Frage an Arnold Vaatz von A. E. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Vaatz,
bezüglich meiner Anfrage, teilten Sie mir mit, dass die Auflösung des Parteiensystem schon zweimal in den letzten Jahrzehnten stattgefunden habe und sie mir freundlicherweise entsprechende Literaturangaben machen würden.
Wann haben derartige Ereignisse stattgefunden und wo finden wir entsprechende Verweise?
Welche Erkenntnisse und Konsequenzen ergaben bzw. ergeben sich in Folge?
Warum sollte eine derartige Vision schlechter sein als das Bestehende?
Warum verteidigen Sie so vehement Ihre Position? Meinungspluralisierung und Widerstreit zu bestehenden Modellen sind doch im Grunde nach die Basis, der Motor der Demokratie, denn ohne diese besteht kein Unterschied der eine Wahlentscheidung begründet. – Also was spricht dagegen? Die Zeiten, wo man auch in Ihrem „ehemaligen politischen Umfeld“ nach dem Grundsatz, „die Partei hat immer Recht“ führte, sind glücklicherweise beseitigt. Sie sollten es schon akzeptieren, dass sich der „mündige Bürger von Nebenan“ einmischt, sich Gedanken um die Zukunft dieses, seines Landes macht und für manch „Volksvertreter“ oder „Kandidaten“ auch mal unbequeme Themen zur Diskussion stellt. Oder liegen wir mit dieser Vermutung völlig daneben? Bedenklich stimmt mich, wenn kritische Fragen bzw. Gedanken offenbar als persönlicher Affront gesehen werden und der Fragende zynischen Vergleichen ausgesetzt wird. „Wer solche kraftvollen Worte gegen die Parteien und die politische Realität in Deutschland schwingt… „ Diese recht abwertende Formulierung ist für mich Ausdruck dafür, wie wichtig Ihnen die Meinung der Leute ist, die zu vertreten Sie sich vorgenommen haben.
Liest man das Ihre, und teilweise auch die Inhalte andere Programme, kann einem schon der Appetit vergehen, besonders dann, wenn man nur zwischen weissen Schaum und grauen Schaum wählen darf. Auch eine Speisekarte verfehlt ihren Sinn, wenn zehnmal das gleiche Menü aufgeführt ist. Warum wählen, wenn es nichts zu wählen gibt? Die viel beschworene Meinungsvielfalt, die vom Parlament ohnehin noch nie reflektiert wurde, verabschiedet sich durch die „Absprachen“ der Parteikonzepte nun auch noch offiziell.
In einem gebe ich Ihnen allerdings Recht. Es gibt eine Reihe von Ländern, in denen es den Menschen tatsächlich wesentlich schlechter geht als hierzulande. Allerdings erscheint es mir sehr fragwürdig, mich an schlechteren Beispielen bzw. Vergleichen zu orientieren.
Wird es nach Ihrem Ermessen nach bei einem Wahlsieg der CDU/CSU einen gravierenden Vorwärtsschub nach vorn geben?
In Erwartung einer Antwort verbleibend,
mit freundlichem Gruss
A.Eichhorn
Seht geehrte oder sehr geehrter Herr Eichhorn,
Als Literatur zu den genannten Ereignissen darf ich Sie z.B. hinweisen auf ISBN 3-88680-500-X, Hans-Ulrich Thamer "Verführung und Gewalt" und Adolf M. Birke "Nation ohne Haus" - Beides im Siedler-Verlag.
Zu Ihren Detailfragen: Das Parteiensystem der Weimarer Republik war mindestens nach dem sog. Ermächtigungsgesetz aufgelöst. Daran schloß sich ein verbrecherischer Regime an, das über Deutschland und Europa durch seine Aggressivität anderen Völkern und als minderwertig angesehenen Rassen gegenüber etwa 50 Mio Tote zu verantworten hat.
