Frage an Anton Hofreiter von Karl-Heinz N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,
im Augenblick wird über eine Beitragserhöung zur Pflegeversicherung diskutiert, wobei gleichzeitig die Lohnnebenkosten bzw. der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt werden soll. Somit trifft es wieder voll uns Rentner, d.h., die Super-Rentenerhöung um sage und schreibe 0,54 % wird wieder kassiert. Wahrscheinlicher ist sogar, dass noch etwas draufgesattelt wird. Wir sind in den letzten Jahren wirklich die Deppen der Nation. Wie denken Sie bitte darüber?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!
Freundliche Grüße
K.H. Nuss
Sehr geehrter Herr Nuss,
zunächst einmal möchte ich mich für Ihre Anfrage bedanken, die sie an mich über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de gestellt haben.
Ich habe mit der Beantwortung Ihrer Anfrage warten wollen, bis die große Koalition sich auf ein endgültiges Finanzierungskonzept zur Pflegeversicherung einigt. Inzwischen ist der Kabinettentwurf verabschiedet worden. Von einem stabilen und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Konzept kann dabei jedoch nicht die Rede sein. Es wurde lediglich ein halbherziger Kompromiss gefunden, weil man sich weder auf eine Kapitaldeckung noch auf eine Bürgerversicherung einigen konnte. Wie sie bereits Mitte des Jahres vermuteten, soll der Beitragsatz ab dem 1.7.2008 um 0,25% steigen. Zuvor, zum 1.1.2008, soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt. Sie haben also recht, dass die Rentner von einer Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages nicht profitieren. Dies können sie natürlich auch nicht, da Rentner/innen keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichten. Allerdings werden auch Rentner/innen durch die gleichzeitige Rentenerhöhung voraussichtlich nicht mehr belastet werden. Die Strategie, die die Große Koalition damit verfolgt, ist verantwortungslos. Die Koalition möchte damit nämlich die Botschaft senden: "Die Reform der Pflegeversicherung kostet nichts." Das ist falsch, denn trotzdem erhöht sich für alle gesetzlich Pflege-Versicherten der Beitrag zur Pflegeversicherung - für Rentner/innen wie für Arbeitnehmer/innen. Denn die gleichzeitige Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung wie auch die Rentenerhöhung haben damit nichts zu tun. Dies alles wird von der Koalition lediglich zum selben Zeitpunkt umgesetzt. Ein Taschenspielertrick, der sich bald rächen wird. Denn schon in wenigen Jahren werden die Mittel aus der Beitragserhöhung zur Pflegeversicherung wieder verbraucht sein. Und was dann?*
Wir als Grüne, haben schon weit im Vorfeld der Reform für eine Pflege-Bürgerversicherung plädiert, in die alle Bürger je nach Ihrer Leistungsfähigkeit einzahlen und bei der alle Einkommensarten zur Beitragsbemessung herangezogen werden. Wir fordern auch, dass die heutige Trennung zwischen privater Pflegeversicherung und gesetzlicher Pflegeversicherung aus Gerechtigkeitsgründen aufgehoben werden muss. Auch haben wir uns für den Aufbau einer Demografiereserve ausgesprochen um zu garantieren, dass auch nachfolgende Generationen Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen können.
Für fatal halten wir, dass sich SPD und CDU/CSU um den Aufbau einer solchen Demografiereserve drücken. Hierdurch wächst die Gefahr, dass heute noch junge bzw. jüngere Menschen zukünftig im Fall der Pflegebedürftigkeit weit weniger Leistungen erhalten, als ältere und alte Menschen heute. Zu bedenken ist auch, dass die Zahl älterer und alter Menschen und damit auch die Zahl der Pflegebedürftigen wächst. Ich kann verstehen, dass Sie es als ungerecht erleben, dass die Rentner schon nach den sogenannten "Nullrunden" der letzten Jahre nun auch durch die Reform der Pflegeversicherung wieder Abstriche hinnehmen müssen. Eine Demografiereserve, eingebettet in ein nachhaltiges Finanzierungskonzept, könnte für Stabilität in der Pflegeversicherung sorgen und damit auch solche Benachteiligungen, von denen sie betroffen sind, vermeiden zumindest im Rahmen der Pflegeversicherung. Allerdings ist auch für uns Grüne eine Beitragserhöhung für alle Versicherten kein Tabu, sofern die Mittel einer Pflege-Bürgerversicherung nicht ausreichen. Angesichts der demografischen Entwicklung und steigenden Zahl Pflegebedürftiger ist davon auszugehen, dass der Finanzbedarf steigen wird
Die jetzige Situation führt eher dazu, Generationen gegeneinander auszuspielen. Viel wichtiger erscheint es mir nach Lösungen zu suchen, die die Solidarität zwischen den Generationen wieder stärken. Das braucht auch, aber nicht nur, eine stabile und verlässliche finanzielle Grundlage.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Anton Hofreiter