Frage an Anton Hofreiter von Carl J. H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Dr. Hofreiter,
die Bundeswehr wird sich an einer Militäroperation der internationalen ISAF-Truppe im Distrikt Ghormach im Nordwesten Afghanistans beteiligen. Dazu erklärt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe u.a., die Beteiligung richtet sich gegen "feindliche Aktivitäten" und ".... Wir wollen, dass unsere Freunde handeln können" und es gehe darum "Fähigkeiten anzubieten, die angefordert wurden, und die wir anbieten können und kein anderer".
Ich protestiere gegen solchen Hochmut!
Das Kriegshandwerk beherrschen alle Militär-Formationen perfekt, weil die sich gegenseitig schulen, mit den gleichen Waffen ausrüsten. Mit "Kolateralschäden" rechnen sie alle.
Im übrigen, einem "Freund" würde ich niemals bei seinem Kriegshandwerk helfen. Schon im römischen Imperium gab es hilfswillige Germanen-Fürsten, die bereitwillig für römische Kriegsziele fochten. Hat es sich bei unseren Politikern noch nicht herumgesprochen, dass das American Empire demnächst kollabiert?
Wann zieht sich die Bundeswehr aus Afghanistan zurück, damit sie sich endlich ausschliesslich der Verteidigung heimischer Lande widmen kann? Wann haben unsere Abgeordneten endlich den Mut, dem Krieg als Mittel der Politik die rote Karte zu zeigen?
Als einzigem Abgeordneten meines Wahlkreises mußte ich Ihnen meinen Protest mitteilen. Bitte informieren Sie Herrn Raabe davon.
Mit freundlichem Gruß,
C.J.Häfner
Sehr geehrter Herr Häfner,
ich gehe davon aus, dass sich Ihre Frage auf den Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen:
Meine Position dazu können Sie gerne in meiner persönlichen Erklärung vom
17.10.2008 nachlesen:
Ich lehne den Antrag der Deutschen Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe ab.
Der Einsatz in Afghanistan wurde vor sieben Jahren begonnen, um die Verantwortlichen für die Anschläge vom 11.9.2001 der Gerechtigkeit zuzuführen. Seit Jahren zielt die militärische Gewalt der ausländischen Truppen genau auf eine Vernichtung des Widerstandes im Land. Die Ergebnisse dieser Strategie sind verheerend: Die Sicherheitslage in Afghanistan wird von Jahr zu Jahr schlechter, obwohl seit Beginn des Krieges die Zahl der eingesetzten Nato-Soldaten auf ca. 65.000 deutlich angehoben wurde. Die rücksichtslose Kriegsführung vor allem der US Truppen schürt Racheakte und Anschläge und ist damit nicht nur unverantwortlich, sondern auch kontraproduktiv. Die Zahl der Opfer bei Anschlägen und beim Anti-Terrorkrieg steigt dramatisch. Im Jahr 2008 sind bisher über 3.000 Menschen getötet worden, davon mehr als 1.000 Zivilisten, viele Frauen und Kinder.
Tausende wurden verwundet und verstümmelt. ACBAR, eine Dachorganisation von 100 Hilfsorganisationen gibt an, dass der Sommer 2008 der bisher verlustreichste seit 2001 war. Die Zahlen der Opfer sind dabei um ca. 40% gestiegen. Fast die Hälfte der zivilen Opfer fällt der US-Luftkriegsführung zum Opfer. Die Zahl zerstörter Gebäude und Versorgungseinrichtungen übersteigt häufig die, der wieder aufgebauten. Ein Ende dieser Eskalation des Krieges ist nicht in Sicht; ganz im Gegenteil. Gemeinsam mit der Kriegsführung führt sie selbst dazu, dass die, die bekämpft werden sollen, immer stärker werden. Die zunehmende Gewalt ist eine entscheidende Ursache dafür, dass der Hass gegen die ausländischen Truppen wächst und sich immer mehr am Krieg gegen diese beteiligen.
Politische und humanitäre Ziele werden dadurch immer schwerer erreichbar. Der britische Botschafter Cowper-Coles hat leider Recht, wenn er sagt, die ausländischen Truppen in Afghanistan seien "Teil des Problems, nicht der Lösung."
Die Regierung hat im letzten Jahr versprochen, dass sich die
Sicherheits-Strategie in Afghanistan ändern wird. Dieses Versprechen eines
Strategiewechsels ist ohne Umsetzung geblieben, im Gegenteil, man will das
deutsche Truppenkontingent nur erhöhen. Trotz anderer Behauptungen bleiben
die zivilen Anstrengungen weit hinter den militärischen zurück. Während
nicht einmal die zugesagten 50 Polizeiausbilder nach Afghanistan geschickt werden, wird die Zahl der Soldaten/innen von 3.500 auf 4.500 erhöht. Die Kosten alleine dieses Mandates für 14 Monate betragen 688 Millionen Euro, während die Ausgaben für den zivilen Aufbau gerade mal etwa ein Viertel davon ausmachen. Es ist aus unserer Sicht unklug und unverantwortlich, einfach so weiterzumachen. Die Gewaltspirale kann durch immer mehr Soldaten/innen und militärische Mittel nicht durchbrochen werden. Gerade asymmetrische Kriege sind militärisch nicht zu gewinnen und eine Alternative zur Eskalation der Gewalt ist längst überfällig. Die Grünen sind sich der Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Menschen in Afghanistan bewusst. Die afghanische Bevölkerung hilft seit Jahren mit dort einen funktionierenden Staat aufzubauen und wäre durch einen Rückfall des Landes an die Taliban massiv gefährdet. Gerade im Bewusstsein dieser Verantwortung treten wir entschieden für einen Politikwechsel ein. Ich halte fest: Die bisherige Strategie ist gescheitert, sie schadet und verschärft den Krieg. Ein Wechsel der Strategie - weg vom Militärischen, hin zum Zivilen - ist nicht in Sicht. Deshalb lehne ich den Antrag der Bundesregierung ab.
Das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages können
Sie über nachfolgenden Link im einzelnen lesen: Abstimmung 16.10.2008
Meine persönliche Erklärung finden Sie auch hier:
http://www.toni-hofreiter.de/ansicht.php?veranst_id=665&
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Anton Hofreiter