Sehr geehrter Herr Hofreiter, wie stehen Sie zur Kernfusion. Finden Sie, dass die derzeitigen Förderungsmaßnahmen gerechtfertigt sind? Oder sind Sie anderer Meinung?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Uns begeistern Chancen und Potentiale neuer Energietechnologie, weshalb wir sie auch weiterhin erforschen wollen. Dazu gehört auch die sachlich-nüchterne Analyse und Abschätzung von Chancen und Risiken. Ob Fusion oder andere Ansätze in Zukunft einen Beitrag zur Energieversorgung leisten können, bleibt Gegenstand anhaltender Forschung, die immer auch Sicherheitsfragen mit betrachtet.
Klar ist: Die entscheidende Zeit und Phase für Klimarettung und die Energiewende ist jetzt. Die Erneuerbaren sind jetzt schon verfügbar, risikoarm, finanzierbar und klimafreundlich. Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien muss unabhängig davon umgehend und konsequent umgesetzt werden, denn Fusion kann nach aktuellem Stand der Forschung kurz- und mittelfristig keinen relevanten Beitrag für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende und die Erreichung der Klimaziele leisten.
Auch wenn die Kernfusion seit vielen Jahren erforscht wird, befindet sich die Technologie nach wie vor im Stadium der Grundlagenforschung mit vielen zum Teil substanziellen offenen Fragen, zum Beispiel mit Blick auf den technologischen Ansatz, das Kraftwerksdesign und die verwendeten Brennstoffe. Zudem sind auch Fusionskraftwerke auf externe Kühlung angewiesen und deshalb nicht völlig klimakrisensicher. Ebenso produzieren auch Fusionskraftwerke schwach- und mittelradioaktiven Müll. Für die weitere Forschung in diesem Bereich spricht aber auch, dass sich bereits jetzt industrielle Anwendungen abseits möglicher Kraftwerkdesigns ergeben – beispielsweise durch supraleitende Magnete oder hochleistungsfähige Laser. Die Forschung hierzulande gehört aktuell zur Weltspitze und wir haben damit die Chancen, künftig bei der verantwortungsvollen Weiterentwicklung dieser Technologie eine führende Rolle einzunehmen. Die Gefahr der Proliferation bei Magnetfusion ebenso wie die militärische Komponente der Laserfusion müssen dabei beachtet werden.
Freundliche Grüße
Anton Hofreiter