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Frage von Markus O. •

Frage an Armin Schuster von Markus O. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schuster,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 18.2 auf meine Frage zur Vorratsdatenspeicherung. Leider beantwortet Ihre Antwort nicht alle meine Fragen, daher erlaube ich mir an dieser Stelle, noch einmal nachzuhaken.

Die VDS wird lediglich von 11% der Bürgerinnen und Bürger befürwortet. Wie rechtfertigen Sie daher die Einführung einer solchen Maßnahme? Sollte sich eine repräsentative Demokratie nicht zumindest mit der Einstellung der Bevölkerungsmehrheit gegenüber einer solchen Überwachung auseinandersetzen, anstatt die rasche Einführung zu fordern?

Als Polizeidirektor a.D. sind Sie sich sicherlich im Klaren darüber, dass die VDS durch technisch einfache Mittel umgangen werden kann (bspw. durch TOR oder VPN-Dienste). Eine Speicherung der IP-Adressen bringt in diesem Fall also nichts. Im Gegenteil, der Einsatz von Anonymisierungsdiensten wird wohl anwachsen.

Sie schreiben, dass die VDS nur Verbindungsdaten betrifft. Aber lässt sich aus diesen nicht ein Profil rekonstruieren? Gerade an Beispielen wie Google oder Facebook lässt sich das doch ablesen. Ebenso konnte das amerikanische MIT anhand von Verbindungs-und Bewegungsdaten mit einer 90%en Quote Freundschaften und zukünftige Zusammentreffen identifizieren. Und das ist ja im Fall der polizeilichen Fahndung auch so gewollt, oder?

Sie schreiben, dass die VDS zu einer höheren Aufklärungsquote führen würde. Warum kommen dann das Max-Planck-Institut und der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist?

Und zu guter Letzt, wie soll denn ein verfassung- und grundrechtkonformes Gesetz zur VDS aussehen, wenn der EuGh die anlasslose Speicherung der elektr. Kommunikationsdienste aller Bürger und Bürgerinnen kritisiert, ohne dass ein Anfangsverdacht besteht? Ist das nicht gerade der Ansatz der VDS?

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Markus Opitz

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Sehr geehrter Herr Opitz,

vielen Dank für Ihre Schreiben zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) vom 25. März und vom 16. April 2015. Sie sind dagegen die VDS wieder einzuführen und möchten, dass ich mich im Deutschen Bundestag gegen die geplante Gesetzesinitiative einsetze.

Lassen Sie mich zunächst kurz darstellen, welche Daten unter welchen Bedingungen gespeichert werden sollen und welche nicht. Die Einigung zwischen Bundesinnenminister De Maizière und Bundesjustizminister Maas sieht vor, dass Telefonverbindungsdaten einschließlich Rufnummern, beteiligten Anschlüssen, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs sowie Internetprotokoll-Adressen (IP-Adressen) für zehn Wochen dezentral bei den Telekommunikationsunternehmen im Inland gespeichert werden dürfen. Nach Ablauf der Speicherfrist müssen die Daten unverzüglich gelöscht werden. Für Mobilfunk-Standortdaten soll eine kürzere Speicherfrist von vier Wochen gelten und es sollen im Ernstfall nur einzelne Standortdaten abgefragt werden dürfen, um das Erstellen von Bewegungsprofilen unmöglich zu machen. Jegliche Kommunikationsinhalte, aufgerufene Internetseiten und jegliche Daten in Bezug auf E-Mails sollen gar nicht gespeichert werden dürfen.

Zum Schutz der Grundrechte werden enge Leitlinien gesetzt. Die gespeicherten Daten dürfen von den Strafverfolgungsbehörden nur mit richterlicher Zustimmung und nur bei Verdacht einer schweren Straftat wie Mord, Kinderpornografie, besonders schweren Fällen des Landfriedensbruchs oder von Terrorismus abgefragt werden. Berufsgeheimnisträger werden durch ein Verwendungs- und Verwertungsverbot geschützt. Bei Datenabruf werden die Betroffenen informiert. An die Telekommunikationsunternehmen werden für die Speicherung hohe Sicherheitsanforderungen gestellt, darunter, dass die Daten nur auf deutschen Servern liegen dürfen, und sie werden qua Gesetz dazu verpflichtet die Daten nach Ablauf der Speicherfrist zu löschen. Damit besteht ein entscheidender Unterschied gegenüber Datensammlungen von Google, facebook, Payback etc., die die Daten in ihrer Gesamtheit gerade zu dem Zweck erheben, diese umfassend z. B. zu Werbezwecken auszuwerten und möglichst viel über möglichst viele Nutzer zu erfahren. Die Vorratsdaten werden – solange es keinen Verdacht auf eine schwere Straftat gibt – in aller Regel ohne weitere Nutzung gelöscht. Grundrechte bleiben gewahrt und kein Bürger wird unter Generalverdacht gestellt, denn der Staat kann keineswegs nach Lust und Laune auf die Verbindungsdaten zugreifen. Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Europäische Gerichtshof haben der VDS generell eine Absage erteilt. Sie haben vielmehr einen engeren Rahmen für die gesetzliche Regelung gesetzt, den wir mit den vorgesehenen Einschränkungen einhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass die Neuregelung den Maßgaben für Datenschutz und Persönlichkeitsrechte beider Gerichte standhalten wird.

Entgegen Ihren Annahmen spielen Telekommunikationsverbindungsdaten bei der Aufklärung von schweren Straftaten eine wichtige Rolle, bei denen das Internet als Tatmittel genutzt wurde, zum Beispiel bei der strafrechtlichen Verfolgung der Kinderpornographie und des Kindesmissbrauchs. In diesen Fällen ist die aufgezeichnete IP-Adresse oftmals der erste und zunächst einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz für weitere Maßnahmen und daher unverzichtbar. Der Edathy-Untersuchungsausschuss und insbesondere die Aussagen der Ermittler des Bundeskriminalamts über Fälle schwersten Kindesmissbrauchs lassen keinen Zweifel daran zu, dass wir die VDS brauchen. Praktiker aus den Ermittlungsbehörden und die Innenminister der Länder sind sich einig, dass die VDS zur Aufklärung von Gewaltverbrechen, zur Terrorismusbekämpfung und für Erkenntnisse über Mitglieder terroristischer Netzwerke und Akteure in der Organisierten Kriminalität notwendig ist.

Nach den Anschlägen von Paris wurde viel darüber gesprochen, dass die in Frankreich praktizierte VDS die Anschläge nicht verhindert habe. Wenig thematisiert wurde jedoch, dass sie zu einer sehr schnellen Aufklärung der Attentate, noch während die Fahndung nach den Tätern lief, beigetragen hat, da Verbindungen zwischen den Tätern aufgrund der Telekommunikationsdaten schnell offengelegt werden konnten. Die Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel, das völlige Sicherheit garantieren könnte. Aber sie ist ein sinnvolles Ermittlungsinstrument wie andere auch, das zur Prävention, aber vor allem auch zur Repression, d.h. zur Aufklärung schwerer Straftaten beitragen wird.

Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass wir durch die neue Regelung zu mehr anstatt weniger Datenschutz kommen werden. Bislang ist völlig unklar, welche Telekommunikationsanbieter Daten – die sie zu Abrechnungszwecken auch heute speichern dürfen – für wie lange intern vorhalten. Durch die VDS wird es dafür klare Regeln geben.

Es ist gut und vernünftig, das wir den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung bald auf den Weg bringen. Die vorgestellten Eckpunkte sind eine gute Grundlage, um die notwendige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen
Armin Schuster MdB

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