Das Parteiensystem war zum wiederholten Male aufgelöst, als sich in der sowjetisch besetzten Zone zeigte, daß sich mit der Bildung der Nationalen Front die Gleichsschaltung aller Parteien und die Vorlage sogenannter Einheitslisten für Wahlen verband. Daran schloß sich ein verbrecherisches Regime an, daß etwa 1.500 - 2.000 Menschen ermordet hat, weitere etwa 200.000 Menschen aus Gründen in Haft gehalten hat, die in einem Rechtsstaat nicht strafbar sind und etwa (in dier Zeit Neugeborene und Gestorbene zur durchschnittlichen Einwohnerzahl addiert) 25 Millionen Menschen auf dem beherrschten Territorium gewaltsam über 28 Jahre festgehalten hat.
Beide Regime möchte ich nicht zurück. "Visionen" dieser Art möchte ich nicht umsetzen. Daß sich irgendwo auf der Welt ein Staat, der kein Mehrparteiensystem zuläßt, gegenüber dem unseren Vorzuziehen wäre, sehe ich nicht.
Freilich ist Meinungsstreit der Motor der Demokratie. Aber dazu gehört doch wohl, daß man seine Meinung vertreten darf, oder? Nichts anderes tue ich. Ist Ihnen das schon zu viel?
Was Sie mit der Bemerkung, ich führte Wahlkampf nach dem Grundsatz "die Partei hat immer recht" meinen, weiß ich nicht. Ich war kein Mitglied der Partei, die diesen Grundsatz vertreten und seine Akzeptanz mit Gewalt durchgesetzt hat. Ich habe mich dieser Partei unter Gefahren für meine eigene körperliche Unversehrtheit widersetzt.
Die Anführungszeichen in die Sie die Worte "Kandidaten" und "Volksvertreter" setzen, können Sie ruhig weglassen. Um Kandidat zu werden haben ich mich einem demokratischen innerparteilichen Wahlverfahren gestellt, bei der jedes Mitglied meiner Partei die Möglichkeit hatte, gegen mich zu kandidieren. Um Volksvertreter zu werden habe ich mich 2002 einer freien und geheimen allgemeinen Wahl gestellt, in der ich mit einer relatgiven Mehrheit von etwa 10 Prozenz gegen den nächstplatzierten Kandidaten mit diesem Mandat beauftragt wurde. Sie sehen also: Ich habe mich stets mit Name und Vorname für meine politischen Überzeugungen eingesetzt und auch niemals bei elektronischen Streitgesprächen vermieden, meinen Vornamen preiszugeben, um ein wenig anonymer zu sein.
Ich habe mir nicht vorgenommen, jedermanns Meinung zu vertreten und dies erst recht nicht Ihnen in Bezug auf Ihre Meinung versprochen. Was soll ich tun, wenn ich Ihre Vorstellungen und politischen Auffassungen nun einmal nicht teile? Ich verwehre Ihnen doch damit nicht, Ihre Überlegungen zu vertreten und sich meinethalben mit ihnen zur Wahl zu stellen. Ich halte sie nur für Irrtümer. Das darf man doch wohl noch? Im übrigen vertrete ich in politischen Alltag meine Überzeugung. Diese stelle ich dem Wähler vor und biete meinen politischen Einsatz für die von mir vertretenen Thesen an. Wenn eine relative Mehrheit will, daß ich dies in ihrem Auftrag tue, dann habe ich deren Mandat und versuche es so gut wie möglich wahrzunehmen.
Sie schreiben mir, daß ihnen beim Lesen bestimmter Wahlprogramme der Appetit vergeht. Aber Wahlprogramme sind nichts zum essen, sondern etwas zum lesen; und es sind auch keine Spiesekarten, sondern Einladungen zu gemeinsamer Arbeit an der Zukunft dieses Landes.
In der Tat glaube ich, daß eine CDU/CSU/FDP-geführte Bundesregierung ein enormer Schritt nach vorn wäre und davon ein neues Klima des Aufbruchs in unserem Land ausgehen könnte. Innerhalb des demokratischen Parteiensystems selbstverständlich.
Mit Grüßen Arnold Vaatz