Frage an Arnold Vaatz von Frank S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Seehr geehrter Herr Vaatz
bezugnehmend auf Ihre Tätigkeit im Ausschuß für Menscherechte habe ich an Sie einige Fragen. In der Ausgabe der Sächsischen Zeitung vom 19.03.09 werden in einem Artikel Menscherechtsverletzungen - oder nennen wir es Kriegsverbrechen - der israel. Armee im Gaza-Krieg dargelegt.
Ist Ihnen solch ein Verhalten der israel. Armee im aktuellen Gaza-Krieg bekannt? Wenn ja, warum wird hierzu seitens der Bundesregierung keine Stellung bezogen?
Warum investiert die Bundesregierung in diese Kriesenregion Millionen zum Wiederaufbau?
Warum wird nicht auch die israel. Regierung in die Pflicht genommen um diesen Dauerbrandherd zu beseitigen?
Ich bin kein Feind Israels, aber was wahr ist muss wahr bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Scholz
Sehr geehrter Herr Scholz,
vielen Dank für Ihre e-mail zur Situation im Gazastreifen. Über das Verhalten der israelischen Armee habe ich keine Informationen erhalten, die über die Berichterstattung der Medien hinausgehen.
Der Deutsche Bundestag hat mit einer aktuellen Stunde auf die militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas reagiert und dabei die Verfehlungen der israelischen Armee kritisiert und der Zivilbevölkerung im Gazastreifen schnelle humanitäre Hilfe zugesagt. Deutschland wird sich im Rahmen der internationalen Geberkonferenz mit 150 Millionen an der Beseitigung der Kriegszerstörungen beteiligen. Dieses Geld für den Wiederaufbau darf aber erst dann fließen, wenn ein tragfähiger Waffenstillstand vereinbart worden ist und ein ordnungsgemäßer Einsatz der Gelder ohne Korruption möglich ist.
Wo es Anhaltspunkte für Kriegsverbrechen gibt, muß selbstverständlich eine entsprechende Untersuchung stattfinden und gegebenenfalls erwiesene Schuld gesühnt werden.
Allerdings muss in die Gesamtbewertung der Lage auch das Verhalten der Hamas einbezogen werden. Die Hamas hat zunächst mit drakonischen, rechtsstaatlichen Prinzipien hohnsprechenden Mitteln einen Machtkampf mit der Fatah ausgetragen. Politische Gegner wurden zum Beispiel ausgeschaltet, indem man ihnen zunächst die Kniescheibe zerschoss und sie dann aus ungefähr zehn Metern Höhe in den Tod stürzte. Jede dieser Taten war ein schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Demokratie. Sodann griff die Hamas mit Raketen über Jahre hinweg zivile Ziele in Israel an. Jede dieser Taten war ein Kriegsverbrechen.
Es verwundert immer wieder, mit welcher Selbstverständlichkeit die Aktivitäten der Hamas im politischen Diskurs außer Betracht bleiben und wie wenig der Frage nachgegangen wird, mit welchen Mitteln sich Israel dem Vernichtungswillen seiner Gegner widersetzen soll. Und wenn derartige Ratschläge aus Europa erteilt und von Israel befolgt werden – wie seinerzeit im Fall des Rückzugs aus dem Südlibanon – wird nicht zur Kenntnis genommen, dass das Zurückweichen der Israelis den Unfrieden nicht beseitigt sondern verschärft hat.
Mit freundlichem Gruß
Arnold Vaatz