Frage an Arnold Vaatz von Martin S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Vaatz,
in Ihrer Antwort auf die Frage Herrn Keydels vom 19.12.2007 bezüglich der Bindung von Ländern und Gemeinden an UNESCO-Beschlüsse führten Sie aus, dass keine innerstaatliche Transformation und somit keine Bindung der untergeordneten Gebietskörperschaften an die Welterbekonvention existiere.
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung äußerte sich am 28.03.2008 im Auftrag der Bundeskanzlerin Frau Merkel wie folgt zum Sachverhalt:
"[...] Die Frage der innerstaatlichen Bindungswirkung der UNESCO-Welterbekonvention hat die Bundesregierung kürzlich in einem Gutachten klären lassen. Danach ist die UNESCO-Welterbekonvention bereits wirksam in innerstaatliches Recht übertragen worden und bindet alle staatlichen Ebenen in Deutschland - Bund, Länder und Gemeinden - gleichermaßen. Die Welterbekonvention ist 1976 gemäß den Regelungen der so genannten „Lindauer Absprache“ ratifiziert worden, d.h. die Länder haben damals ihr Einverständnis zum Abschluss der Konvention gegeben. Damit sind auch die Länder, die sich ja in den vergangenen 32 Jahren in vielen Fällen aktiv und erfolgreich um Aufnahme in die Welterbeliste bemüht haben, an die Welterbekonvention gebunden. Ein zusätzliches Bundesgesetz ist aus Sicht der Bundesregierung für eine innerstaatliche Bindungswirkung der Konvention nicht erforderlich. [...]"
Wie stehen Sie zu dieser gegenteiligen Auffassung und den resultierenden Konsequenzen für die Rechtmäßigkeit des Baus der Dresdner Waldschlösschenbrücke?
Mit freundlichen Grüßen
Martin Schulze
Sehr geehrter Herr Schulze,
vielen Dank für Ihre e-mail über abgeordnetenwatch.de zur Waldschlößchenbrücke in Dresden.
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat im Namen der Kanzlerin zum Ausdruck gebracht, dass eine Aberkennung des Welterbetitels für das Dresdner Elbtal das Ansehen Deutschlands erheblich beeinträchtigen würde, betonte aber zugleich, dass die Entscheidungskompetenz bei der Landeshauptstadt Dresden und dem Freistaat Sachsen liegt.
Die Aussage der Zuständigkeit ist richtig. Die andere Aussage teile ich nicht, da ich die derzeitige Situation um die Waldschlößchenbrücke anderes interpretiere. Meiner Meinung nach wäre das Ansehen Deutschlands erheblich beeinträchtig, wenn es den willkürlichen Entscheidungen internationaler Organisationen hilflos ausgeliefert wäre.
Im vorliegenden Fall hat die UNESCO in voller Kenntnis der bestehenden rechtkräftig beschlossenen Bauabsicht den Titel verliehen, um dann infolge politischer Einflussnahme durch eine demokratisch unterlegene Minderheit mit dem Entzug des Titels zu drohen. Sollte dies tatsächlich den Bau der Waldschlößchenbrücke verhindern, ginge damit ein Souveränitätsverlust demokratischer Institutionen einher, der unabsehbare Folgen für Deutschland hätte.
In rechtlicher Hinsicht hat sich nichts verändert. Ein Bürgerentscheid als Ausdruck basisdemokratischer Willensbildung steht über der innerstaatlichen Bindungswirkung der Welterbekonvention. Dem Bau der Waldschlößchenbrücke stehen keine völkervertraglichen Verpflichtungen der Welterbekonvention entgegen. Oder anders ausgedrückt: Der Bau der Waldschlößchenbrücke stellt keine Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung dar. Diese Feststellung ist von mehreren Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Auch wenn mit dem Einverständnis der Bundesländer zum Abschluss der Welterbekonvention diese dann auch daran gebunden sind, bleibt festzuhalten, dass es in Sachsen nach wie vor keine gesetzliche Grundlage gibt, die der Welterbekonvention mehr Gewicht einräumen als einem durch die Bürger selbst initiierten Bürgerentscheid. Hinzu kommt, dass das Dresdner Elbtal als eine „sich entwickelnde Kulturlandschaft“ aufgenommen wurde.
Mit freundlichem Gruß
Arnold Vaatz