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Anton Hofreiter
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Frage von Michael v. •

Frage an Anton Hofreiter von Michael v. bezüglich Umwelt

Damit man in Deutschland die E-Automobilität voranbringt, die fahrtechnisch gegenüber dem Verbrennungsmotor erhebliche Nachteile aufweist, werden in anderen Ländern die Landschaft und das Grundwasser für den Abbau von Batteriebestandteilen nachhaltig zerstört. Obendrein verlieren die dort ansässigen Menschen neben der ökologischen Katastrophe auch noch ihre Lebensgrundlage. Das wird im ARD-Beitrag „Kann das Elektroauto die Umwelt retten“ vom 3. Juni 2019 (in der Mediathek anschau- und herunterladbar) mehr als deutlich und zeigt in drastischen Bildern die ökologische und soziale Katastrophe, die für einen Klimahype mit E-Mobilität in Deutschland, der global gesehen gar nichts bringt und obendrein einen falschen Ansatz hat (https://www.express.de/koeln/-klima-wahnsinn--koelner-konrad-adenauer-wettert-gegen-greta-thunberg-32881780?dmcid=sm_fb&fbclid=IwAR1ZFiO5HK4eOspmAFmsMteCAxk7jXc9ctrGTvNPWzslZDAozOYoSzfE-UQ), in Kauf genommen. Wie rechtfertigen Sie die Umweltzerstörung der Landschaft und die Vernichtung des Grundwasserspiegels (allein die Lithiumgewinnung für eine Batterie verbraucht 80000 Liter Wasser – siehe erwähnter ARD-Beitrag) sowie die Zerstörung der Lebensgrundlage der in den Abbauregionen ansässigen Menschen? Zudem herrschen in Afrika menschenentwürdigende Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit bei der Batterierohstoffgewinnung. Wie passt dieser Missbrauch von menschlicher Arbeitskraft und die Verletzung der Menschenrechte für die Batterierohstoffgewinnung (https://www.dw.com/de/kinderarbeit-für-elektro-autos/a-40151803-0) in Ihr Menschenbild?
Ferner wird bei einem sofortigen Verzicht von jeglichem Gramm CO2 in Deutschland, laut Prof Rahmstorf vom Potsdamer Klimainstitut, das Klima um 0,05 Grad Celsius verringert (https://www.youtube.com/watch?v=pxLx_Y6xkPQ&t=27s), wobei Deutschland mit diesem Beitrag weltweit, aber selbst auch national gar nichts bewirken würde. Wie rechtfertigen Sie für eine derartige minimale, unbedeutende Temperaturabsenkung die staatlichen Milliardenbeträge, die vor allem der Steuerzahler tragen muss?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr v. L.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.

Unter den alternativen Antrieben bevorzugen wir die Elektromobilität, da hier die Modellvielfalt stark wächst und der Strom direkt und ohne Umwandlungsverluste genutzt werden kann. Wenn der Strom jedoch in Wasserstoff umgewandelt wird, geht viel Energie verloren. Im Vergleich zur E-Mobilität braucht man für Wasserstoffantriebe zwei- bis dreimal so viel Stromeinsatz. Noch schlechter ist die Energiebilanz, wenn der Wasserstoff zu E-Fuels weiterverarbeitet wird. Für das Fahren mit E-Fuels braucht man rund fünfmal so viel Strom wie bei der direkten Stromnutzung in E-Autos. Abseits des Pkw-Bereichs ist der technologische Pfad noch offen. Wasserstoff und v.a. die wertvollen E-Fuels müssen wir also für die Bereiche vorhalten, wo es noch keine massentauglichen elektrischen Antriebe gibt, aber die Emissionen trotzdem gesenkt werden müssen. Das betrifft den Schiffs- und Flugverkehr sowie teilweise den schweren Straßengüterverkehr.

Auch mit der Herstellung und Energieeffizienz von Batterien haben wir uns stark auseinandergesetzt. Deswegen wollen wir in Kooperation mit der Automobilindustrie einen „Zukunftsplan Batterienindustrie“ erarbeiten, um die Zukunftsfähigkeit dieser Technologie nachhaltig und langfristig zu sichern. Im Rahmen des Investitionsprogramms "Mobilität 2030", fordern wir unter anderem auch mehr in die Entwicklung neuer Batterietechnologien zu investieren. Entscheidend für die Öko-Bilanz ist auch ein gutes Recyclingsystem für Batterien. Hier gibt es noch Fragen zu beantworten und Aufgaben für die Forschung. Mehr zu Klimaverträglichkeit von Elektromobilität finden Sie außerdem unter https://www.gruene-bundestag.de/themen/mobilitaet/benziner-diesel-elektromobilitaet Und unter: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/klimabilanz-von-elektroautos/

Zudem begrüßen wir, dass im Zuge der Debatte über die Elektromobilität das Bewusstsein wächst, welche Kehrseiten unser Lebensstil hat und wo und wie unsere Rohstoffe gefördert werden. Man könnte solche Beiträge über viele Gegenstände drehen, die wir alltäglich benutzen. Und das wird ja auch gemacht, sei es über T-Shirts, Fleisch oder, wenn es die Entsorgung betrifft, Elektroschrott und Plastikmüll. Es gilt für sehr viele der verwendeten Metalle, Mineralien und Agrarprodukte von Baumwolle über Palmöl, Soja bis hin zu Uran, Kobalt, Nickel und Rohöl und vieles andere mehr. Schauen Sie sich Ölförderung in Nigeria an. Oder Nickel in Neukaledonien. Oder Soja in Brasilien. Etc. pp.

Wir Grüne könnten eher sagen: Warum hört keiner auf unseren Protest? Eine der Wurzeln der Grünen ist die EineWelt-Arbeit. Wir Grüne setzen uns schon immer für hohe ökologische und soziale Standards und Menschenrechte weltweit ein. Und ebenso für Kreislaufwirtschaft, Recycling, Stoff-Substitution und Ressourcensparsamkeit.

Bezüglich des Anteils Deutschlands an der weltweiten Klimaerwärmung, ist es ein Fehlschluss, dass ein massives Umdenken keinen Unterschied machen würde. Im Gegenteil, die Umsetzung der Pariser Klimaschutzziele auf nationaler Ebene geben Deutschland das diplomatische Gewicht auch auf europäischer bzw. internationaler Ebene wirkliche Veränderungen einfordern zu können. Zudem ist nicht der prozentuale Anteil von Staaten am weltweiten CO2-Ausstoß ausschlaggebend in der Diskussion, sondern die Pro-Kopf-Emissionen der Bürger*innen. Diese Zahlen sind verheerend. Durchschnittlich werden pro Kopf in Deutschland doppelt so viele Tonnen CO2 ausgestoßen, als es weltweit pro Kopf der Fall ist. Somit ist es absolute Pflicht, dass wir deutlich mehr zum Klimaschutz beitragen, als weniger. Schließlich ist es müßig sich an der Frage abzuarbeiten, ob andere Staaten viel oder wenig für den Klimaschutz tun müssen. Deutschland hat das Pariser Klimaschutzabkommen 2015 unterzeichnet und ratifiziert, somit hat Deutschland längst völkerrechtlich verbindlich strengen Klimaschutz zugesagt.

Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter

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