Frage an Astrid Freudenstein von Andreas R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Dr. Freudenstein,
ich schreibe Ihnen, da Sie Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sind.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft nur dadurch verbessert werden kann, wenn einzelne Teile der Gesellschaft (z.B. Frauen, Migranten, sexuelle Minderheiten, Alte) nicht das Gefühl haben, schlechter behandelt zu werden.
Eine Ausgrenzung erfolgt aber oft bei Bewerbung auf Arbeitsplätze. Jüngste Daten aus Kanada zeigen, dass Menschen mit einem asiatischen Nachnamen dort schlechtere Chancen haben, auf ein Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. (Quelle: https://www.weforum.org/agenda/2017/05/job-applications-resume-cv-name-descrimination/ ). Ähnliche Schlussfolgerungen lassen Ergebnisse zu, die der Spiegel veröffentlicht hat: Frauen mit türkischem Nachnamen werden hier seltener zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. (Quelle: http://www.spiegel.de/karriere/bewerbungen-muslimische-frauen-mit-kopftuch-haben-es-schwer-a-1113042.html ).
Meine Frage daher: Befasst sich die Bundesregierung mit dem Thema "anonyme Bewerbung"? Sind Gesetze in Planung, die die Einführung anonymer Bewerbungen, etwa über Online-Plattformen, die eine anonyme Bewerbung garantieren, ermöglichen? Solche Plattformen würden automatisch garantieren, dass Altersangaben, Namen und Fotos, die Rückschlüsse auf Alter, Herkunft und Gender zulassen, weggelassen werden. Wie Sie vielleicht wissen, gibt es in Frankreich mittlerweile Ideen für ein solches Vorhaben.
Mit freundlichen Gruessen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr Reichhardt,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 26. Mai 2017. Ich bin wie Sie der Meinung, dass in unserer Gesellschaft Diskriminierung - egal wann und wo - keinen Platz haben darf. Dies muss selbstverständlich auch für Bewerbungen bei potenziellen künftigen Arbeitgebern gelten.
Auch in der Bundesrepublik gibt es vergleichbare Studien zum Thema der anonymen oder pseudoanonymisierten Bewerbung. So hat bspw. die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein Pilotprojekt zum anonymisierten Bewerbungsverfahren durchgeführt. An diesem Pilotprojekt hat u. a. auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend teilgenommen. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter http://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Projekte/anonymisierte_bewerbungen/anonymisierte_bewerbungen_node.html .
Schon nach heutigem Recht können Arbeitgeber von der Möglichkeit eines anonymen Bewerbungsverfahrens Gebrauch machen. Unabhängig davon sind Arbeitgeber bei der Besetzung von Stellen an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gebunden. Demnach dürfen Beschäftigte und damit auch Bewerber bei der Stellenbesetzung nicht benachteiligt werden. Wenn der Bewerber beweisen kann, dass eine Benachteiligung vorliegt, trägt der Arbeitgeber zudem die Beweislast dafür, dass keine Diskriminierung vorgelegen hat.
Vor allem in Belgien, Kanada oder den USA sind anonymisierte Bewerbungen Standard. In Schweden gab es einen Modellversuch. Dass uns auch in Deutschland das Thema wichtig ist, beweist die Tatsache, dass wir die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eingerichtet haben, die sich u.a. mit dieser Thematik befasst.
Mit freundlichen Grüßen
Astrid Freudenstein, MdB