Frage an Axel Berg von Alice U. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Berg,
laut Kandidaten-Check geben Sie an, dass Sie "GRUNDSÄTZLICH ALLE gentechnisch veränderten Lebensmittel" (dazu zählt man auch Mais) ablehnen.
Da Sie bereits Mitglied des Bundestages sind, hat mich diesbezüglich Ihr Abstimmverhalten am 13.05.2009 zu dem Thema "Anbauverbot für Genmais" interessiert.
Nun bin ich doch sehr erstaunt!
Sie stimmten GEGEN diesen Antrag?!
Einzig die Linke und die Grünen waren für diesen Antrag.
Wo liegt nun der Fehler? Bei Kandidaten-Check oder in Ihrem Abstimmverhalten?
Ich werde wohl Ihre Antworten auf Kandidaten-Check, im Vergleich zu Ihrem Abstimmverhalten, genauer unter die Lupe nehmen müssen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
Mit freundlichem Gruß
A. Unser
P.S. Interessant fand ich auch Ihre Befürwortung der Diätenerhöhung am 16.11.2007. Nur schade, dass die Bürger in "nicht tarifgebundenen Betrieben" nicht selbst über ihre Gehaltserhöhungen abstimmen können.
Sehr geehrte Frau Unser,
vielen Dank für Ihre kritische Anmerkung zur Gentechnik und zum Anbauverbot von gentechnisch verändertem Mais in Deutschland.
Sie haben richtig bemerkt, dass ich gegen jeglichen Anbau von gentechnisch veränderten Lebensmitteln bin und dies auch bei der Abgeordnetenwatchbefragung angegeben habe. Dass Mais sowohl Futter- als auch Lebensmittel ist, ist mir bekannt. Und ich wende mich gegen den Anbau dieser gentechnisch veränderten Pflanzen. Nicht nur ich, sondern 80% der Bürger in Deutschland sprechen sich dagegen aus. Sie können das auf meiner Homepage auch nachlesen. Dort gibt es seit langem einen Artikel zu grüner Gentechnik http://www.axel-berg.de/gruene_gentechnik.htm .
Sie kritisieren meine Abstimmung zu einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Grüne vom 13. Mai dieses Jahres. Ich habe gegen diesen Antrag gestimmt, das können Sie im Protokoll der Plenardebatte nachschauen. Wenn Sie allerdings die Diskussion verfolgt hätten, dann wüssten Sie vermutlich auch warum. Die Diskussion am Anfang dieses Jahres drehte sich um den Anbau der gentechnisch manipulierten Maissorte Mon 810. Dieser sollte für den kommerziellen Anbau zugelassen werden. Dies wäre ein großer Rückschritt für den Verbraucherschutz gewesen und hätte dem Koalitionsvertrag widersprochen, in dem wir festgelegt haben, dass der Schutz von Mensch und Umwelt oberstes Ziel ist, gemäß dem Vorsorgegrundsatz. Die Grünen forderten in ihrem Antrag ein grundsätzliches Verbot von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, was ich inhaltlich unterstütze. Die Maissorte Mon 810 war allerdings das einzige zu kommerziellen Zwecken zugelassene gentechnisch-veränderter-Organismus (GVO)-Konstrukt.
Im April 2009 hat Ministerin Aigner den Anbau von Mon 810 untersagt, also einige Wochen vor der Abstimmung des Grünen-Antrags im Bundestag. Damit gab es also keine zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen zur kommerziellen Nutzung in Deutschland. Somit war der Anlass des Antrages obsolet. Wenn es keine zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen gibt, muss man diese nicht auch noch verbieten. Fast alle SPD-Mitglieder haben gegen den Antrag der Grünen gestimmt. Auch das können Sie im Protokoll der Plenarsitzung nachlesen. Einige haben eine persönliche Erklärung abgegeben, in der sie die grundsätzliche Haltung der SPD gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln noch einmal herausstellen. Dies befand ich in diesem Fall nicht für nötig, weil ich mich immer gegen gentechnisch manipulierte Pflanzen ausgesprochen habe und jeder dies auf meiner Homepage auch nachlesen kann. Unabhängig davon setzen sich die Verbraucherschutz- und Landwirtschaftspolitiker der SPD konsequent für eine Vorsorge- und Transparenzpolitik innerhalb der EU ein. Das findet meine volle Unterstützung.
Eigentlich ist der Abgeordnete ausschließlich seinem Gewissen verpflichtet. Allerdings kann man ohne klare Regeln keine Politik gestalten, daher gibt es eine Fraktionsdisziplin, die aufgehoben wird, wenn es sich bei Abstimmungen um Gewissensentscheidungen dreht. In diesem Fall war die Entscheidung keine Gewissensentscheidung, sondern reine Parteipolitik. Es gab schließlich keine GVO-Produkte für den kommerziellen Anbau, die hier verboten werden sollten. Also musste ich dem Antrag auch nicht zustimmen.
Dass die Grünen diesen Antrag nicht zurückzogen, sondern auch noch namentlich abstimmen ließen, ist reine Stimmungsmache. Mit namentlichen Abstimmungen zu wichtigen Themen, soll die Haltung von Parteien und Politikern dokumentiert werden. Das ist eigentlich richtig und auch ein wichtiges Instrument, vor allem für die Opposition. Wenn man sich die gesamte Debatte und die Erklärungen durchliest, macht dieses Instrument auch absolut Sinn. Wenn man sich allerdings nur die Kurzzusammenfassung bei Abgeordnetenwatch durchliest, ohne Zusammenhänge und Hintergründe, können diese Anträge Verwirrung stiften und man kann damit Politik machen. Genau das haben die ansonsten sehr geschätzten Grünen mit diesem Antrag getan. Wenn man nur diese Zusammenfassung liest und sich das Abstimmungsverhalten anschaut, könnte man behaupten, dass die SPD und ich mit ihr Verfechter der Gentechnik seien. Das ist natürlich Unfug, wenn man sich die Politik der SPD und meine Position genauer ansieht und sich ein wenig damit beschäftigt. Wir sind beide auf der Seite der Verbraucher und wollen Transparenz für alle Beteiligten. Aber vielleicht ist es gerade dieses Phänomen der Kaum-noch-Durchschaubarkeit, die Menschen zu übertriebener Schwarz-Weiß-Sicht verleiten, bei Angelegenheiten, die vermeintlich so einleuchtend sind, dass man meint, auf lange Ausführungen verzichten zu können und sich nur auf Kurzzusammenfassungen verlässt.
Sie können also sehen, dass ich auf Ihrer Seite bin und den Anbau von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ablehne. Warum ich diesen Antrag der Grünen, obwohl er inhaltlich meiner Position entspricht, abgelehnt habe, ist hoffentlich ebenfalls deutlich geworden. Sie können sich also ruhig die Antworten bei Abgeordnetenwatch anschauen und nachfragen, wenn Sie Zweifel haben, ob ich auch hinter meinen Positionen stehe. Die Gentechnik ist nicht das einzig spannende Feld. Hier ist eine Erklärung noch vermeintlich eindeutig. Das ist bei anderen Politikfeldern schon anders. Abgeordnetenwatch gibt uns Politikern beispielsweise genau 400 Zeichen, um den Afghanistan Einsatz zu erklären oder was wir von Inlandseinsätzen der Bundeswehr halten oder von einem Tempolimit von 130 Km/h auf Autobahnen. Da muss es fast zu Missverständnissen kommen. Wir haben jahrelang über diese Themen gestritten und diskutiert und dann wird man aufgefordert, komplexe Sachverhalte in Form von zwei SMS zu beantworten, die dann veröffentlicht werden und nach denen man be- oder verurteilt wird. Damit wird man den politischen Inhalten und uns Politikern einfach nicht gerecht. Schwarz-Weiss gibt es kaum noch im Fernsehen und gar nicht in der Politik. Dafür ist die Welt heute zu komplex.
Da kann ich gleich bei Ihrem Post Scriptum fortfahren. Sie sind selbstverständlich nicht die erste, die sich über Diätenerhöhungen von Politikern beschwert. Deswegen habe ich auf meiner Homepage auch eine Stellungnahme zu den Einkünften von Abgeordneten verfasst, die Sie unter http://www.axel-berg.de/d/stellungnahme_berg_zu_diaetenerhoehung_dezember_2007.pdf finden.
Ich kann verstehen, dass viele Aspekte der Politik Kritik hervorrufen. Dies passiert meines Erachtens aber häufig deshalb, weil nur Ausschnitte oder Ergebnisse diskutiert werden und niemals der ganze Prozess der Entstehung. Den Prozess zu verfolgen ist mühsam, aber notwendig, wenn man sich ein umfassendes Bild verschaffen möchte und abschließend über die Ergebnisse politischer Debatten urteilen möchte. Wenn Sie sich also ein umfassendes Bild meiner Politik und meiner Einstellungen machen möchten, besuchen Sie meine Homepage oder besuchen Sie mich persönlich am Berg-Bus, meinem mobilen Wahlkreisbüro, mit dem ich im Münchner Norden unterwegs bin. Die Termine finden Sie in der lokalen Presse oder ebenfalls auf meiner Homepage. Dort können Sie mit mir Debatten zu politischen Themen und auch zur Abgeordneten-Vergütung führen. Ich würde mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Berg