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Arnold Vaatz
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Frage von Thomas F. •

Frage an Arnold Vaatz von Thomas F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Vaatz,

bereits vor Einführung der Gemeinschaftswährung "Euro" warnten Fachleute vor den massiven Verwerfungen innerhalb der EU. Doch die Politiker, welche sich für zu intelligent hielten, daß sie meinten, den Souverain nicht befragen zu müssen, wußten es besser. Heute sind genau die Zustände eingetreten, vor welchen Hankel, Starbatty, Schachtschneider, Nölling und Gauweiler warnten (um nur einige zu nennen). Das Märchen von der stabilen Währung, Frieden und Wohlstand für alle hat sich erledigt. Wie weit wollen Sie noch gehen, um eine ungewollte und ungeliebte Währung zu retten? Würden Sie hierfür das deutsche Volk in Regress nehmen? Hat eine Währung dem Menschen oder der Mensch der Währung zu dienen?

Viele Grüße

Thomas Fischer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fischer,

der Begründung meines Abstimmungsverhaltens zum erweiterten Eurorettungsschirm (EFSF) stelle ich folgende Fakten voran:

Es war die christlich-liberale Regierung von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und seinem Finanzminister Dr. Theo Waigel, die im Maastrichter Vertrag von 1992 die Konvergenzkriterien ausgehandelt hat und auf dem Dubliner EG-Gipfeltreffen 1996 dafür sorgte, dass die Mitgliedsstaaten auch nach der Euroeinführung die Höhe ihres jährlichen Haushaltsdefizits auf 3% ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60% ihres BIPs begrenzen müssen. Aus heutiger Sicht ist dazu kritisch anzumerken, dass keine Regelungen für die mögliche Insolvenz eines Eurostaates geschaffen wurde. Vielmehr gingen die Beteiligten davon aus, dass schon jeder Staat selbst vernünftig für seine Finanzen sorgen würde und begnügten sich daher mit der sogenannten Nichtbeistandsklausel (No-Bail-out). Nicht bedacht wurden die Auswirkungen, die von einem Schuldensünder für die Staaten des gesamten Eurowährungsraums ausgehen. Außerdem wurde kein Sanktionsautomatismus bei Verstoß gegen die Konvergenzkriterien festgelegt. Bewusstes Fehlverhalten zum Schaden Deutschlands kam dann unter Bundeskanzler Schröder. Rot-Grün stimmte 2001 der Aufnahme Griechenlands in die Währungsunion zu, obwohl die Griechen bekanntermaßen geschönte Statistiken vorlegten und nicht die Konvergenzkriterien erfüllten. 2002 und 2003 verstieß die rot-grüne Regierung selbst gegen die Defizitgrenzen. Gemeinsam mit Frankreich, dass auch die Defizitlatte gerissen hatte, wurde der von der Regierung Kohl/Waigel ausgehandelte Sanktionsmechanismus komplett außer Kraft gesetzt. Andere Eurostaaten folgten diesem schlechten Beispiel.

Und was will Rot-Grün heute? Sie wollen möglichst schnell und aus falsch verstandener Solidarität Eurobonds einführen. Auch wenn das mit gewissen Bedingungen verknüpft sein soll, wäre es der direkte und sofortige Weg in die Transferunion. Die Waigelsche No-Bail-out-Klausel würde damit dauerhaft beerdigt. Solch einer Lösung verweigere ich meine Zustimmung. Sie wäre aber in Europa mit einer rot-grünen Bundesregierung eine politisch ernstzunehmende Alternative. Deshalb habe ich mich für das geringere Übel entschieden und am 29.09.2011 dem erweiterten Eurorettungsschirm EFSF zugestimmt, nicht zuletzt um unsere christlich-liberale Koalition nicht zu gefährden und Schlimmeres zu verhindern.

Als detaillierte Begründung meines Abstimmungsverhaltens folgt nun meine entsprechende Erklärung nach § 31 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages:

„Der Haushaltsausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung vom 22.09.2011 (Drucksache 17/7067) den Mitgliedern des Deutschen Bundestages empfohlen, den Antrag der Fraktion CDU/CSU und FDP „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ (Drucksache 17/6916) in geänderter Fassung anzunehmen. Ich folge dieser Empfehlung.

Meine Zustimmung zur vorgenannten Beschlussempfehlung verknüpfe ich mit folgender persönlicher Erklärung:

Die Ertüchtigung und Flexibilisierung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) ist zwar notwendig, um die konkrete Gefahr einer ungeordneten Insolvenz Griechenlands und die möglichen Zuspitzungen von Zahlungsschwierigkeiten auch anderer Krisenländer ohne weitere Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) zu gewährleisten. Diese Befugniserweiterung reicht aber nicht aus, um die Krise dauerhaft einzudämmen.

Die Unabhängigkeit der EZB ist gegeben. Dennoch kam es – und kommt es noch immer – zu Anleihekäufen durch die EZB, die dadurch bereits beträchtliche Risiken in ihre Bücher genommen hat. Es ist sehr zweifelhaft, ob die EZB dafür die notwendige Legitimation besitzt, da letztlich die einzelnen Nationalstaaten entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dafür haften. Die Gefahr besteht, dass die EZB auch nach Ertüchtigung der EFSF an ihrer Politik festhält und dass sich dieser ordnungspolitische Sündenfall insbesondere auf Kosten Deutschlands perpetuiert. Daher ist es zwingend notwendig, der EZB die Grundlage für weitere Anleihekäufe zu entziehen, ohne ihre Unabhängigkeit anzutasten. Dies sollte durch zweierlei Maßnahmen geschehen:

- Die Zielformulierung der Zentralbankpolitik muss sich ausschließlich auf die Gewährleistung der Preisstabilität reduzieren. Die Erfolgsgeschichte der Deutschen Bundesbank lässt sich insbesondere darauf zurückführen.

- Die Stimmrechte im EZB-Zentralbankrat sind nach Kapitalanteilen zu gewichten. Andernfalls besteht weiterhin die Gefahr, dass die Länder, die insbesondere für risikoreiche Anleihen haften, von kleineren Ländern überstimmt werden und weiterhin Risiken auf Deutschland und andere kapitalstarke Staaten abgewälzt werden.

Beides macht eine Änderung der Satzung der EZB dringend erforderlich.

Zudem sind mögliche Regeln einer geordneten Insolvenz eines Staates auszuloten. Diese müssen einen automatischen Schuldenschnitt unter Beteiligung privater Gläubiger beinhalten, sobald ein Staat über eine bestimmte Zeit hinaus nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen.

Den derzeitigen Gefahren für die Realwirtschaft, die mit möglichen Insolvenzen von Banken einhergehen, müssen wir entschieden entgegentreten. Kurzfristig sollte das durch höhere Eigenkapitalquoten geschehen. Mittelfristig ist es notwendig, so genannte „systemrelevante“ Banken in kleinere Institute zu zerschlagen, so dass diese einzeln insolvent gehen können, ohne die gesamte Realwirtschaft mitzureißen.

Diese Forderungen stellen nichts anderes als eine Rückkehr zu grundlegenden Prinzipien der Begründer der Sozialen Marktwirtschaft dar. Insbesondere das Primat der Währungspolitik wurde missachtet und das Prinzip der Haftung grob verletzt. Unter der Voraussetzung, dass die Wiederherstellung dieser Prinzipien eisern verfolgt wird, stimme ich für den Gesetzentwurf. Ich bin zuversichtlich, dass dieser Weg von der Koalition weiter verfolgt wird.“

Mit freundlichem Gruß
Arnold Vaatz