Portrait von Anton Hofreiter
Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen
78 %
262 / 337 Fragen beantwortet
Frage von Matthias J. •

Frage an Anton Hofreiter von Matthias J. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Hofreiter,

es geht um das von Ihnen geforderte AUS für den Verbrennungsmotor. Dieser kann ja nicht nur mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Ist Ihre Forderung so zu verstehen, dass es in der Konsequenz keinen Sinn mehr macht, an erneuerbaren Treibstoffen wie Bio-Treibstoffen der Folgegenerationen oder an Power2Fuel-Konzepten weiter zu entwickeln?

Was wollen Sie dagegen tun, dass der Peak-Lithium schneller vorbei ist als der Peak-Oil? Ersten gibt es ohnehin viel zu wenig davon, zweitens ist mir nicht bekannt, dass das Recycling von Lithium aus verbrauchten Lithium-Batterien und defekten Lithium-Akkus oder auch das Recycling von seltenen Erden aus ausgemusterten Elektromotoren über Machbarkeitsstudien hinaus gekommen ist. Bisher landen die wertvollen Rohstoffe via Hochofen unwiederbringlich im Unterbau von Straßen.

Wie stehen Sie zu den ökologischen und ethischen Problemen, die mit der Förderung dieser Rohstoffe verbunden sind? Die Rohstoffe stammen ja aus Ländern, in denen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Umweltstandards eher zu den Reizworten zählen.

Zuletzt möchte ich wissen, wie Sie den Strukturwandel gestalten wollen, der mit dem AUS des Verbrennungsmotors einhergeht. Schauen wir uns die Vergangenheit an: Schon zahlreiche Branchen haben Deutschland verlassen: Bergbau, Stahlerzeugung, Textilindustrie und Gerbereien; aktuell verlieren die Hersteller von Pharma-Grundstoffen gegen Indien. Unbestritten hat das der Umwelt in Deutschland gut getan. Nicht jedoch der Umwelt in den Ländern, wo diese Industrieen hinverlagert wurden - aktuell sei an den Skandal mit den multiresistenten Keimen in den Abwässern Indischer Pharmafabriken erinnert. Dieser Export von Umweltverschmutzung ging jedoch auch mit einem Export von Arbeitsplätzen einher. Aus ehemaligen Wirtschaftsmotoren wurden Armenhäuser, Beispiel NRW. Welche wirtschaftliche Perspektive haben denn die arbeitslosen Facharbeiter, die dann saubere Luft atmen dürfen? Ist es das wert?

Portrait von Anton Hofreiter
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Junk,

vielen Dank für Ihre Fragen.

die Umstellung auf nichtfossile Antriebstechniken sehen wir Grünen technikneutral. U.a. Elektro, Wasserstoff, Bio-Treibstoffe - oder ein Mix von alledem sind willkommen, uns aus der Sackgasse der fossilen Mobilität zu befreien. Voraussetzung ist natürlich, dass die Technik
klimaneutral ist und keine Folgeprobleme bspw. im Bereich Artenschutz (Bio-Treibstsoffe) erzeugt.

Ja, die Gewinnung von Rohstoffen für Bau und Betrieb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben ist teilweise problematisch, ebenso das Recycling. Hier muss an Lösungen geforscht und gearbeitet werden. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen ist aber aufgrund der Klimakrise unumgänglich. Und wir dürfen nicht übersehen, dass die Gewinnung fossiler Treibstoffe ebenfalls hochproblematische Konsequenzen mit sich bringt: Tankerunglücke, Umweltschäden in den Förderländern, die ebenfalls Standards bzgl. Menschenrechte, Umwelt und Rechtstaatlichkeit missen lassen!

Der Strukturwandel ist genau der Punkt, wo wir Grünen aktiv gestalten wollen anstatt uns an untergehende Techniken des letzten Jahrhunderts zu klammern. Entweder hat die deutsche Autoindustrie eine Zukunft im Bereich alternative Antriebe - oder sie hat gar keine! Wenn wir
Arbeitsplätze retten wollen, müssen wir die Konzerne schnell auf Kurs bringen. Das ist unser Ansatz - nicht zuletzt im Interesse der vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem wichtigen Sektor.

Beste Grüße

Team Hofreiter

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Anton Hofreiter
Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen