Frage an Anton Hofreiter von Angelika E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter, vor 2 Jahren kündigten Sie an, dass Sie sich für eine tiergerechte Nutztierhaltung einsetzen wollen. Tiere werden immernoch gequält ( Schweinehochhaus, Ferkelkastration, Kückenschreddern, Schlachthof Oldenburg).
Warum setzen die Grünen sich nicht für ein Tempolimit ein?
Warum müssen Kinder in den Städten Abgase und Reifenabrieb einatmen?
Mir und anderen Bürgern wurden von Cum Ex 500€ Steuergeld gestohlen. Was unternehmen Sie, damit wir es wiederbekommen?
Mit freundlichen Grüßen E.
Sehr geehrte Frau E.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Die Tierhaltung, wie sie in Deutschland aktuell betrieben wird, ist nicht zukunftsfähig. Den Tieren fehlt es an Platz, Auslauf, Licht und Beschäftigung. Und es sind zu viele. Für die gegenwärtig praktizierte Tierhaltung haben wir weder die Ackerflächen, um Futtermittel umweltverträglich anzubauen. Noch wird es uns gelingen, die anfallenden Güllemassen so auszubringen, dass sie von Pflanzen und Boden tatsächlich in einem verträglichen Maß aufgenommen werden können. Seit Jahren setzt das konservative Landwirtschaftsministerium auf Freiwilligkeit. Ergebnis: Beim Tierschutz tut sich nichts, die Umweltbelastung geht weiter und Bäuerinnen und Bauern, die es besser machen wollen, haben keinerlei Planungssicherheit und Unterstützung. Das muss sich ändern.
Für den Umbau der Tierhaltung fordern wir einen klaren Fahrplan, der unter anderem folgendes enthält:
1) Wir müssen dafür sorgen, dass die Regeln stimmen. Die Tiere brauchen mehr Platz, Auslauf, Licht und Beschäftigung. Mit einem nationalen Tierschutzaktionsplan beenden wir das Tierleid, das Kükentöten, Amputationen und Qualzucht verursachen.
2) Wir müssen dafür sorgen, dass die Förderung stimmt. Dafür unterfüttern wir unseren nationalen Tierschutzaktionsplan finanziell mit einem detaillierten Förderkonzept. Die Bäuer*innen müssen den Umbau in eine bessere Tierhaltung mitgehen können.
3) Wir müssen dafür sorgen, dass die Bürger*innen wissen, was sie kaufen. Wir wollen bei Fleisch und Milch eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung einführen, die einleuchtet – so wie es das für Eier schon gibt.
4) Wir setzen uns dafür ein, dass nach 2020 über die Gemeinsame Agrarpolitik gesellschaftliche Gelder nur noch an landwirtschaftliche Betriebe gehen, die in den Bereichen des Tier-, Umwelt-, Natur-, und Klimaschutzes gesellschaftliche Leistungen erbringen.
5) Wir binden die Tierhaltung wieder an die Fläche (Begrenzung der Tierzahl, die auf einer Fläche gehalten wird) und sorgen dafür, dass es keinen weiteren Zubau an Massentierhaltung gibt.
Wir Grünen treten seit Jahren für ein Tempolimit auf allen Autobahnen ein. Denn wir orientieren uns am gesunden Menschenverstand, der alle unsere europäischen Nachbarn (und die ganze Welt), zu Höchstgeschwindigkeiten von 100 – 140 km/h gebracht hat. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen führt verlässlich und unmittelbar zu weniger Klimabelastung, mehr Verkehrssicherheit und besserem Verkehrsfluss.
Zuletzt haben Union, SPD, AfD und FDP unseren Antrag abgelehnt, ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen einzuführen.
Wir werden uns aber weiterhin für eine sichere und klimafreundliche Mobilität der Zukunft einsetzen, das schließt ein Tempolimit mit ein.
