Frage an Arvid Bell von Sami H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Arvid Bell,
nach dem 11.September sind alle Muslime in einer Nacht zu Tätern geworden. Die Moscheen werden ohne Grund durchsucht und Frauen müssen das Kopftuch ablegen, wenn sie in unserer Gesellschaft was leisten und als Lehrerinnen arbeiten wollen.
Was gedenken Sie dagegen zu tun?
Mit freundlichen Grüßen
Sami Hallous
Sehr geehrter Herr Hallous,
vielen Dank für Ihre Frage.
In der Tat beobachten wir seit den schrecklichen Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 eine einseitige Schuldzuweisung in Bezug auf „den Islam“. Die Rhetorik von US-Präsident Bush, der kurz nach den Anschlägen von einem „Kreuzzug gegen das Böse“ sprach, heizen diesen Konflikt in verantwortungsloser Weise weiter an und man hat fast den traurigen Eindruck, dass sich Samuel Huntingtons These vom „Kampf der Kulturen“ bewahrheitet.
Wir werden aber den Terrorismus nur dann bekämpfen können und als AnhängerInnen verschiedener Religionen nur dann friedlich miteinander leben können, wenn wir in Menschen anderen Glaubens keine Feinde sehen, sondern erkennen, dass sowohl die Mehrheit der Christen, als auch die Mehrheit der Moslems, aus ihrer Religion nicht den Aufruf zum Hass gegen Andersgläubige ableitet, sondern den Einsatz für Frieden und Solidarität.
Keine Religion kann die Attentate vom 11. September rechtfertigen, keine Religion kann die Angriffe der USA auf Afghanistan rechtfertigen und keine Religion kann die Attentate palästinensischer Extremisten auf israelische Zivilisten rechtfertigen.
In Deutschland dürfen wir angesichts der Befürchtung, es könnte auch bei uns zu einem Terroranschlag kommen, nicht in Hysterie verfallen. Moscheen sind keine Terroristencamps und grundlose Durchsuchungen, die Sie ansprechen, wären gesetzeswidrig. Hier muss die Politik verstärkt den Dialog zwischen den islamischen Gemeinden und den andersgläubigen Deutschen fördern, um Vorurteile abzubauen.
In Bezug auf das von Ihnen angesprochene Kopftuchverbot bin ich der Auffassung, dass es keine Bevorzugung einer bestimmten Religion geben darf. Eine Diskriminierung muslimischer Frauen, die als Lehrerinnen arbeiten, darf es nicht geben. Anderseits gibt es auch Frauen, die das Kopftuch nicht freiwillig tragen. Das Land, das hier gesetzliche Regulierungen schafft, bewegt sich auf einem sehr schmalen Grad. Da sich aber seit Jahren muslimische PolitikerInnen bei Bündnis 90/Die Grünen engagieren und sich in den Landtagen, im Bundestag und im Europaparlament für das Miteinander der Kulturen und Religionen engagieren, können Sie sicher sein, dass unsere Partei jeder Form von Angstmacherei auf Kosten unserer muslimischen MitbürgerInnen entschlossen entgegentritt.
Mit freundlichen Grüßen,
Arvid Bell