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Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Barbara S. •

Frage an Anton Hofreiter von Barbara S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Hofreiter,

ich war langjährige Grünen-Wählerin. Nun bin ich entsetzt, dass die Volksabstimmung aus dem Grundsatzprogramm der Partei DIE GRÜNEN gestrichen werden soll. Und ich frage mich, wie Sie das rechtfertigen? Wieso haben DIE GRÜNEN Angst vor Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie, obwohl u.a. die Schweiz zeigt, wie stabilisierend Volksabstimmungen auf das politische System wirken. Das Thema Bürgerräte ist endlich international im Kommen — aber eigentlich schon seit Jahrzehnten in seiner positiven Auswirkung auf verantwortungsvolle, offene Demokratie untersucht. Auch vor diesem Hintergrund können Sie das sinkende Vertrauen in »professionelle« Politik sicherlich nicht aufhalten, indem Sie Bürgerexpertise und Volksabstimmungen weiterhin ausschließen.
Ich bitte Sie dringend, sich für den Erhalt der Volksabstimmung in Ihrem Grundsatzprogramm einzusetzen.
Vielen Dank! ich freue mich auf Ihre Antwort.

Herzliche Grüße!
Barbara Schubert

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Barbara Schubert,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Wir GRÜNE fordern seit vielen Jahren Instrumente der direkteren Beteiligung und Mitbestimmung der Bürger*innen. Eine vielfältige Demokratie braucht Einmischung, Repräsentanz, Lust zur Auseinandersetzung und Kompromissfähigkeit. Wir wollen, dass Bürger*innen die Möglichkeit bekommen, die politische Agenda stärker mitzugestalten. Dieses Grundprinzip grüner Politik spiegelt sich auch in unserem neuen Grundsatzprogramm wieder, auch wenn die Mehrheit der Delegierten auf dem Bundesparteitag entschieden hat, Volksentscheide nicht in das Grundsatzprogramm aufzunehmen. Die Debatte dazu wird innerhalb von Bündnis90/Die Grünen weitergehen. Davon bin ich überzeugt.

Im Grundsatzprogramm und im Wahlprogramm setzen wir uns für Bürger*innen-Räte ein. In der kommenden Wahlperiode wollen wir weitere Optionen für eine stärkere Institutionalisieriung von Bürgerräten prüfen, unter anderem direktdemokratische Verfahren. Mit diesen soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei ausgewählten Themen die Alltagsexpertise von zufällig ausgewählten Bürger*innen noch direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Bürger*innen-Räte können nach unserer Vorstellung auf Initiative der Regierung oder des Parlaments zu einer konkreten Fragestellung eingesetzt werden. Das soll auch auf Bundesebene möglich sein. Wir halten diese Form der direkten Beteiligung am politischen Aushandlungsprozess in Zeiten starker Polarisierung und gesellschaftlicher Pluralisierung für ein gutes Instrument, um unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen stärker miteinander ins direkte Gespräch zu bringen. Die Erfahrungen aus Bürger*innen-Räten weltweit zeigen, dass auf diese Weise gegenseitige Verständigung und gegenseitiger Respekt entstehen.
Parlamente brauchen eine größere Offenheit für Impulse und vor allem auch mehr Transparenz, auch abseits von Lobbyismus und einer kleinen Gruppe von Expert*innen.
Nicht als Konkurrenz zum Parlament, sondern als Ergänzung und Stärkung mit empfehlendem Charakter sind Bürger*innen-Räte zu sehen. Mit ihnen könnten wir einem Repräsentationsdefizit unseres politischen Systems begegnen können. Bei der Auswahl der Zufallsbürger*innen kann auf die repräsentative Verteilung etwa von Frauen oder Minderheiten geachtet werden und so garantiert werden, dass alle Stimmen gleichberechtigt und repräsentativ gehört werden. Im Bürger*innen-Rat soll die Gesellschaft in ihrer Breite und Vielfalt weitestgehend repräsentativ abgebildet sein und jeder Mensch in Deutschland die gleiche Chance haben, Teil des Rates zu werden. Mit den Bürger*innen-Räten entstehen öffentliche Debatten aus unterschiedlichsten Perspektiven, mehr Repräsentanz gesellschaftlicher Gruppen, neue Ideen, ernsthafte Gespräche und gemeinschaftsorientierte Diskussionen. Das zeigen bisherige Erfahrungen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter

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