Schmutzige Diesel haben in Städten, in denen die Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickoxid (NOx) andauernd überschritten werden, nichts verloren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht letztes Jahr in einem wegweisenden Urteil entschieden. Kommunale Diesel-Fahrverbote sind nach geltendem Recht grundsätzlich zulässig, um Luftreinhaltepläne zu verwirklichen. Das Urteil ist der GAU für eine überhebliche Autoindustrie, der immer öfter illegale Manipulationen nachgewiesen werden, und für eine Bundesregierung, die den Diesel-Skandal seit Jahren einfach aussitzen will und die Menschen in den betroffenen Städten vollkommen im Stich lässt.
Kanzlerin Merkel und ihre zuständigen Minister versagen dabei gleich in mehrfacher Hinsicht. Es wäre längst überfällig gewesen, der Automobilindustrie klare Vorgaben zu machen und illegale Abschalteinrichtungen, die nach EU-Recht eindeutig verboten sind, nicht zu akzeptieren. Dann wäre die Autoindustrie verpflichtet, Diesel-Pkw nachzurüsten und zu entschädigen. Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie ihr Zaudern, Zögern und Lavieren beendet. Jetzt muss es endlich verbindliche technische Nachrüstungen bei den betroffenen Diesel-PKW geben. Für diese müssen die Hersteller aufkommen. Denn nur so lassen sich die Stickoxidemissionen wirkungsvoll an der Hauptquelle reduzieren und gleichzeitig Fahrverbote vermeiden. Darüber hinaus fordern wir eine blaue Plakette für saubere Diesel. Das würde eine Menge Bürokratie in den Kommunen einsparen und überhaupt erst eine wirksame Kontrolle von Einfahrtbeschränkungen ermöglichen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung die umweltfreundlichen Verkehrsmittel Bahn, ÖPNV und Rad seit Jahren links liegen gelassen und immer höhere Subventionen für Diesel und schwere Dienstwagen ermöglicht. Deswegen ist nicht nur die Luft erschreckend schlecht sondern auch die Klimabilanz des Verkehrs insgesamt. Um Städte vom Autoverkehr und zugleich die Pendlerinnen und Pendler zu entlasten, muss eine Neuausrichtung der Verkehrspolitik erfolgen. Wir Grüne im Bundestag fordern unter anderem eine umfassende Investitionsoffensive für mehr ÖPNV.
Cum/Ex-Geschäfte sind der wohl größte Steuerskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte. Geschätzte 10-12 Milliarden Euro Steuergelder wurden dabei an Banken und Millionäre ausbezahlt, anstatt in Schienen und Schulen zu investieren. Weitere 5-6 Milliarden Euro jährlich verlor der Staat durch Cum/Cum-Geschäfte. Investigative Journalist*innen haben aufgedeckt, dass die Betrüger in weiteren europäischen Ländern ähnliche Geschäfte aufgezogen haben, und dass der Steuerraub in Deutschland mit sogenannten Cum/Fake-Geschäften weitergeht. Die Ex-Finanzminister Steinbrück und Schäuble haben zugelassen, dass Cum/Ex-Geschäfte über ein Jahrzehnt nicht effektiv bekämpft und dieselben Fehler bei der Eindämmung von Cum/Cum-Geschäften wiederholt wurden. Finanzminister Scholz muss jetzt endlich die längst überfälligen Konsequenzen ziehen. Dabei geht es um mehr als das Schließen einzelne Steuerschlupflöcher. Es geht darum, die Strukturen grundsätzlich zu ändern, die bislang Steuerräuberei begünstigen. Ein wichtiger Schritt um dies zu erreichen ist, dass Whistleblower geschützt, Lobbyeinflüsse begrenzt und die Finanzverwaltung auf Augenhöhe zum Finanzmarkt gebracht wird. In der 18. Wahlperiode hat die grüne Bundestagsfraktion, gemeinsam mit der Linken, zur Aufklärung des Skandals den parlamentarischen Untersuchungsausschuss " Cum/Ex" durchgesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter