Frage an Armin Schuster von Alfred B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schuster,
nach dem ich bereits beim zweiten Griechenland-Hilfspaket bei Ihnen nachgefragt habe warum sie zugestimmt haben, teilten sie mir bildlich mit, dass das Euro-Projekt ein Bohren von sehr dicken Brettern sei. Nun nach dem der Bohrer bereits ein zweites Mal abgebrochen ist sowie das auch jeder weis, das die Hilfsgelder niemals zurückgezahlt werden sie wieder zustimmen?
Sagen sie doch einfach mal den Bürgern in ihrem Wahlkreis die Wahrheit!
Sehr geehrter Herr Butz,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 16.07.2015, in dem Sie Ihre kritische Haltung zum zweiten Griechenland - Hilfspaket darlegen.
Im Oktober 2015 habe ich dem dritten Hilfspaket für Griechenland trotz großer Bedenken zugestimmt. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive war für mich die Kritik daran eindeutig nachvollziehbar. Einem völlig überschuldeten Staat Geld zu leihen, kommt der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung oder einer Schenkung gleich. Damit wären wir bei einer Transferunion, die momentan der europäischen Architektur widerspricht. Realistisch gesehen, gehe ich nicht davon aus, dass Griechenland alle Kredite je vollständig zurückzahlen können wird. Wirtschaftlich betrachtet hätte ich also zur Ablehnung des dritten Hilfspakets tendieren müssen.
Dennoch habe ich aus politischen Gründen schweren Herzens mit „Ja“ gestimmt. Hätte der Deutsche Bundestag das Hilfspaket blockiert, wären wir auf europäischer Ebene vollständig isoliert gewesen. Kein anderes Euro-Land hatte auch nur annähernd erwogen, Griechenland nicht zu helfen. Selbst EU-Mitglieder, die wie Deutschland normalerweise einen konsequenten Spar- und Reformkurs fordern, hatten das neue Hilfspaket ohne zu zögern abgesegnet – darunter auch Staaten wie Irland und Portugal, die selbst harte Reformen umsetzen mussten. Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben unter heftigster Kritik ihrer europäischen Kollegen, aber auch der deutschen Opposition und der SPD – bereits das härtestmögliche Paket ausgehandelt. Mehr geht nicht. Ein deutsches „Nein“ hätte eine nicht zu verantwortende, international geächtete Position mit fatalen Folgen für unser Land bedeutet. Jedoch behalte ich mir vor, eine mögliche nächste Parlamentsabstimmung wieder völlig neu zu bewerten. Denn eines steht fest, leicht ist mir die Entscheidung für das „Ja“ ganz und gar nicht gefallen.
Hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten bleibt anzumerken, dass Griechenland kontinuierlich IWF-Gelder sowie Zinsen an die EU-Staaten zurückbezahlt. 2014 hatte Griechenland etwa 400 Millionen Euro Zinsen aus dem ersten Hilfspaket an die Euro-Staaten zurückbezahlt. Die eigentliche Tilgung der Kredite mit einer Laufzeit von 30 Jahren beginnt erst 2020. Seit 2013 zahlt Griechenland die IWF-Hilfen des ersten Rettungspaketes ( insg. 20,1 Milliarden Euro) zurück. Bis Ende Oktober 2015 hatte das Land etwa 18,2 Milliarden Euro davon getilgt, zuzüglich Zinsen. Die verbliebenen Raten sollten bis 2016 schrittweise folgen. Im Zuge wiederholter Nachverhandlungen zum zweiten Hilfspaket kamen die Euro-Staaten der Regierung in Athen mehrmals entgegen, bis 2022 etwa muss Griechenland keine Zinsen auf das geliehene Geld zahlen.
Trotz der schwierigen Prognosen für eine Rückzahlung der Hilfsgelder wurde das dritte Rettungspaket Griechenland nicht leichtfertig zugestanden, sondern dem Land wurden schmerzhafte Einschnitte abverlangt. Aus politischer Sicht stehe ich zu meiner Entscheidung. Ich hoffe, dies konnte ich Ihnen verständlich machen.
Mit freundlichen Grüßen
Armin Schuster MdB