Astrid Damerow
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CDU
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Frage von Andreas P. •

Frage an Astrid Damerow von Andreas P. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Warum haben Sie für eine Verlängerung der betäubungslosen Ferkel-Kastration gestimmt?

Astrid Damerow
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr P.,

Ihre Frage zum Thema „Fristverlängerung für die betäubungslose Ferkelkastration“ hat mich am 20. Dezember 2018 über die Onlineplattform „abgeordnetenwatch“ erreicht.

Gerne möchte ich Ihnen meine und die Entscheidung der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD ausführlicher erläutern:

Männliche Ferkel werden kastriert, um den stark urinhaltigen Ebergeruch beim Fleisch mancher Tiere zu vermeiden. Außerdem wird auf diese Weise das typische aggressive Verhalten von Ebern untereinander verhindert, welches zu erheblichen Verletzungen der Tiere untereinander führen kann. Das Tierschutzgesetz enthält für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen ein Betäubungsgebot. Dieses war bis zum 31. Dezember 2018 ausgesetzt. Inzwischen ist die Aussetzung um zwei Jahre vom deutschen Bundestag verlängert worden. Danach aber ist eine Ferkelkastration ohne Betäubung nicht mehr zulässig.

Welche Alternativen aber stehen gegenwärtig zur Verfügung? Es handelt sich um drei Verfahren: Dies sind erstens die Durchführung des Eingriffs unter (Voll-)Narkose, zweitens die Impfung gegen Ebergeruch und drittens die Jungebermast. Alle drei Verfahren weisen jedoch Nachteile auf, die bislang nicht ausgeräumt werden konnten.

Das für eine (Voll-)Narkose erforderliche Mittel namens Isofluran ist in Deutschland gerade erst im November 2018 zugelassen worden. Es fehlte jedoch bisher die entsprechende rechtliche Grundlage, damit ein Landwirt mittels Isofluran selber die Ferkel betäuben kann. Als diese gesetzliche Formulierung 2013 getroffen wurde, war dies aber nicht absehbar. Die arzneimittelrechtliche Zulassung von Isofluran hat sehr viel längere Zeit in Anspruch genommen. Deshalb brauchten die Landwirte, die nichts für diese Verzögerung können, die Verlängerung. Zudem fehlen bisher die notwendigen Narkosegeräte. Und es ist noch nicht geklärt, wie die Anwender vor gesundheitlichen Risiken geschützt werden können. Mit anderen Worten: Diese Methode steht für den flächendeckenden Einsatz noch nicht zur Verfügung.

Auch die Impfung bzw. die Ebermast stellen nach wie vor keine Alternativen dar. Hier mangelt es vor allem an der Akzeptanz bei Handel und Verbrauchern in Deutschland. Der Lebensmitteleinzelhandel nimmt derzeit Eberfleisch und geimpfte Tiere nur in sehr geringen Mengen ab. Eine Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe war somit unmöglich. Was aber wären die Folgen? Damit bliebe nur eine Kastration unter Vollnarkose durch den Tierarzt.

Gerade die kleineren Betriebe wären dadurch besonders betroffen. Denn diese müssten die erheblichen Mehrkosten tragen – im Gegensatz zu ihren ausländischen Nachbarn. Denn die Landwirte im europäischen Ausland müssen keinen Tierarzt für diesen Eingriff beauftragen. Diesen Wettbewerb können unsere Betriebe nicht bestehen. Damit würde die Ferkelerzeugung ins Ausland abwandern – in Länder mit niedrigeren Standards.

Denn: Auf die Tierschutzstandards im europäischen Ausland hat Deutschland keinen Einfluss, muss aber gemäß der Europäischen Warenverkehrsfreiheit die Einführung von Ferkeln aus anderen EU-Mitgliedstaaten dulden. Spanien, Polen, Dänemark und die Niederlande haben ihre Schweinebestände bereits aufgestockt und bieten ihre Tiere in Deutschland an.

Umfangreiche Tiertransporte von Ferkeln nach Deutschland wären die Folge. Dies wäre keinesfalls im Sinne des Staatsziels Tierschutz. Vielmehr würde mit millionenfachen Ferkeltransporten aus dem Ausland das genaue Gegenteil erreicht, wofür Sie sich einsetzen. Den Preis würden unsere Landwirte, die Tiere und wir alle als Verbraucher zahlen.

Meine Fraktion setzt daher gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) alles daran, tierschutzgerechte Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration zu beschleunigen. Auf diesem Weg brauchen die Tierhalter in Deutschland aber unsere Unterstützung. Deshalb wollen wir den Landwirten ermöglichen, die Betäubung durchzuführen. Dafür müssen die Landwirte dann einen Nachweis erbringen, dass sie sachkundig mit dem Betäubungsgerät und dem Medikament umgehen können. Hierzu benötigen wir jedoch noch Zeit, die wir mit einer Verlängerung der Übergangsfrist um zwei Jahre gewinnen konnten.

Darüber hinaus werden wir eine Aufklärungskampagne starten – mit dem Ziel, größere Akzeptanz für Schweinefleisch aus alternativen Methoden zu erzeugen. Es kommt entscheidend auf das Kaufverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher an, damit sich der Handel nicht verschließt. Denn am Ende wird auch an der Ladenkasse über das Tierwohl entschieden.

Ohne die beschlossene Übergangslösung stünden viele Betriebe in Deutschland vor dem Aus. Diesen Strukturbruch wollen wir verhindern – für die Höfe, die ländlichen Regionen, die Verbraucher und den Tierschutz. Ein Aus der Ferkelerzeugung in Deutschland ist nicht sachdienlich und wäre eine Steilvorlage für die Produktion in Ländern mit niedrigeren Standards. Die vereinbarte Übergangsfrist verschafft den Betrieben Luft zum Atmen. Klar ist aber auch: Alle Verantwortlichen müssen die nächsten beiden Jahre nutzen, um im Sinne des Tierwohls an praktikablen, wissenschaftlich fundierten und marktgängigen Alternativverfahren zu arbeiten. Hierfür müssen jetzt alle zuständigen Akteure eng zusammenwirken – ob in Politik, Wirtschaft, Verwaltung oder Wissenschaft. Dies ist sowohl im Sinne unseres Bekenntnisses zu einer zukunftsfähigen, flächendeckenden Landwirtschaft in Deutschland, als auch im Sinne des Tierschutzes.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Beweggründe näher bringen.

Mit freundlichen Grüßen,
Astrid Damerow

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