Frage an Anton Hofreiter von Nico B. bezüglich Wirtschaft
Leider verfestigt sich bei mir der Eindruck, das die Politiker aller Parteien nur noch die Erfüllungsgehilfen der Konzerne sind.
Beispiele:
- Transaktionssteuer: trifft nur die Kleinanleger.
- Kassenbonpflicht: die kleinen Geschäftsleute werden drangsaliert, währenddessen die Großkonzene weiterhin ihre Steuervermeidungspolitik ungehindert weiterführen dürfen und Milliarden an Steuern hinterziehen.
- Umweltpolitik: ist für euch nur ein Mittel die Abgaben und Steuern zu erhöhen ohne das etwas für die Umwelt dabei herauskommt.
Autofahren wird zwar teurer, aber zur Arbeit müssen wir trotzdem kommen also kommt keine C02 Ersparnis zustande, da wir nicht auf ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz ausweichen können.
- Umgang mit dem Steuerüberschuss: Anstatt die Mehreinnahmen in den Ausbau der Infrastruktur zu stecken soll das Geld über die Senkung der Unternehmenssteuern an die Industrie verschenkt werden. Später, wenn die Zeiten mal wieder schlechter werden, werden dann die Unternehmenssteuern nicht etwa wieder angehoben , nein dann müssen wieder „alle“ (gemeint sind damit natürlich nur die Bürger) der Gürten enger schnallen.
- Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Organisationen wie Change.org, Campact, Attac usw. währenddessen die Lobbyisten der Konzerne von diesen von der Steuer abgesetzt werden können.
- …
Ich könnte so weiter machen!
Frage:
Wie rechtfertigen Sie den von Ihnen vertretenen Anspruch Politik für das Wohl und die Interessen der Wähler bzw. der Bürger dieses Landes zu machen?
Sehr geehrter Herr B.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Zunächst einmal würden wir Sie gerne ganz allgemein darauf hinweisen, dass viele Gesetze und Politikinhalte auf die Sie verweisen nicht von uns eingeführt oder vertreten werden. Viele Ihrer Positionen teilen wir sogar, wie Sie gerne auf unserer Homepage überprüfen können: gruene-bundestag.de. Gerne gehen wir trotzdem kurz auf Ihre genannten Punkte ein.
Eine echte europäische Finanztransaktionssteuer muss die Finanzmärkte entschleunigen und die Akteure in die Verantwortung nehmen. Schon eine geringe Steuer reicht aus, um kurzfristige Anlagen und Hochfrequenzhandel unattraktiv zu machen, ohne aber langfristigen Anlagen zu schaden. Die Aktiensteuer von Finanzminister Scholz hingegen erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Statt Spekulation einzudämmen und den Finanzsektor an der Finanzierung des Gemeinwohls zu beteiligen, nimmt sie genau diese Akteure aus.
Die Bonpflicht ist eine Folge schlechten Politikmanagements der Regierung. Sie wäre nicht nötig, wenn die Betrugssicherung digitaler Grundaufzeichnungen von Kassen umgesetzt worden wäre. Bislang gibt es keine als manipulationssicher zertifizierte Kassen. Ab Herbst diesen Jahres soll es sie nun geben, nachdem die Einführung mehrmals verschoben wurde.
Umweltpolitik ist ein sehr weites Feld. Einen ersten Überblick über unsere Positionen können Sie in unserem Beschluss "Grüne Umweltpolitik muss radikal sein, weil sie realisitisch ist" entnehmen. Den Beschluss finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/Vorstandsbeschluss-radikale-Umweltpolitik.pdf .Dort finden Sie auch unsere Forderungen bezüglich einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik, zu der auch der Ausbau eines verlässlichen öffentlichen Verkehrs und ein umfassend umweltverträglicher Umbau des Individualverkehrs gehört. Nur so entstehen lebenswerte Städte und angebundene Ländliche Räume.
Das Dogma schwarze Null kritisieren auch wir, denn Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif. Die schwarze Null ist weder ökonomisch noch ökologisch verantwortbar. Kreditfinanzierte Investitionen sind angesichts der Herausforderungen der Klimakrise und der Digitalisierung das richtige Mittel. Sie sind auch eine nachhaltige Antwort auf die schwächelnde Konjunktur. Obwohl die Zinsen für neue Bundesanleihen negativ sind, werden die Investitionen im Haushalt eingefroren.
Darüber hinaus halten wir den Ruf nach einer pauschalen Senkung von Unternehmenssteuern für unangebracht. Die aktuellen OECD-Daten zeigen, dass Deutschland im Steuersatzvergleich durchaus wettbewerbsfähig und weiter ein attraktiver Standort für Unternehmen ist. Mit einem Anteil von unter zwei Prozent an der Gesamtwirtschaftsleistung ist das Aufkommen der Unternehmensbesteuerung in Deutschland bereits jetzt sehr niedrig und das trotz des wirtschaftlichen Booms und hoher Unternehmensgewinne in den letzten Jahren.
Das Gemeinnützigkeitsrecht braucht eine Generalüberholung. Die Trennung zwischen Gemeinnützigkeit und politischem Engagement ist in einer Demokratie schlicht nicht möglich. Wer sich für unsere Demokratie einsetzt, sollte gefördert und nicht bestraft werden. Wir Grüne wollen eindeutig regeln, dass grundsätzlich auch die Einflussnahme auf die politische Willensbildung zu gemeinnützigen Zwecken erfolgen darf. Dafür brauchen wir eine moderne Abgabenordnung und die Klarstellung, dass die Förderung des demokratischen Staatswesens eindeutig gemeinnützig ist. Auf der anderen Seite setzen wir uns für eine umfassende Transparenzoffensive und ein Gemeinnützigkeitsregister ein.
Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter