Portrait von Anton Hofreiter
Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen
78 %
262 / 337 Fragen beantwortet
Frage von Stefan R. •

Frage an Anton Hofreiter von Stefan R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hofreiter,

Konzerne und Banken können ihre Ausgaben für Lobbyarbeit von der Steuer absetzen, während wir als Bürger fürchten müssen, dass unsere NGO's und Bürgerinitiativen immer mehr unter Druck kommen.

Insbesondere der Entzug des Status der Gemeinnützigkeit und somit der Möglichkeit, Spenden von der Steuer abzusetzen, hat bei Campact und bei attac schon schwere Präzedenzfälle erzeugt, dass mithilfe des Steuerrechts die NGO's geschwächt werden. Derartige NGO's sind aber die einzige Möglichkeit für Bürger, ein Gegengewicht der Lobbyarbeit zu haben. Verständlich, dass die Wirtschaft Interesse daran hat, steuerlich begünstigt zu werden und NGO's geschwächt zu sehen. Dies schwächt und bedroht jedoch unsere Zivilgesellschaft.

Müssen NGO's nicht auch politischen Einfluss nehmen können, ebenso wie die Lobbyisten?

Meine Frage an Sie: Wie können Sie sich für den Schutz unserer NGO's einsetzen, auch derjenigen, die sich gesellschaftspolitisch engagieren?

Können Sie diese Thema auch in ihrer Partei anstoßen?

mit freundlichen Grüßen
S. R.

Portrait von Anton Hofreiter
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reich,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Immer wieder interessengeleitet den Status einzelner Organisationen in Frage zu stellen, ist nicht zielführend. Solche Debatten zeigen vielmehr die Schwäche der derzeitigen Regularien. Wir brauchen Rechtssicherheit für gemeinnützige Organisationen, damit diese ihre wichtige Arbeit weiterführen können. Wenn die Verbände bis zum Bund der Steuerzahler nicht sicher sein können, auf welcher steuerrechtlichen Grundlage sie agieren, erstickt zivilgesellschaftliches Engagement im Keim. Es geht hier nicht um technische Details des Steuerrechts, sondern um verfassungsrechtliche Grundfragen des politischen Systems der Bundesrepublik.

Die Vorschläge von Olaf Scholz setzen den zunehmenden Angriffen auf unsere Zivilgesellschaft wenig entgegen. Die Rechtsunsicherheit bliebe so für viele Organisationen bestehen. Mit ein paar Schönheitsreparaturen am Gesetz ist es nicht getan. Das Gemeinnützigkeitsrecht braucht eine Generalüberholung. Die Trennung zwischen Gemeinnützigkeit und politischem Engagement ist in einer Demokratie schlicht nicht möglich. Wer sich für unsere Demokratie einsetzt, sollte gefördert und nicht bestraft werden.

Wir Grüne wollen eindeutig regeln, dass grundsätzlich auch die Einflussnahme auf die politische Willensbildung zu gemeinnützigen Zwecken erfolgen darf. Dafür brauchen wir eine moderne Abgabenordnung und die Klarstellung, dass die Förderung des demokratischen Staatswesens eindeutig gemeinnützig ist. Auf der anderen Seite sollten eine umfassende Transparenzoffensive und ein Gemeinnützigkeitsregister stehen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Anton Hofreiter
Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen