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Anton Hofreiter
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Frage von Georg S. •

Frage an Anton Hofreiter von Georg S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,
seit ein paar Tagen blicke ich - wie so viele - auf die Entwicklung der Wirtschaft.

Was mich dabei als Lösung immer mehr fasziniert ist die Einführung einer Komplementärwährung. Angeblich soll es im deutschsprachigen Raum schon 27 solcher Projekte geben.
und auch die EU steht dem positiv gegenüber.
Nun meine Fragen:
- Wie sind der Erfahrungen aus diesen Projekten für Wirtschaft, Verbraucher und Politik.
- Sehen Sie die Möglichkeit das diese Regionalwährungen flächendeckend weiterentwickelt werden ( von Seiten der Bundes- und Landespolitik hört man gaaar nix zu diesem Theme)
- gibt es speziell für Niederbayern ein projekt oder Ansprechpartner zu diesem Thema.

Ich freue mich auf eine Antwort und verbleibe
im nebeligen Landshut

Georg Stamm

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Stamm,

um es gleich vorweg zu sagen: mir sind in Niederbayern keine Projekte bekannt, die mit Komplementärwährungen arbeiten.

Und nun zu Ihrer primären Frage: Ich kann gut nachvollziehen, dass Komplementärwährungen auf den ersten Blick sehr attraktiv sind, denn sie funktionieren regional durchaus und schützen deshalb zumindest teilweise vor den Folgen der Globalisierung. Mit Komplementärwährungen ließen sich vor Ort z.B. Klimaschutzmaßnahmen oder Transportdienstleitungen in einem Rahmen umsetzen, der Nachbarschaftshilfen ähnelt.

Es ist aber auch zu bedenken, dass mit Komplementärwährungen erbrachte Leistungen der Besteuerung (z.B. Umsatzsteuer oder Einkommensteuer) entzogen werden und Sozialbeiträge nicht erhoben werden können. Dadurch kann die öffentliche Hand geschwächt werden, die ja gerade die öffentliche Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser für alle Bürgerinnen und Bürger finanzieren soll. Das heißt aber nicht, dass ich dafür bin diese Initiativen auf regionaler Ebene zu besteuern.

Wenn Komplementärwährungen sozusagen im privaten Rahmen funktionieren, dann ist das gut so. Die Politik und der Staat müssen sich nicht überall einmischen. Als generelle Lösung z.B. unserer gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise sind Komplementärwährungen jedoch ungeeignet, weil sich damit die sehr komplexen Wertschöpfungsketten nicht vernünftig darstellen ließen und der Staat Einnahmen verlieren würde, womit er die Daseinsvorsorge und die damit verbundenen öffentlichen Grundversorgungen gewährleistet.

Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Ing. Udo Werner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Dr. Anton Hofreiter MdB

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