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Ariane Fäscher
SPD
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Frage von Uwe K. •

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass belgische Modell für Deutschland zu übernehmen, d.h. im Nichttarifbereich muss ein Inflationsausgleich gezahlt werden?

Sehr geehrte Frau Fäscher, jahrelange Nullrunden, Löhne und Gehälter weit unter Durchschnitt, vor allem der Osten leidet unter den ständigen Preissteigerungen. Die Erhöhung des Mindestlohnes, so gut wie sie ist, führt hier vielfach dazu, dass Hilfs- und Facharbeiter gleichgesetzt werden. Das Signal auch dieser Regierung, Bildung lohnt nicht. Wollen Sie das wirklich? Auch die gutverdienenden Beamten und Mitarbeiter von Großkonzernen profitieren vom Gießkannenprinzip, dass 9€ nutzt vielen Menschen nicht, weil der Nahverkehr schlecht ausgebaut ist. Sie haben einen Automatismus bei den Diäten, wir haben nichts. Warum?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr K.,

unser Ziel ist es, gemäß den europäischen Vorgaben den tariflichen Organisationsgrad und die Rolle der Gewerkschaften zu stärken. Angestrebt wird ein Vertretungsgrad von mind. 80 %. Gerade im Osten Deutschlands ist der Organisationsgrad sehr niedrig. Sind Sie Gewerkschaftsmitglied?

Die Inflation ist für viele Menschen in Deutschland ein Problem und das können Einmalzahlungen und Strom- und Gaspreisbremsen leider nicht auffangen, auch wenn sie sehr viel helfen. Die SPD hätte die Hilfen wirklich gerne nur Menschen mit geringem Einkommen ausbezahlt, aber das ist aufgrund des Datenschutzes momentan in Deutschland nicht möglich, weil nur die Finanzverwaltung über diese Informationen verfügt und diese auch zu Recht schützt. Deshalb mussten die Zahlungen über die Arbeitsgeber und Sozialkassen ausgezahlt und versteuert werden. Wer also viel verdient, musste darauf viele Steuern zahlen. Ich kenne viele Besserverdiener - mich eingeschlossen - die die Einmalzahlung für einen guten Zweck gespendet haben. Das 9 €-Ticket war eine Maßnahme, um schnell möglichst vielen Menschen den Umstieg auf den ÖPNV zu ermöglichen. Ich bin völlig bei Ihnen, dass parallel zu günstigen Tarifen ein deutlicher Ausbau erfolgen muss - allerdings ist das ein Spagat für den Bund und die Länder, gleichzeitig weniger Einnahmen und hohe Ausgaben für den Ausbau zu haben. Insgesamt sinken die Steuereinnahmen, insbesondere des Bundes. Allein für die Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger durch die Energiekrise wendet der Bund direkt 300 Mrd. Euro auf. Neben höheren Steuerfreibeträgen, geringerer Steuerprogression, höherer Pendlerpauschale, in einigen Bereichen drastisch gesenkter Steuern, höheren Direktzuwendungen, z.B. beim Kindergeld, Wohngeldreform (statt 600.000 sind jetzt 2.000.000 Menschen berechtigt), der Strom- und Gaspreisdeckelung gab es Direktzahlungen. Wir haben im letzten Jahr über 120 Gesetze verabschiedet, die meisten davon zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Ich finde Ihre Aussage "wir haben nichts" nicht gerechtfertigt. Die Entwicklung der Diäten hängt von den realen Durchschnittseinkommen der Menschen im Land ab. Sinken diese, sinken auch die Diäten der Abgeordneten, wie das in der letzten Legislatur der Fall war. Ich weiß, das Menschen mit geringerem Einkommen stärker belastet sind als Gutverdiener, wir versuchen entgegen zu steuern und Lasten abzufedern! Persönlich würde ich gerne Übergewinne von Unternehmen und sehr hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuern und das Geld zur Entlastung von Geringverdienern einsetzen, aber politische Entscheidungen sind fast immer Kompromisse...

Von dem Mindestlohn von 12 € profitieren 6 Millionen Menschen durch bessere Einkommen und bessere Renten, insbesondere im Osten. Es bleibt aber das Ziel, dass die Löhne zwischen den Tarifparteien verhandelt werden. Bei den meisten Unternehmen wurden nicht nur der Mindestlohn, sondern in gleichem Maße die Löhne und Gehälter der Fachkräfte angeglichen, so dass das Gefüge insgesamt erhalten blieb. Mit gezielten Industrie-Ansiedelungen versucht die Bundesregierung im Schulterschluss mit den Landesregierungen insbesondere in den neuen Ländern einen technologischen "Vorsprung Ost" zu erreichen, um Produktivität und Löhne endlich gleich zu ziehen.

Für all diese Schritte braucht es eine progressive und soziale Regierung. Wir haben in einem Jahr bereits viel erreicht, aber können nicht Jahrzehnte sofort ausbügeln. Bildung und Leistung lohnen sich weiterhin! Doch wollen wir auch noch mehr Bildungsanreize setzen, denn die meisten Langzeitarbeitslosen sind entweder krank und müssen etwas anderes lernen oder sie haben bisher keinen Abschluss. Wir wollen sie qualifizieren, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Jeder ist wertvoll und jeder wird gebraucht! Ich bin wahnsinnig froh zu wissen, dass ich mich auf den Staat verlassen kann, wenn ich aus welchen Gründen auch immer nicht arbeiten kann. Es gibt Ihnen und mir die Sicherheit, irgendwie über die Runden kommen zu können, wenn uns etwas passiert. Und die Chance auf einen Neustart zu bekommen. Das nennen wir gesellschaftliche Solidarität, und ich bin stolz darauf. Neid bringt uns nicht weiter...

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