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Armin Schuster
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Frage von Philipp S. •

Frage an Armin Schuster von Philipp S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Was ist ihre Meinung zum Brexit?

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Brexit.
Ich begrüße das von Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der EU 27 im November 2018 indossierte Austrittsabkommen und die gebilligte politische Erklärung über das zukünftige Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union.
Der Brexit kennt keine Gewinner sondern nur Verlierer. Das gilt sowohl für die EU als auch für Großbritannien. Aber wir sind erleichtert über die erzielte Einigung, die einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU ermöglicht und die Chance für eine möglichst enge Partnerschaft für die Zukunft schafft.
Zuerst einmal ist es mir wichtig zu betonen, dass die vorliegende Einigung ein fairer Kompromiss ist. Und das für beide Seiten. Das Ergebnis ist zum einen das 585 Seiten lange Austrittsabkommen. Es regelt die Modalitäten des Austritts des Vereinigten Königreiches. Darunter fallen auch einige Punkte, die uns besonders wichtig waren: z.B. werden die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger, die in Großbritannien leben, geschützt und die finanziellen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs geregelt.
Das Austrittsabkommen sichert zum anderen die offene Grenze zwischen Nordirland und Irland – und damit auch den vor 20 Jahren mühsam errungenen Frieden in Nordirland. Die gefundene Auffanglösung („Backstop“) in Form einer Zollunion zwischen dem gesamten Vereinigten Königreich und der EU plus Binnenmarkt-Sonderregelungen für Nordirland bewahrt gleichzeitig die Integrität des Binnenmarktes als Fundament der Europäischen Union. Das Protokoll zur Zollunion enthält dabei umfangreiche sog. „Level-Playing-Field“-Vorschriften in den Bereichen staatliche Beihilfen, Wettbewerbsrecht, Steuern, Umwelt, Sozial-/Arbeitsstandards, um unfaire Wettbewerbsvorteile für Großbritannien zu verhindern. Gemeinsames Ziel ist dabei, dass diese Auffangregel gar nicht erst zur Anwendung kommen muss: indem es gelingt, eine künftige Wirtschaftspartnerschaft zu vereinbaren, die das Ziel einer offenen Grenze ebenso garantiert.
Für die Überwachung und Umsetzung des Abkommens ist im Einklang mit den Leitlinien des Europäischen Rates für den Europäischen Gerichtshof eine wichtige Rolle vorgesehen. Zudem verschaffen wir uns durch die Vereinbarung einer Übergangsphase bis Ende 2020 (einmalig um bis zu zwei Jahre verlängerbar) Zeit für die Verhandlungen der künftigen Beziehungen. Das gibt insbesondere der Wirtschaft wichtige Planungssicherheit.
Diese Übergangsphase soll genutzt werden, um die Vereinbarungen zu den künftigen Beziehungen formell auszuhandeln, wenn der Austritt erfolgt ist. Hierbei werden wir uns auf die Politische Erklärung zum zukünftigen Verhältnis stützen können, die neben dem Austrittsabkommen vereinbart wurde. Diese Erklärung sieht im Kern der künftigen Partnerschaft eine Wirtschafts- und eine Sicherheitspartnerschaft vor.
Im wirtschaftlichen Bereich ist das Ziel eine weitreichende Partnerschaft: durch Schaffung einer Freihandelszone ohne Zölle und Quoten, untermauert mit Garantien für faire Wettbewerbsbedingungen sowie eine tiefgehende regulatorische und Zollkooperation. Dabei stellt die Erklärung klar, wie es die EU27 immer betont haben, dass es einen vollkommen reibungslosen Handel nur innerhalb des Binnenmarktes geben kann.
In der Sicherheitspartnerschaft ist das Ziel eine umfassende, enge und auf Reziprozität basierende Kooperation im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit. Durch effektiven Datenaustausch und Kooperation im Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung werden wir auch weiterhin die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Besonders wichtig ist für uns, dass es außerdem weiterhin eine möglichst enge Zusammenarbeit in der Außenpolitik geben wird. Das Vereinigte Königreich bleibt Teil unserer europäischen Wertegemeinschaft, und dieses Europa steht vor immensen Bewährungsproben: so die Konflikte in unserer Nachbarschaft, die Verteidigung unserer liberalen, offenen Gesellschaftsordnungen, die Zukunft der transatlantischen Beziehungen, unser Umgang mit Russland oder China, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus oder die Bedrohungen für unsere innere Sicherheit. Vor diesem Hintergrund brauchen wir auch künftig eine möglichst enge außen- und sicherheitspolitische Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich.
Zu Gibraltar hat der Europäische Rat unterstrichen, dass der Austrittsvertrag keine territoriale Präjudizwirkung für das künftige Verhältnis entfaltet. Das Vereinigte Königreich hat diese Interpretation in einer eigenen Erklärung bestätigt. Insbesondere hat der Europäische Rat zu 27 festgehalten, dass Gibraltar nicht in den territorialen Anwendungsbereich künftiger EU-GBR Abkommen einbezogen sein wird. Es kann aber separate Abkommen im Hinblick auf Gibraltar geben, die einer vorherigen Zustimmung von Spanien bedürfen.
Die Europäische Kommission wird nun Vorschläge für Ratsbeschlüsse über die Unterzeichnung und den Abschluss des Austrittsabkommens vorlegen. Nachdem der Rat für Allgemeine Angelegenheiten (im Art. 50 Format) seine Autorisierung für die Unterzeichnung des Austrittsabkommens gegeben hat, wird es dem Europäischen Parlament zur Einleitung des Zustimmungsverfahrens weitergeleitet.
Nichtsdestotrotz müssen wir mit Blick auf diese Unwägbarkeiten unsere Planungen für den Austritt und insbesondere den Fall vorantreiben, dass das Vereinigte Königreich am Ende doch ohne ein Austrittsabkommen aus der EU austritt. Ein solches Szenario würde ich sehr bedauern.

Ich bedanke mich für Ihre Frage und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Armin Schuster MdB