Frage an Armin Schuster von Gerhard F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schuster,
vor neun Jahren habe ich meine damalige Abfindung in Schiffsanteile investiert, was damals politisch gewünscht war und steuerlich gefördert wurde. Mittlerweile habe ich bei allen Anteilen Totalverlust erlitten. Über das unternehmerische Risiko war ich mir bewusst.
Neben dem bitteren Totalverlust, den ich steuerlich nicht geltend machen kann, möchte die Finanzverwaltung nun für "fiktive" Gewinne Steuernachzahlung in beträchtliche Höhe von mir. Bisher war mein Glauben an unser Steuersystem so, erzielt man Einkommen so bezahlt man Steuern darauf. Hier ist es so, dass ich neben dem Totalverlust meiner damals staatlich geförderten Investition, nun noch Steuern nachzahlen muss. Dies steht im Gegensatz zu meinem Rechtsverständnis, Steuern nur auf Einkommen/Gewinne zu bezahlen.
Da die Sachlage mir auch von meinem Steuerberater nicht erklärt werden kann(außer mit dem Hinweis auf ESTG §5), bitte ich Sie hiermit um eine Erklärung.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Frank
Sehr geehrter Herr Frank,
vielen Dank für Ihr Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Schiffsanteilen. Zunächst hoffe ich auf Ihr Verständnis, dass ich als Bundestagsabgeordneter keine Rechtsberatung leisten kann. Dennoch informiere ich Sie gern über die Einschätzung des zuständigen Bundesministeriums der Finanzen.
Danach können sich Steuernachzahlungen aus dem System der Tonnagebesteuerung ergeben (§ 5a EStG). Die Tonnagebesteuerung wurde als mögliche Gewinnermittlungsvorschrift aus Wettbewerbsgründen in Deutschland eingeführt, um die deutsche Schifffahrt gegenüber unseren Nachbarländern steuerlich nicht zu benachteiligen.
Die Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ist eine eigenständige Gewinnermittlungsvorschrift. Sie ist eine Ausnahme von den allgemeinen Gewinnermittlungsarten, die nur auf Antrag gewährt werden. Bei der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG wird der Gewinn nicht nach den tatsächlich erwirtschafteten Erträgen, sondern pauschal nach der Größe des Schiffes berechnet. Im Wirtschaftsjahr beträgt der Tagesgewinn für Handelsschiffe im internationalen Verkehr je 100 Nettotonnen zwischen 0,92 EUR (bei einer Tonnage bis zu 1000 Nettotonnen) bis 0,23 EUR (bei einer Tonnage von mehr als 25.000 Nettotonnen). Wegen dieser Pauschalberechnung kann sich systembedingt kein Verlust ergeben.
Wird ein Antrag auf Tonnagebesteuerung gestellt, werden gemäß § 5a Absatz 4 EStG die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter in ein Verzeichnis aufgenommen, die unmittelbar dem Betrieb von internationalen Handelsschiffen dienen. Dies erfolgt in Form der Unterschiedsbeträge zwischen Teilwert und Buchwert zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das vor der erstmaligen Anwendung der Tonnagebesteuerung liegt (Übergangsjahr). Ein solcher Unterschiedsbetrag ist nach § 5a Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 und 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen und dem laufenden Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Gewinnermittlung nach der Tonnage beendet wird, das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder nicht mehr unmittelbar dem Schifffahrtsbetrieb dient. Durch die Auflösung des Unterschiedsbetrags werden die stillen Reserven nachträglich besteuert, die in der Zeit vor dem Wechsel zur Tonnagegewinnermittlung gebildet wurden. Die spätere Auflösung des Unterschiedsbetrages entspricht dem Charakter einer Steuerstundung, weil die Besteuerung der Unterschiedsbeträge eigentlich bereits im Übergangsjahr hätte erfolgen müssen.
Sofern bei einem späteren Verkauf eines Handelsschiffes ein Gewinn erzielt wird, unterliegt dieser ebenfalls der Tonnagebesteuerung. Das hat zur Folge, dass der Veräußerungsgewinn durch die pauschale Tonnagebesteuerung abgegolten ist und infolgedessen nicht gesondert versteuert werden muss. Daher ist es nicht möglich, im Veräußerungsfall die getätigte Investition steuerlich gegenzurechnen. Durch die pauschale Tonnagebesteuerung sind grundsätzlich sämtliche Einnahmen und Ausgaben abgegolten.
In dem Jahr, in dem die Gewinnermittlung nach der Tonnage beendet wird, das Wirtschaftgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder nicht mehr unmittelbar dem Schifffahrtsbetrieb dient, werden damit der laufende pauschal ermittelte Gewinn nach § 5a Absatz 1 EStG und der aufgelöste Unterschiedsbetrag nach § 5a Absatz 4 EStG der Besteuerung unterworfen, so dass hieraus eine Steuerrückzahlung resultieren kann.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Armin Schuster, MdB