eine bestimmte Haltung. Ich glaube, es war Max Weber, der für gutes Handeln eines Politikers Leidenschaft, Verantwortung und Augenmaß postulierte. Doch für Abwägungen wollen Sie mir keine Chance geben bzw. bitten um kurze Antworten. Zudem sprechen Sie von entscheidender Bedeutung bei den Wahlen. Es ist ja traurig genug, dass wir nur alle vier Jahre wählen dürfen. Dann aber Staatsverschuldung, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Atomkraftwerke, Bildungs- oder Gesundheitsreformen und vieles mehr hinten anzustellen, weil das Rauchverbot von entscheidender Bedeutung sein soll, wird meines Erachtens der Komplexität unserer Gesellschaft nicht gerecht. Aber vielleicht ist es gerade dieses Phänomen der Kaum-noch-Durchschaubarkeit, die Menschen zu übertriebener Scharz-Weiß-Sicht verleiten, bei Angelegenheiten, die vermeintlich so einleuchtend sind, dass man meint, auf lange Ausführungen verzichten zu können ;-)
Eine klare Trennung zwischen Nichtraucherbereich und Raucherbereich ist völlig in Ordnung und dies ist auch ohne Einschränkung der Freiheiten möglich. Dass aber in Gaststätten das Rauchen untersagt sein soll, befürworte ich nicht, weil die Entscheidung, ob ich rauche oder nicht, immer noch eine persönliche ist. Da auch Nichtraucher diese Entscheidung treffen können müssen, sollte eine Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich oder in Raucher- und Nichtraucher-Gaststätten Pflicht sein, kein Rauchverbot.
Verbote sind Ultima Ratio.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Berg