Frage an Astrid Freudenstein von Thomas Dr. Dr. S.
Sehr geehrte Frau Dr. Freudenstein,
ich bin einer der vielen treuen Wähler denen Sie Ihr Bundestagsmandat zu verdanken haben. Für mich ist es nicht verständlich, warum Sie für die Verhandlungen über erneute Finanzhilfen für Griechenland gestimmt haben. Vielleicht können Sie Ihrem Wähler Ihre Beweggründe mitteilen.
Mit freundlichen Grüßen aus Regensburg
Dr. Dr. Thomas Schüsselbauer
Sehr geehrter Herr Dr. Schüsselbauer,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich habe für Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland gestimmt, weil sie meiner Meinung nach die Möglichkeit einer akzeptablen Lösung bieten.
Aus Ihrer Anfrage geht leider nicht hervor, wie Sie sich das weitere Vorgehen vorstellen würden. Ich möchte aber versuchen, Ihnen zu erklären, warum unter den jetzigen Vorzeichen aus meiner Sicht ein anderes Abstimmungsverhalten kontraproduktiv gewesen wäre.
Wie Sie sicher wissen, ist ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum derzeit europarechtlich nicht möglich. Dafür wäre ein einhelliges Votum aller Euro-Länder nötig, das nicht vorliegt.
Was also wären die Alternativen gewesen? Das Mindeste, was man für ein EU-Land im Falle eines Staatsbankrotts leisten würde, sind humanitäre Hilfen. Ich halte in dem Fall ein Hilfspaket mit Reformzwängen für sinnvoller. Auch deshalb, weil damit schlichtweg die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher ist, dass Griechenland die Schulden wieder zurückzahlen kann.
Entscheidend für weitere Hilfen bleibt aber, dass die als notwendig erkannten Reformen nun endlich vorangebracht werden. Die reduzierte Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze, Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Nachhaltigkeit des Rentensystems, das Entlassen der griechischen Statistikbehörde in die Unabhängigkeit und die vollständige Umsetzung des europäischen Fiskalvertrages sind wichtige Punkte, die nun schon beschlossen wurden. Für ein etwaiges drittes Griechenlandprogramm sollen dann weitere grundlegende Reformen, wie zum Beispiel im Rentensystem und auf den Energiemärkten vorangebracht werden. So kann dem Land eine Perspektive gegeben werden, um Wirtschaftswachstum zu generieren und dadurch nicht dauerhaft über den eigenen Verhältnissen zu leben.
Zentral in einem etwaigen dritten Hilfspaket ist meiner Ansicht nach auch der von Bundesminister Schäuble vorgeschlagene Privatisierungsfonds. Er kann eine Wiedererlangung der Schuldentragfähigkeit unterstützen, die Sicherheiten der europäischen Steuerzahler erhöhen und die notwendigen Privatisierungsprozesse zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit griechischer Unternehmen beschleunigen.
Einer Daueralimentierung, bei der das Prinzip Solidarität gegen Eigenanstrengungen ausgehebelt wird, werde ich nicht zustimmen. Ich bin aber der Meinung, dass die Verhandlungen zu einem dritten Hilfsprogramm begonnen werden sollten und unter den skizzierten Voraussetzungen auch erfolgreich sein können – für Europa und für die deutschen Steuerzahler.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Astrid Freudenstein, MdB