Frage an Anton Hofreiter von Karin H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Hofreiter, Mein Mann ist Landwirt, Ferkelerzeuger, seit Jahrzehnten immer zunehmend getrieben von den in der Regierungsverantwortung stehenden Parteien in Richtung Masse und Billigproduktion. Gibt es eine klare Stellung der Grünen darüber, wie beispielsweise Schweine/ Ferkelerzeugung unter grüner Verantwortung tatsächlich aussehen würde? Wäre dann ein fairer Preis garantiert für mehr Tierwohl und Umweltschutz? Sehen sie sich in der Lage, den Menschen zukünftig nicht mehr so einfach die Wahl zu lassen, billiges Schlachtfleisch zu kaufen? Der Masse der Deutschen scheint das Auto wichtiger zu sein als fair und umweltfreundlich produzierte Lebensmittel. Das wird nur mit gesetzlichen Beschlüssen funktionieren, die sich nicht konform mit den großen Verdienern dieser ganzen Ernährungsmisere verhalten. Wer arbeitet endlich mit gesundem Menschenverstand und nicht nur im Interesse des Kapitals? Die Grünen? Ich möchten meinem Mann gerne Antworten auf diese Frage geben. Mein Mann ist gelernter Landwirtschaftsmeister, arbeitet 7 Tage, 24 Stunden, 365 Tage im Jahr. Trägt Verantwortung, kümmert sich um seine Tiere, versucht eine möglichst gute Haltungsform für seine Tiere mit mehr finanziellem Aufwand, welcher jedoch nicht bezahlt wird. Bekommt keine Mitarbeiter mehr, da Industrieberufe viel atraktiver sind.
Können sie die Frage beantworten: was werden wir in Zukunft essen? Welchen Selbsversorgungsgrad streben sie zukünftig an? Oder opfern sie unsere im Land produzierten Nahrungsmittel in Zukunft noch mehr den Interessen der Industrie? Autos und co. raus für die dicken Gehälter und Gewinne, Nahrungsmittel ohne Standard aus dem Ausland rein?
Für Antworten wäre ich sehr dankbar.
Wer schreibt? K. H., Fotografin, seit kurzem Mitglied der Grünen, immer schon Wählerin der Grünen. Fördermitgleid bei Greenpeace seit Beginn und immer fassungsloser über den Egoismus in dieser modernen Gesellschaft.
Guten Tag Frau Heine-Pfitzer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und entschuldigen Sie bitte die späte Antwort.
Ferkelerzeuger:innen bekommen seit Jahren die enorme Wucht der aktuellen Wachse-oder-weiche-Politik zu spüren. Viele Betriebe haben mittlerweile aufgegeben.
Wir Grüne wollen aber vielfältige Strukturen sichern, nicht nur Großbetriebe. Wir brauchen in Deutschland eine andere Tierhaltung und wollen die Betriebe auf diesem Weg mitnehmen. Wir wollen einen stimmigen Mix aus besseren Regeln, besserer Förderung (->Tierschutzcent), einem passenden Baurecht und einer verbindlichen Kennzeichnung auf den Weg bringen.
Das wird jetzt umso virulenter, als große Teile des Lebensmitteleinzelhandels angekündigt haben, sehr bald nur noch Frischfleisch ab Stufe 3 verkaufen zu wollen. Zu lange wurde da seitens der Bundesregierung geschlafen. Die Vorschläge der so genannten "Borchert-Kommission" wurden de facto auf Halde gelegt.
Für unsere Landwirt:innen wollen wir ein "Level Playing Field": Auch in der EU werden wir uns für höhere Tierschutzstandards einsetzen und bei Handelsverträgen eindeutig festlegen, dass die eine Handelsseite nicht die Standards der anderen unterlaufen darf.
Wir streben einen vernünftigen Selbstversorgungsgrad an, also nicht bei weit über 100 Prozent liegt. Denn klar ist auch: Überangebot wird von anderen Marktteilnehmenden genutzt um Preise zu drücken.
In der Wertschöpfungskette muss die Rolle unserer Landwirt:innen deutlich gestärkt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Team Toni Hofreiter