Frage an Armin Schuster von Philipp S. bezüglich Jugend
Was sagen sie zu dem Wahlrecht ab 16 und sind sie dafür
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage, die mich über Abgeordnetenwatch zum Thema Wahlrecht ab 16 erreicht hat. Wir haben z.B. in meinem Heimatbundesland Baden-Württemberg das Wahlrecht bei Kommunalwahlen ab 16 Jahren. Eine Ausweitung auf Bundes- und Europawahlen lehne ich ab. Sehr gerne begründe ich meine Haltung im Detail für Sie:
Es ist ein regelmäßig wiederkehrendes Phänomen, dass bestimmte Parteien im Vorfeld von Bundestags- oder Europawahlen die Forderung wiederholen, das Alter für das aktive Wahlrecht auf 16 abzusenken. Es existieren aus meiner Sicht aber keine zwingenden Argumente, die für eine derartige, fundamentale Änderung unseres Wahlrechts sprechen würden. Es ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, Begrenzungen der Allgemeinheit der Wahl vorzunehmen, sofern für sie ein zwingender Grund besteht. So ist es etwa von jeher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung einer Altersgrenze geknüpft wird. Bei der Bestimmung dieser Altersgrenze muss man die Einheit der Rechtsordnung im Blick haben. Denn im Zivilrecht ist die Volljährigkeit auf 18 Jahre festgelegt, sodass junge Menschen erst mit 18 die volle Geschäftsfähigkeit besitzen, sie erst mit 18 Jahren voll strafmündig sind, aber bis zum 21. Lebensjahr sogar noch Jugendstrafrecht angewandt werden kann. Auch beim Jugend- und beim Arbeitsschutz endet der besondere Schutz des Jugendlichen erst mit 18. Die Befürworter des aktiven Wahlrechts ab 16 Jahren können folgendes Gegenargument nicht entkräften: Wer für den Abschluss eines Kauf-, Miet- oder Darlehensvertrages der Zustimmung der Sorgeberechtigten bedarf, dem kann die Rechtsordnung nicht andererseits bereits die Befugnis einräumen, über grundsätzliche politische Fragen des Staates mitzuentscheiden. Mit einer Entkoppelung der Altersgrenze für Volljährigkeit und für Wahlfähigkeit bestünde die Gefahr, dass die Politik zu einem Lebensbereich nachrangiger Bedeutung abgewertet wird, was dem demokratischen Prozess eher zum Nachteil als zum Vorteil gereichen würde.
Das Wahlalter 18 hat sich sowohl in Europa als auch weltweit im Vergleich bewährt. Im europäischen Ausland gilt fast überall eine Wahlberechtigung ab 18 Jahren. Es ist auch höchst fraglich, ob Jugendliche aufgrund einer Absenkung des Wahlalters für Politik stärker interessiert werden können. Selbst da, wo 16- und 17-Jährige wählen konnten, war deren Wahlbeteiligung unterdurchschnittlich. Das hat sich bei vielen Kommunalwahlen deutlich bestätigt. Wichtig ist auch, dass die Wahlbeteiligung von Jugendlichen auch dort nicht zunahm, wo das Wahlalter schon seit längerem herabgesetzt wurde. Die Herabsetzung des Wahlalters ist deshalb weder ein Mittel gegen Politikverdrossenheit unter Jugendlichen noch ein Mittel zur Stärkung unserer Demokratie. Es gibt bessere und erfolgreichere Modelle, Jugendliche an die Politik heranzuführen.
Ich bedanke mich für Ihre Frage und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Armin Schuster MdB