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Frage von Dr. Lienhard W. •

Frage an Armin Schuster von Dr. Lienhard W. bezüglich Recht

Fachleute sagen, um organisierte Kriminalität, z. B. von arabischen Clans in Berlin, zu bekämpfen: „Wir brauchen eine BEWEISLASTUMKEHR, wie in Italien. Dort müssen nicht die Ermittler nachweisen, dass das Geld aus illegalen Geschäften stammt, sondern der Verdächtige, dass es aus legalen Quellen kommt.“
Warum konnte die Koalition von CDU/CSU und SPD sich nicht dazu durchringen, beim Aufspüren kriminell erworbener Vermögen die Beweislastumkehr einzuführen? Wie stehen Sie als Mitglied des Innenausschusses zu diesem Thema?

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Sehr geehrter Herr Dr. W.,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12. September, in der Sie eine Beweislastumkehr bei der Aufspürung kriminell erworbener Vermögen, insbesondere im Kontext organisierter Kriminalität, fordern.

Die organisierte Kriminalität, gerade in ihrer Ausprägung der Clankriminalität, stellt eine der wohl zentralsten Herausforderungen der derzeitigen Straf- und Sicherheitspolitik dar, an der in vielerlei Richtungen gearbeitet wird. Das Bundeskriminalamt beobachtet eine immer stärkere Vernetzung Krimineller, die sich insbesondere in der Einbruchs- und Rauschmittelkriminalität betätigen und immer umfangreichere Strukturen und Paralleljustizen ausformen. Vor diesem Hintergrund wird fortlaufend an Strategien gearbeitet, die Bildung neuer krimineller Clans frühzeitig zu erkennen und erforderliche Gegenmaßnahmen zu ergreifen; als ein positives Beispiel lässt sich der Schlag der Ermittlungsbehörden in Berlin gegen eine arabische Großfamilie im vergangenen Juli aufführen, bei dem 77 Immobilien im Gesamtwert von rund 9,3 Millionen Euro mit dem Vorwurf der Geldwäsche vorläufig beschlagnahmt werden konnten.

In Bezug auf Ihre Kritik an einer fehlenden Beweislastumkehr möchte ich auf das von der Koalition aus Union und SPD in der zurückliegenden Legislaturperiode verabschiedete und seit dem 01. Juli 2017 geltende Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung verweisen, das in diese Richtung gehende Möglichkeiten schafft und beispielsweise auch den benannten Erfolg in Berlin mittragen konnte. Das Gesetz stellt eine Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/42/EU dar, weitet diese jedoch umfangreich aus und wurde insbesondere unter der Prämisse erlassen, dass sich Verbrechen durch erweiterte und in weiten Teilen vereinfachte Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung "nicht mehr lohnen sollen", sowohl finanziell als auch in Bezug auf die Anreizstruktur. Im Hinblick auf die organisierte Kriminalität ist dabei insbesondere relevant, dass ein Instrument für die Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft eingeführt wurde. So wird in § 76a Absatz 4 StGB n.F. geregelt, dass Vermögen, welches ohne das Vorliegen vernünftiger Zweifel aus kriminellen Handlungen herrührt, auch dann eingezogen werden kann, wenn die konkrete Straftat, aus der es stammt, nicht nachgewiesen werden kann; die Überzeugung, dass das entsprechende Vermögen aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, kann das entscheidende Gericht gemäß § 437 StPO auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen stützen. Damit wird eine der italienischen "misure di prevenzione" ähnliche Regelung geschaffen und eine zumindest für typische Tatbestände der Bandenkriminalität zutreffende faktische Beweislastumkehr generiert.

Das Gesetz setzt damit auch an der Struktur vieler Clans an, die immer weniger gesellschaftliche Schutzfunktionen übernehmen, sondern vielmehr zum Zwecke des Reichtumstransfers aufrechterhalten werden, dem durch die Abschöpfung von generiertem Vermögen entgegengewirkt werden kann.

Die an der gesetzlichen Grundlage bestehende, insbesondere Einzelheiten des praktischen Verfahrens betreffende Kritik wird weiter zu beobachten sein; meiner Meinung nach wurde jedoch eine wirkungsvolle strafrechtliche Verbesserung geschaffen, die neben weiteren Maßnahmen ein effektiveres Vorgehen gegen organisierte Kriminalität gewährleisten kann.

Ich hoffe, dass ich damit hinreichend auf Ihre Stellungnahme eingehen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Armin Schuster