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Anton Hofreiter
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Frage von Kim W. •

Frage an Anton Hofreiter von Kim W. bezüglich Innere Angelegenheiten

Das Ende Januar 2021 vom Bundestag beschlossene Registermodernisierungsgesetz (19/24226; 19/26247) sieht vor, die Steueridentifikationsnummer zu einer Bürgernummer auszubauen, auf deren Basis personenbezogene Bürgerdaten, welche gemäß Datenschutz-Grundverordnung besonders schützenswert sind, künftig zwischen bis zu 85 unterschiedlichen Behörden ausgetauscht werden sollen.
Vgl. http://epaper.das-parlament.de/2021/5_6/index.html#6, Seite 7, Überschrift: Register sollen moderner werden.
Ihre Partei hat als Oppositionspartei gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt. Laut oben zitiertem Artikel im epaper „Das Parlament“ hat sich Ihre Partei hierbei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bezogen, nach welcher eine sektorübergreifende Personenkennziffer mit der Menschenwürde nicht vereinbar und somit verfassungswidrig sei.
Wie wird Ihre Partei, sollte sie an einer der nächsten Regierungen beteiligt sein, mit diesem Gesetz umgehen, gegen das Sie Ende Januar 2021 als Oppositionspartei gestimmt haben?
MfG,
Kim Winter

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Kim Winter,

wir müssen beim E-Government als ganz zentralem Thema endlich vorankommen und die großen Chancen für einen modernen, dem Bürger auf Augenhöhe begegnendem Staat nutzen. Seit Jahren ist die Bundesrepublik in allen internationalen und europäischen Vergleichen im Bereich E-Government weit abgehängt. Das muss sich endlich ändern. Vorschläge dazu haben wir immer wieder im Bundestag vorgelegt. Doch das Thema war bei Horst Seehofer einfach in schlechten Händen. Die Bundesregierung hat es über Jahre verpasst, die öffentlichen Register zu modernisieren. In der allerletzten Schlaufe der Wahlperiode präsentierte sie eine Lösung, die auf verfassungsrechtlich extrem dünnen Eis gebaut ist. Wir haben von Beginn an darauf hingewiesen, dass die Neuregelung den vom Bundesverfassungsgericht konkretisierten Vorgaben unseres Grundgesetzes nicht genügt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte bereits in mehreren Entscheidungen, dass ein sektorübergreifend verwendetes Personenkennzeichen (PKZ) mit der Menschenwürde nicht vereinbar und daher verfassungswidrig ist (BVerfGE 27, 1, 6; 65, 1, 53, 57). Trotz zahlreicher Hinweise auf die in Frage stehende Verfassungskonformität des von ihr vorgelegten Gesetzesentwurfs, hielt die Bunderegierung an ihrem Vorhaben fest, die Registermodernisierung auf Grundlage der Steuer-ID als verwaltungsübergreifendem „Identifier“ umzusetzen. Genau hiergegen hatten sich namenhafte Experten – unter anderem der Bundesbeauftragte für den Datenschutz – fortwährend ausgesprochen.

Die Grünen Länder konnten über den Bundesrat zweifelllos wichtige Verbesserungen durchsetzen. Die Verwendung der SteuerID bleibt jedoch hochproblematisch. Das Risiko, dass die Registermodernisierung in einigen Jahren vor dem BVerfG scheitert, bleibt damit hoch. Die Verfassungskonformität der SteuerID bleibt das Damoklesschwert über der Registermodernisierung. Ein Scheitern wäre auch für den sogenannten Onlinezugangsgesetz-Prozess, in dem Bund und Länder sämtliche Verwaltungsdienstleistungen digitalisieren, verheerend.

Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter

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