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Antonia Mertsching
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Frage von Norbert S. •

Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Sachsen?

Es gibt bisher von Seiten der Linken keine Begriffsdefinition von Ausbeutung und auch keine Aufstellung wie viel Ausbeutung es gibt.
Wie will die Linke zur einer ausbeutungsfreien Gesellschaft bzw. politischen Mehrheiten dafür kommen, wenn sie den Menschen nicht erklären kann, was sie davon haben bzw. was es konkret für Sachsen bedeutet?
Wie viel Geld geht den Menschen verloren, welche Arbeits- und Lebenszeit müssen die Menschen dafür aufwenden? Wie hoch ist der Resourcenverbrauch dafür?
Wieso kommt in Wahlprogrammen von Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen die Begriffe Ausbeutung und Umverteilung nicht vor, obwohl dies ja in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeden Landkreis und in jeden Bundesland tagtäglich stattfindet?

Wie ist ihre Einschätzung dazu?
Für mich sind z.B. „leistungslose Einkommen“ Ausbeutung, weil der erzielte Gewinn/Reichtumszuwachs ohne persönliches Risiko bzw. eigene Arbeit entsteht.
Monopolgewinne/Ausbeutung z.B. d. Immobilien- und Bodenspekulation u.v.a.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr S., vielen Dank für Ihr Anschreiben - gerade bei mir sind Sie mit den Themen Ausbeutung und Umverteilung genau richtig! Allerdings frage ich mich, wie Sie darauf kommen, dass beide Themen bei uns nicht vorkommen?

Die Linke fährt eine eigene Kampagne zum Thema Umverteilen: https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand-2022-2024/detail-beschluesse-pv/umverteilungskampagne-2023/ bzw. https://www.die-linke.de/mitmachen/kampagnen/umsteuern/

Da es vor allem ein Bundesthema ist, wird es auf Bundesebene umfänglich behandelt, wie Sie auch auf der Seite der Linksfraktion sehen können: https://www.linksfraktion.de/start/ - da sprechen wir Rentenungerechtigkeit an, nötige Investitionen usw. usw. Aber auch mein Kollege Mirko Schultze spricht das Thema auf Kommunal- und Landesebene in Sachsen immer wieder an, Stichwort Finanzausgleichsgesetz: https://www.linksfraktionsachsen.de/presse/detail/mirko-schultze-sachsens-kommunen-mit-rekorddefizit-finanzbeziehungen-neu-ordnen-gebuehrenerhoehungen-vermeiden/ - ein Beispiel

Meine Erachtens ist es nicht nötig, eine eigene Begriffsdefinition von Ausbeutung zu erstellen - die Charta der Allgemeinen Menschenrechte und die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation geben hier vor, was allen Menschen zustehende Standards sind: Abweichungen davon sind Ausbeutung. Es gibt zahlreiche NGOs, die die Ausbeutung von Menschen belegen wie die Kampagne für Saubere Kleidung im Bereich Textilindustrie bis hin zu Recherchen in Deutschland zur Arbeit im Pflegesektor oder in der Fleischindustrie.

Wie soll man auch messen wie viel Ausbeutung es gibt - gerade menschliche Ausbeutung mit seinen Auswirkungen auf die Gesundheit ist nicht umfänglich quantifizierbar - gerade kürzlich gab es Veröffentlichungen zu der kürzeren Lebenserwartung von armen Menschen oder dem höheren Risiko an Krebs zu sterben.

Sie wiederum bezeichnen "Leistungslose" Einkommen als Ausbeutung - was genau meinen Sie damit? Ich verstehe Sie so, dass Sie Empfänger:innen von Sozialhilfe als Ausbeuter bezeichnen - was mE ziemlich undifferenziert ist, weil Sie damit pauschalisieren: manche Menschen müssen aufstocken, sie von ihrer Vollerwerbserarbeit nicht leben können (ausgebeutet werden), andere können nicht voll erwerbsarbeiten, weil sie Kinder haben oder Angehörige pflegen (bringen eine Leistung, die nicht vergütet wird, aber gesellschaftlich hoch relevant ist), andere Menschen können aus unterschiedlichen Gründen eine zeitlang nicht arbeiten und verdienen unsere Solidarität.

Für mich findet die maßgebliche Ausbeutung unserer Gesellschaft durch die Reichen statt, die niemals so viel gearbeitet haben wie sie an Geld "verdienen" oder an Eigentum und Millionen/Millarden besitzen. Sie entziehen uns Ressourcen, leben über den (vo rallem ökologischen) Verhältnissen, zahlen angesichts des Reichtums keine angemessenen Steuern oder Löhne an ihre Mitarbeiter:innen - statt auf die wirtschaftlich schwächsten permanent mit dem Finger zu zeigen, sollte man den Reichen was von ihrem reichtum wegnehmen - der ihnen in diesem Verhältnis einfach nicht zusteht!

Herzlichen Gruß - Antonia Mertsching